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Reaction VLogs erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Es handelt sich um Videos, in denen auf bereits bestehende Videoinhalte anderer Influencer oder Anbieter unter der audiovisuellen Darstellung von deren Videoinhalten reagiert wird. Auch Sie wollen nicht primär eigenen Content produzieren, sondern in Ihrem VLog auf bereits bestehende Filme oder auf bereits bestehende Musik oder andere YouTuber und Influencer Bezug nehmen?
Abmahnung gegen rechtswidrigen Reaction VLog
Dann sollten Sie die folgenden Tipps und Merkposten beachten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein und sich keinen Ersatz- oder Unterlassungsansprüchen gegenüber zu sehen.
Denn wie jüngst ein bekannter YouTuber aus Kiel erfahren musste, lassen sich die im Video dargestellten Personen nicht immer alles gefallen. Keine 2 Tage, nachdem der Kieler Influencer auf das Video eines anderen YouTubers reagiert hatte, indem er Ausschnitte aus dessen Video auf seinem Kanal gezeigt und kommentiert hatte, erhielt er eine Abmahnung von den Rechtsanwälten des Betroffenen.
Wie Ihr im Zusammenhang mit Reaction VLogs eine Abmahnung vermeiden könnt, zeigt unser Beitrag.
Reaction VLog als Eingriff in das Urheberrecht
Eine besondere Bedeutung im Rahmen der rechtlichen Beurteilung Ihrer Reaction VLogs kommt der Vereinbarkeit solcher Videos mit dem Urheberrecht zu. Grundsätzlich werden nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG auch Filmwerke und Musikstücke geschützt. Entscheidend ist dabei, wer die Rechte an dem Film- bzw. Musikstück besitzt, denn nur diese Person hat ein sog. Verwertungsrecht. Bei der Verwendung fremder Inhalte müssen Sie also eine Einwilligung einholen.
Darauf können Sie nur dann ausnahmsweise verzichten, wenn eine „Creative-Commons“-Lizenz vorliegt. Dies ist eine freie Lizenz, mit welcher der Rechtsinhaber bereits im Vorfeld seine Einwilligung für künftige Verwendungen durch Dritte erteilt hat. Doch Vorsicht: Selbst in diesen Fällen sollten Sie stets die genauen Lizenzbedingungen unter die Lupe nehmen. Außerdem müssen Sie zumindest im Abspann Ihres VLogs den Urheber erwähnen.
Nicht auf eine Einwilligung verzichten können Sie allerdings entgegen einem geläufigen Irrglauben dann, wenn Sie lediglich einen kleinen Ausschnitt aus einem fremden Film- oder Musikstück in Ihren VLog einbringen. Eine Fair-Use-Regel, die bei Nutzung einer minimalen Sequenz des Musikstücks eine Urheberrechtsverletzung ablehnt und etwa in den USA existiert, kennt das deutsche Recht schließlich nicht.
Kann sich ein Influencer immer auf die Zitierfreiheit berufen?
Sollten Sie trotz allem in das Urheberrecht eines Dritten eingegriffen haben, können Sie sich unter Umständen auf die Zitierfreiheit des § 51 UrhG berufen. Demgemäß ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichen Werkes zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.
Unter den nachfolgend genannten Voraussetzungen ist der Inhalt Ihres Reaction VLogs von der urheberrechtlichen Zitierfreiheit gedeckt:
- Zunächst muss der von Ihnen ausgewählte Film- oder Musikausschnitt seinerseits bereits legal veröffentlicht worden sein und selbst urheberrechtlichen Schutz genießen. Handelt es sich dabei jedoch schon um eine Raubkopie, kommt ein legales Zitat gar nicht erst in Frage.
- Darüber hinaus muss Ihre Präsentation auch eine eigene Leistung enthalten, d.h. Ihr VLog muss eine eigene Aussage haben, welche durch den Film- oder Musikausschnitt lediglich belegt oder untermauert wird. Urheberrechtlich spricht man vom sog. Zitierzweck. Nach Ansicht des OLG Köln gestattet es die Zitierfreiheit nämlich nicht, ein Werk nur um seiner selbst willen zur Kenntnis der Allgemeinheit zu bringen. Vielmehr ist ein Zitat nur dann zulässig, wenn es als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbstständige Ausführungen des Zitierenden erscheint (OLG Köln, Urteil vom 13.12.2013, 6 U 114/13). Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn Sie als Zitierender sich darauf beschränken, das fremde Werk unter Beifügung einiger dürftiger Bemerkungen mehr oder minder mechanisch auszugsweise zu wiederholen ohne einen neuen Zusammenhang zu begründen. Bloß pauschalisierte Kommentierungen eines Film- oder Musikstücks sind also regelmäßig nicht von der Zitierfreiheit gedeckt, da insofern die Urheberrechte des Inhabers konterkariert würden.
