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Sie haben eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung vom Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. erhalten? Ihnen werden Wettbewerbsverstöße vorgeworfen? Sie sollen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnen und wissen nicht, wie Sie jetzt vorgehen sollen? Dann sollten Sie diesen Praxisleitfaden lesen. Denn gerade bei den der Abmahnung beigefügten vorgefertigten Unterlassungserklärungen ist besondere Vorsicht geboten.
Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V.
Der Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. ist ein Verein, welcher von allen bayerischen Kfz-Innungen gegründet wurde. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, den fairen Wettbewerb im Kraftfahrzeuggewerbe zu wahren. Vor der Gründung des Vereins haben die einzelnen Kfz-Innungen jahrzehntelang unabhängig voneinander den Wettbewerb im Kraftfahrzeuggewerbe im Interesse ihrer Innungsmitglieder beobachtet. Durch die Gründung des Vereins haben die bayerischen Kfz-Innungen mit ihren (so die Verbandsangaben) insbesondere mehr als 7.000 Mitgliedbetrieben ihre Aktivitäten im Bereich des Wettbewerbsrechts gebündelt und beobachten den Wettbewerb im Kraftfahrzeuggewerbe nunmehr gemeinsam und einheitlich.
Zu den satzungsmäßigen Aufgaben des gemeinnützigen Vereins gehört es getreu §2 der Satzung, im Rahmen der Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen sämtlicher Innungsmitglieder den Wettbewerb im Bereich des Kraftfahrzeuggewerbes zu überwachen und auf die künftige Unterlassung festgestellter Wettbewerbsverstöße hinzuwirken. Die Satzung des Vereins kann hier eingesehen werden.
Aus diesem Grund sucht der Verein in den gängigen Verkaufsportalen wie mobile.de oder autoscout24.de nach möglichen Wettbewerbsverstößen und mahnt diese ab, um durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Wiederholungsgefahr auszuräumen und den fairen Wettbewerb zu schützen.
Was wird Ihnen als Empfänger in der Abmahnung vorgeworfen?
In vielen der wettbewerbsrechlichen Abmahnungen wirft der Verein dem Empfänger der Abmahnung vor, dass sein Verkaufsverhalten nicht dem eines privaten, sondern dem eines gewerblichen Verkäufers entspricht. Diese Annahme wird oftmals auf die Zahl der angebotenen Fahrzeuge gestützt. Denn nach der Ansicht des Vereins entspricht das Angebotsverhalten eines privaten Anbieters im Regelfall nicht mehr als ein bis zwei Fahrzeuge im Jahr. Wer diese Zahl der Angebote überschreitet, ohne sein Verkaufsprofil als gewerbliches Profil zu kennzeichnen, läuft insoweit Gefahr, wettbewerbsrechtlich in Anspruch geniommen zu werden.
Denn in diesen Fällen wirft der Verein dem Abgemahnten vor, am Markt als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB zu agieren. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, ob bereits ein Kfz-Handel angemeldet wurde oder nicht.
Weiter rügt der Verein in diesem Zusammenhang, dass der Abmahnungsempfänger es pflichtwidrig unterlassen hat, auf die Gewerblichkeit der Angebote dadurch hinzuweisen, dass die Verkaufsangebote korrekt als Händlerangebot im Verkaufsportal eingestellt wurden. Hierdurch liegt ein Verstoß gegen Nr. 23 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG vor.
Denn das Agieren am Markt als Verbraucher (§ 13 BGB) kann dem Händler wettbewerbsrechtliche Vorteile bringen. Ein privater Automobil Verkäufer hat etwa nicht dieselben Informationspflichten, die einen gewerblichen Kfz Händler treffen. So muss der Privatverkäufer nicht auf ein bestehendes Widerrufsrecht hinweisen und kann etwa auch die Sachmängelhaftung ausschließen.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass sich die Abmahnung des Verbands bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. nicht immer auf alle Angebote des Verkäufers, sondern oftmals nur auf eine gewisse Anzahl von Angeboten bezieht. Denn nur so können in ggf. weiteren Schreiben weitere Abmahnungen kommen.