- Zuletzt sollten Sie das Zitat nur im zeitlich erforderlichen Umfang einbetten. Sie dürfen nur so viel vom fremden Film- oder Musikstück zeigen, wie zwingend notwendig ist, um Ihre eigene Aussage zu untermauern.
Zur besseren Verständlichkeit sollen diese Grundsätze an einem kurzen Beispiel erläutert werden: Der Schwerpunkt Ihres YouTube-Kanals liegt auf der Kommentierung ausgewählter Highlights verschiedener Sportveranstaltungen. In Ihrem neuen Reaction VLog möchten Sie Ihre Meinung zur Leistung eines Spielers beim letzten Bundesligaspiel kundtun. Dazu nehmen Sie einen Teil der entsprechenden Zusammenfassung, den ein Drittanbieter auf YouTube zur Verfügung stellt. In Ihrem Video sagen Sie nun etwas zu ausgewählten Szenen genau dieses Sportlers.
Als Belegstelle bzw. Erörterungsgrundlage für Ihre selbstständigen Ausführungen ist dies urheberrechtlich grundsätzlich nur dann nicht zu beanstanden, sofern es sich tatsächlich um ein selbstständiges Werk handelt, das zitierte Video als solches erkennbar ist und Sie die Quelle deutlich angeben und den Urheber nennen.
Notwendig ist wie gesehen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem konkreten Inhalt. Die kann bei Reaction VLogs durchaus bezweifelt werden, weil im Grunde keine inhaltliche Auseinandersetzung erfolgt, sondern nur die eigene Reaktion präsentiert wird. Letztendlich ist es schwer, eine pauschale Bewertung abzugeben. Stattdessen wird es ganz konkret auf den Inhalt Ihres jeweiligen Videos ankommen.
Doch stellen sich vorliegend nicht nur urheberrechtliche Fragen. Auch eine persönlichkeits-, wettbewerbs-, namens- und markenrechtliche Relevanz der Reaction VLogs ist gegeben:
Persönlichkeitsrechtsverletzung im Reaction VLog
Unter Umständen kann Ihr Reaction VLog auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung hervorrufen, die ihrerseits einen Löschungs- und Unterlassungsanspruch nach sich zieht.
Das Persönlichkeitsrecht umfasst zunächst das Recht am eigenen Bild. Daraus resultierend müssen Sie eine in Ihrem VLog abgebildete Person grundsätzlich um Erlaubnis fragen, bevor Sie das Bild in Ihr Video aufnehmen und so der Allgemeinheit zugänglich machen können. Zwei Ausnahmen von diesem Grundsatz sind anerkannt:
- Wird in Ihrem Video eine große Menschenmenge (z.B. die Zuschauer im Stadion) abgebildet, sind die einzelnen Personen lediglich „Beiwerk“ und stehen nicht individuell im Vordergrund.
- Auch in Ihrem Video gezeigten bekannten Persönlichkeiten (z.B. den Fußballern oder anderen Sportlern) gewährt das Recht am eigenen Bild nicht denselben hohen Schutz, da sie grundsätzlich in der Öffentlichkeit stehen und deshalb nicht so schützenswert sind.
Außerdem kann das Persönlichkeitsrecht Dritter Sie in Bezug auf den Inhalt der Kommentare, die Sie abgeben, beschränken. Relevant wird dies etwa dann, wenn Sie sich negativ oder abfällig äußern.
Grundsätzlich sind zwar erst einmal jegliche Kommentare in Reaction VLogs von der Meinungsfreiheit des Art. 5 GG gedeckt und damit zulässig. Allerdings sind auch der Meinungsfreiheit Grenzen gesetzt:
- Falsche Tatsachenbehauptungen, sofern die von Ihnen geäußerten Behauptungen zu widerlegen sind.
- Schmähkritik: Wenn es in Ihrem Reaction VLog nicht mehr um die Auseinandersetzung mit der Sache (z.B. der Leistung des Sportlers) geht, sondern bloß um die Diffamierung und Herabsetzung des Dritten.
Reaction VLog und wettbewerbsrechtliche Folgen
Ferner könnte Ihr Reaction VLog wettbewerbsrechtlich relevant werden, sofern Sie eine unlautere Wettbewerbshandlung begehen und so die Mitbewerber bewusst behindern. In diesem Zusammenhang bietet insbesondere das Unterlassen hinsichtlich der Kennzeichnung von Werbung hohes Konfliktpotential.
Um eine Irreführung der Allgemeinheit nach § 5a Abs. 1 UWG zu verhindern, ist es erforderlich, dass Sie gezeigte Werbung ausdrücklich als solche kennzeichnen, damit der Verbraucher zwischen Werbung und dem eigentlichen Inhalt Ihres Videos differenzieren kann. Ansonsten ist die Annahme einer Behinderung Ihrer Mitbewerber und einer unlauteren Wettbewerbshandlung nicht fernliegend.
Wie Sie Waren oder Dienstleistungen auf YouTube korrekt kennzeichnen, beleuchten wir in unserem Artikel „Schleichwerbung auf YouTube“ für Sie.
Verletzung des Namensrechts im Reaktionsvideo
Auch das Namensrecht sollten Sie als Reaction VLogger im Auge behalten. Liegen die folgenden Voraussetzungen vor, kann der Namensträger in Folge einer Namensanmaßung im Sinne des § 12 2. Alt. BGB gegen Sie vorgehen:
- Sie gebrauchen unbefugt, d.h. ohne Einwilligung, den Namen eines anderen.
- Dadurch entsteht die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung. Diese ist zu bejahen, wenn der Verkehr annimmt, der Namensträger habe dem Gebrauch seines Namens zugestimmt.
- Es werden schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt.
Markenrechtliche Relevanz von Reaction VLogs
Vermeiden sollten Sie des Weiteren die Verletzung von Markenrechten eines Rechteinhabers. Paradefall bei Reaction VLogs ist die Nutzung eines markenrechtlich geschützten Namens eines anderen Influencers. Erfolgt eine solche Nutzung einer fremde Marke widerrechtlich, drohen Unterlassungs- und Ersatzansprüche aus § 14 Abs. 5 und Abs. 6 MarkenG. Freilich müssten Sie als Influencer die Markenrechte überhaupt erst im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit verletzt haben, um markenrechtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden zu können. Allerdings neigen die Gerichte bei Influencern nur allzu gern dazu, diese Voraussetzung dann als gegeben anzusehen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der betreffende Influencer mit seinen Videobeiträgen eigene geschäftliche Intentionen verfolgt. Die Messlatte wird dabei oft recht niedrig „gehängt“.
Bei markenrechtlichen Verstößen in Reaction VLogs wird auch oftmals zur Verteidigung vorgebracht, es läge ja gar keine Verwechselungsgefahr vor. Damit gemeint ist das Risiko, dass für die Betrachter des Reaktions Videos die Gefahr einer Verwechslung besteht, also z. B. davon ausgegangen werden könnte, das Video sei vom Markenrechtsinhaber selbst oder zumindest von diesem genehmigt. Auch diese Hürde wird vom Rechteinhaber vor vielen Gerichten leicht zu nehmen sein. Denn das Markengesetz lässt es bereits ausreichen, wenn die potentielle Gefahr besteht, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht werden könnte. Zudem ist die Verwechselungsgefahr keineswegs in allen Konstellationen eine Voraussetzung. Bei bekannten Marken genügt es beispielsweise, wenn die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt wird.
Wollen Sie also etwa über einen den Werbespot eines neuen Autos kommentieren, sind Sie nur dann markenrectlich auf der rechtlich sicheren Seite, wenn Sie zuvor die Zustimmung des Herstellers eingeholt haben.
Was ändert sich durch Art. 13?
Aufgrund der aktuellen Debatte um die Urheberrechts-Richtlinie der EU, insbesondere um deren Art. 13, werden mögliche Auswirkungen der Richtlinie auf die Zulässigkeit von Reaction VLogs erörtert.
Gemäß dieses Artikels sollen Plattformen wie auch YouTube haften, falls Nutzer etwas hochladen, was nicht den Richtlinien entspricht. Inhalte müssen also schon vor dem Upload geprüft werden, um etwa Verstöße gegen das Urheberrecht zu verhindern. Diese Gewährleistung soll durch entsprechende „Inhaltserkennungstechniken“ sichergestellt werden, worunter auch der sog. Upload-Filter fällt. Es käme also zu einer generalisierenden und pauschalisierten Beurteilung von Urheberrechtsverletzungen, wodurch Ihnen als VLogger Ihre Arbeitsgrundlage genommen werden könnte – ungeachtet der Tatsache, ob Sie sich auf eine Lizenz des Rechtsinhabers berufen könnten oder nicht.
Bereits jetzt nutzt YouTube das System Content ID, das hochgeladene Inhalte mit einer Datenbank an urheberrechtlich geschütztem Material Dritter abgleicht, wozu auch Film- und Musikmitschnitte zählen. Konsequenz für Sie als Reaction VLogger könnte sein, dass Sie für Ihr Video keine Anteile an Werbeeinnahmen bekommen oder Ihr Video sogar direkt wieder gelöscht wird, wenn Sie einen bekannten Film oder ein bekanntes Lied in Ihrem Video einbetten. Um diesem System zu entgehen, haben bereits einige YouTuber entsprechende Lieder einfach selber und möglichst schief nachgesungen.