Was verlangt der Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V.?
Wie üblich fordert der Verein im Rahmen der Abmahnung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Darüber hinaus macht der Verein auch die durch die Abmahnung entstandenen Kosten geltend.
Aufwendungsersatz iHv. 296,31 Euro
Der Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. verlangt von dem Abgemahnten in den hier vorliegeneden Abmahnungen den Ersatz der mit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs entstandenen Kosten. Diese Kosten setzen sich alut der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung wie folgt zusammen:
- Pauschalisierte Personalkosten 216,00 Euro für Recherche zur Identität des Wettbewerbsstörers, zur Schwere des Verstoßes, zur Auswertung der Daten etc.
- Pauschalisierte Sachkosten 33,00 Euro für Gebühren der Providerauskunft, Melderegisterauskunft, Porto, Telefonpauschale etc.
- Mehrwertsteuer iHv. 47,31 Euro
Insgesamt wird damit ein Aufwendungsersatz iHv. 296,31 Euro eingefordert.
Darf der Verein 293,31 Euro für die Abmahnung fordern?
Rechtsgrundlage für die Geltendmachung des Aufwendungsersatzes ist § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Diese Vorschrift sieht vor, dass der Abmahner bei berechtigten Abmahnungen den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann.
- Abmahnung berechtigt: Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 11.03.2009 zum Aktenzeichen 5 U 35/08 herausgestellt, dass eine Abmahnung erst dann berechtigt ist, wenn sie erforderlich ist, um dem Abgemahnten einen Weg zu weisen, den Abmahner ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Dafür muss die Abmahnung u. a. hinreichend bestimmt sein.
- Höhe der Abmahnkosten: Maßstab für die Höhe des Aufwendungsersatzes ist die „Erforderlichkeit“. Vergleichen lässt sich die Erforderlichkeit mit der Notwendigkeit der Kosten der Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung, wie dies in § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO geregelt ist. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Verband für die Abmahnung eine Pauschale einfordern darf, soweit diese dem durchschnittlichen finanziellen Aufwand entspricht, der dem Verband für jede einzelne Abmahnung zusteht (Köhler-Bornkamm UWG, 31. Aufl., § 12 UWG, Rdn. 1.98). Aber der Verein muss die Parameter offenlegen, die der Pauschalierung zugrunde liegen, da nur so der Abgemahnte die Kosten überprüfen kann. Zahlreiche Paramenter nennt der Verein auf jener der Abmahnung anliegenden Rechnung.
- Diese Parameter, die der Pauschalierung eines Wettbewerbsverbandes zugrunde liegen, unterstehen der gerichtlichen Überprüfung. So wurden z. B. Kosten aus der Suche nach und der Feststellung des Verstoßes (Recherche) nach Ansicht aus der Rechtsprechung nicht dem Aufwendungsersatzanspruch zugerechnet, da sie schon dem Begriff „Abmahnung“ nicht unterfallen (LG Darmstadt, Urteil vom 19.04.2013, 15 O 203/12).
Uns sind noch keine Entscheidungen über die Kostenpauschale iHv. 293,31 Euro mit Blick auf die Abmahnung und die darin als Pauschale über die nachstehenden Kostenpositionen bekannt. Zugrundeliegend dürften aber — nach unserem Dafürhalten — mehrere der angeführten Parameter in den Kostenpositionen aus der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung des Verbandes bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. zu hinterfragen sein. So erschließt sich uns die Notwendigkeit einer Anschriftenprüfung und eines Testanrufs in den Fallkonstellationen der zugrundeliegenden wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nicht. Auch kann von der Abfassung einer „individuellen“ Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung nach unserer Auffassung keine Rede sein.
Die Unterlassungserklärung aus der Abmahnung
Den wichtigsten Punkt im Rahmen der Abmahnung stellen jedoch die Unterlassungsansprüche dar. Der Verband bayerischer Kfz-Innungen für fairen Wettbewerb e.V. fordert eine strafbewehrte Unterlassungserklärung vom Abgemahnten ein. Diese dient dazu, die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Wenn der Abmahnungsempfänger die der Abmahnung beiliegende Unterlassungserklärung unterzeichnet, erklärt er es zu unterlassen „in Verkaufsanzeigen für den Verkauf von Kraftfahrzeugen zu werben, ohne auf den gewerblichen Charakter des Angebots eindeutig hinzuweisen sowie im Internet derartige Verkaufsanzeigen zu schalten, ohne einen ggf. vorhandenen ausschließlich für Händler reservierten Verkaufsbereich zu verwenden“.
Für den Fall künftiger Zuwiderhandlungen sieht die Muster-Unterlassungserklärung, die der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung anbei liegt, eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.000 Euro vor. Uns drängt sich die Frage auf, inwieweit eine derartig hohe Strafbewehrung unter einer potentiellen wiederholten Vertragsstrafenverwirkung noch der Satzung des ideellen Vereins gerecht wird, in der der Verein betont, dass dieser nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolge.
Gefahren bei der Abgabe der Unterlassungserklärung
Auch, wenn Sie zunächst geschockt sind und nicht wissen, wie Sie auf die Abmahnung reagieren sollen, müssen Sie einige wichtige Punkte vor der Unterzeichnung und Abgabe der Unterlassungserklärung unbedingt beachten.
Denn es bleibt zu berücksichtigen, dass die abgegebene Unterlassungserklärung über 30 Jahre wirksam ist. Daher sollten Sie sich genau überlegen, ob Sie die der Abmahnung beilegende Unterlassungserklärung unterzeichnen oder eine neue modifizierte Unterlassungserklärung erstellen oder gar gänzlich von der Abgabe eines Unterlassungsversprechens absehen.
Sofern Sie mit dem Gedanken der Abgabe einer Unterlassungserklärung spielen, sollten Sie unbedingt darauf achten, dass bereits vor der Abgabe der Unterlassungserklärung wirklich alle Kfz Angebote restlos gelöscht wurden.
Insbesondere auch im Hinblick auf die im Suchmaschinen-Cache vorgehaltenen Angebote und etwaige bereits beendete Angebote sollte vor Abgabe der Unterlassungserklärung auf eine Entfernung gedrängt werden. Denn wenn Sie nur Ihr Angebot bei dem jeweiligen Verkaufsportal entfernen und dann die strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, kann es sein, dass Sie dennoch die Vertragsstrafe zahlen müssen, wenn Ihr Angebot noch im Suchmaschinen Cache der Suchmaschine Google etc. auftaucht.
Aus diesem Grund sollte nicht nur das Angebot bei dem Verkaufsportal beendet werden. Es sollten auch Internetarchive, beendete Fahrzeuganzeigen im Internet und Suchmaschinen Cache Treffer vor der Abgabe der Unterlassungserklärung berücksichtigt werden.
Haftung für Cache und für beendete Angebote
Selbst, wenn das Angebot bei dem Verkaufsportal gelöscht wurde, so sind in der Regel „Schattenkopien“ auf den Servern von Google, bing, yahoo und Co. gespeichert. So kann es sein, dass das gelöschte Angebot dennoch als Speicherung auf den Servern des Suchmaschinenbetreibers angezeigt wird.
Um ganz sicher zu gehen, müssen Sie als Empfänger der Abmahnung eine Suchmaschinen Recherche anstrengen und sich ggf. mit Google oder mit anderen Suchmaschinenbetreibern in Verbindung setzen und schriftlich um die Löschung der Cache Einträge bitten.
Denn selbst, wenn das Angebot gelöscht wurde, es aber in den Suchmaschinen noch gefunden werden kann, kann darin eine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung gesehen werden, da aus der Unterlassungserklärung auch eine Handlungspflicht folgt, aktiv noch fortdauernde begangene Rechtsverletzungen, gegebenenfalls auch durch Dritte, zu unterbinden.
Zudem trifft den Unterlassungsschuldner stetig die Pflicht, den Suchmaschinen-Cache löschen zu lassen.
Der Unterlassungsschuldner ist also verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf den Suchmaschinenbetreiber einzuwirken und entsprechende Cache-Einträge löschen zu lassen. Der Bundesgerichtshof hat jüngst entschieden, dass die Einwirkung auf Suchmaschinen stets eine im Rahmen des Unterlassungsanspruchs geschuldete Einwirkung auf Dritte darstellt (BGH, Beschluss vom 12.07.2018, I ZB 86/17).
Getreu der Rechtsprechung ist der Schuldner eines Unterlassungsvertrags insoweit verpflichtet, nicht nur Google zur Löschung von rechtswidrigen Inhalten aufzufordern, sondern auch sonstige „gängige“ Suchmaschinen (LG Baden-Baden, Urteil vom 02.02.2016, 5 O 13/15) zur Löschung anzuhalten.
Zusätzlich weitet die Rechtsprechung die Verantwortung des Unterlassungsschuldners nach der Abgabe der Unterlassungserklärung auch auf beendete Angebote aus. Der BGH hat in einer urheberrechtlichen Entscheidung eine Einflussnahme des Unterlassungsschuldners auf Dritte zur Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung gefordert, wenn und soweit er auf diese Drittten Einfluss nehmen kann (BGH, Urteil vom 18.09.2014, I ZR 76/13).
Was ist Ihnen als Empfänger der Abmahnung zu raten?
Im Fazit ist Ihnen zu raten, die Unterlassungserklärung nicht ohne anwaltliche Rücksprache zu unterzeichnen. Drängt die Frist, holen Sie zuerst einmal telefonisch eine Fristverlängerung ein, die Sie sich schriftlich bestätigen lassen sollten.
Bei Unsicherheiten holen Sie sich Rat bei einem Rechtsanwalt ein. Dieser kann die Unterlassungserklärung im Hinblick auf die Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe etc. überprüfen und eventuell modifizieren.
Insbesondere in Bezug auf die Höhe der Vertragsstrafe kann eine Modifikation sinnvoll sein. Inwieweit im Lauterkeitsrecht und im B2B Verhältnis eine Modifikation nach dem „Hamburger Brauch“ sinnvoll erscheint, sollte mit dem beratenden Anwalt eruiert werden.
Der „Hamburger Brauch“ hat sich aus der geübten Rechtsprechungsentwicklung zur Höhe der Vertragsstrafe ergeben. Zwar ist es grundsätzlich erforderlich, eine Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes zu vereinbaren, jedoch wird die Höhe der Vertragsstrafe beim Hamburger Brauch nicht bereits vertraglich festgelegt. Vielmehr erklärt sich der Abgemahnte bereit, im Falle einer Verletzung eine Summe zu zahlen, die der Unterlassungsgläubiger nach billigem Ermessen festsetzt. Im Streitfall soll dann ein Gericht über die Höhe der Vertragsstrafe entscheiden. Unter Kaufleuten können sich aber gerade hier Einschränkungen in der gerichtlichen Überprüfbarkeit ergeben.
Losgelöst von den Primäransprüchen auf Unterlassung sollten Sie zunächst keine Kosten bezahlen und sich gegenüber dem Verein nicht zu den Vorwürfen erklären, bis Sie das Vorgehen mit Ihrem Anwalt besprochen haben.
Checkliste für Ihr Vorgehen
- Notieren Sie sich die Frist zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr.
- Bei drohendem Fristablauf holen Sie eine Fristverlängerung ein und lassen sie sich diese bestätigen. Lassen Sie sich dabei nicht auf Nachfragen zu den Vorwürfen ein.
- Recherchieren Sie im Internet nach bereits beendeten Anzeigen Ihrer Kfz–Angebote und Suchmaschinen–Cache Einträge.
- Finden Sie beendete Angebote oder Cache Einträge, schreiben Sie den Portal– oder Suchmaschinenbetreiber an und bitten um Löschung der Einträge.
- Bei verbleibenden Fragen oder Unsicherheiten: Lassen Sie die Abmahnung und die geltend gemachten Unterlassungsansprüche durch einen Anwalt Ihres Vertrauens überprüfen. Erfragen Sie zuvor die Kosten der Erstberatung des Rechtsanwalts.