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Personenschaden beim Busunfall – Haftungsfragen
Milliarden Fahrgäste nutzten im vergangenen Jahr (2016) alleine in Deutschland öffentliche Nahverkehrsmittel wie Busse oder Bahnen. Doch was ist bei einem Busunfall zu beachten? Unter welchen Voraussetzungen kann ein Fahrgast und Passagier Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen?
Gerade der Bus hat als Reisemittel in den vergangenen Jahren an Popularität gewonnen und steht mittlerweile in ernsthafter Konkurrenz zur Bahn oder den klassischen Beförderungsmitteln, wie beispielsweise dem Auto oder dem Flugzeug. Zahlreiche Reisegäste wählten den Omnisbus für ihre Urlaubsreise im letzten Jahr, wobei Online Fernbus-Unternehmen vor allem bei jungen Leuten immer beliebter werden.
Unfall mit dem Omnibus
Doch trotz günstigerer Reise und Schutz der Umwelt durch verringerte Emissionen, bringen die Busreisen u.a. auch rechtliche Probleme mit sich. Denn was passiert, wenn Reisende auf einer Fahrt zu Schaden kommen? Gibt es eine Gurtpflicht in Reisebussen? Wer haftet bei einem Unfall, in den ein Bus involviert ist?
Schon im Hinblick auf den richtigen Anspruchsgegners und die Modalitäten bei der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzforderungen stellen Unfallgeschädigte vor rechtliche Fragestellungen. Je nach Art des Busunglücks oder -unfalls entstehen hier auch Unterschiede. Dabei gilt es bereits zwischen Unfällen von Fernreisebussen auf Autobahnen und Busunglücken im öffentlichen Nahverkehr zu unterscheiden.
Verkehrsbedingter Busunfall im Linienbus
Das erste mögliche Szenario eines Busunglücks stellt der „verkehrsbedingte Unfall“ dar. Der Busfahrer bremst an einer roten Ampel ab, wodurch ein im Gang stehender Fahrgast verletzt wird und ein Schmerzensgeld für seine erlittenen Verletzungen verlangt. Bei Bussen im öffentlichen Nahverkehr existiert im Gegensatz zu Fernreisebussen keine Gurtpflicht für die Insassen.
Nach einer Entscheidung des LG Wiesbaden vom 01.04.2010 zum Aktenzeichen 2 O 296/07 haftet für solche Schäden weder der Busfahrer, noch der Halter des Busses. Vielmehr gilt hier das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit. Nutzer öffentlicher Nahverkehrsbusse müssen im Straßenverkehr mit Bremsmanövern rechnen und haben sich dementsprechend zu verhalten. Eine besondere Sorgfaltspflicht des Busfahrers ist nicht gegeben, schließlich ist ihm während der Fahrt nicht zuzumuten, sich ständig zu vergewissern, dass alle seine Fahrgäste einen Sitzplatz oder einen wenigstens sicheren Stehplatz gefunden haben.
Wer also einen Schaden dadurch erlangt, dass er nicht ordnungsgemäß auf einem Platz saß, sondern im Gang stand, den trifft hier das eigene Verschulden. Ähnlich gestaltet sich die Lage bei Verletzungen, die während des Abfahrens von der Haltestelle entstehen. Da der Busfahrer einen zeitlich engen Fahrplan einhalten muss, trifft ihn ebenso keine Sorgfalt bezüglich derer Fahrgäste, die aufgrund einer Behinderung oder ihres Alters länger brauchen, um einen Platz einzunehmen (BGH-Urteil vom 01.12.1992, Az. VI ZR 27/92).
Unfälle und Auffahrunfälle mit Omnibussen werden aber anders gehandhabt. So verhält es sich bei solchen Personenschäden anders, die auf Unfällen, Sicherheitsmängel innerhalb des Busses o.ä. zurückzuführen sind. Auch eine Überbelegung mit zu vielen Fahrgästen oder ein Auffahrunfall kann eine Haftung des Halters des Linienbusses begründen.
Schadensersatz bei Auffahrunfall
Das bedeutet, dass neben klassischen Unfällen auch kleinere Auffahrunfälle anders gehandhabt werden, als eigenverantwortliche Fahrgastnachlässigkeiten bei Bremsmanövern. Das OLG Nürnberg hat mit Beschluss vom 26.01.2012 zum Aktenzeichen 4 U 2222/11 entschieden, dass bei einem Auffahrunfall die Fahrzeughalter des Linienbusses und des Pkws gegenüber verletzten Insassen des Busses aus Gefährdungshaftung gesamtschuldnerisch haften. Das Gericht stützt sich auf § 7 Abs. 1 StVG und die hierin geregelte Gefährdungshaftung, die unabhängig von einem etwaigen Verschulden für die von dem eigenen Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr besteht.
Bei einem Anspruch eines geschädigten Linienbusinsassen auf Schadensersatz kommt es also auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Dabei unterscheidet man vom Unfälle, die vom Busfahrer verschuldet sind und Unfälle, die auf ein Verschulden eines anderen Verkehrsteilnehmers zurückzuführen sind.
Fremdverschuldeter Busunfall
Widmen wir uns zunächst den Unfallhergängen, die auf Fremdverschulden basieren. Die Rechtslage bei fremdverschuldeten Unfällen auf Busfahrten orientiert sich an den Regeln der Deliktshaftung.
Verschuldet ein Dritter (also ein anderer Verkehrsteilnehmer als der Busfahrer) – Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger – vorsätzlich oder zumindest fahrlässig einen Unfall, wodurch Fahrgäste des Busses geschädigt werden, ist ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch regelmäßig zu bejahen.
§ 823 BGB bildet hier die Anspruchsgrundlage gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung.
Unfälle vom Busfahrer verschuldet
Rechtlich deutlich interessanter und komplexer sind solche Fälle, in denen der Busfahrer einen Unfall verschuldet, durch den Fahrgäste zu Schaden kommen.
Dabei muss zunächst grundsätzlich unterschieden werden, ob ein solcher Unfall im öffentlichen Busverkehr (also mit einem Linienbus) passiert oder auf einer (Fern-)Busreise.
Unfall mit dem Linienbus
Soweit Unfälle im öffentlichen Nahverkehr nicht verkehrsbedingter Art sind (s. entsprechende Ausführungen oben), sondern den Busfahrer selber ein Verschulden trifft, können vertragliche Schadensersatzansprüche gegenüber dem Busfahrer (Fahrzeugführer) oder dem Verkehrsunternehmen, welches den Fahrer beschäftigt (Fahrzeughalter), gegeben sein. Im Hinblick auf vertragliche Anspruchsgrundlagen gilt es zunächst zu beachten, dass die gelöste Fahrkarte eine vertragliche Verbindung in Form eines Beförderungsvertrages darstellt. Die Beförderung der Fahrgäste ist in Deutschland erfolgsorientiert, sodass die besonderen Vorschriften des Werkvertrags (§§ 634 ff. BGB) einschlägig sind und die §§ 280 ff. BGB als Anspruchsgrundlagen für Schadensersatz, auf die das Werkvertragsrecht verweist, herangezogen werden.
In der Praxis gestaltet sich nicht selten die Ermittlung des richtigen Anspruchsgegners als problematisch dar. Denn oftmals liegt ein Verschulden mehrerer handelnder Personen bzw. Unternehmen vor.
Außerdem stellt sich die Frage, inwieweit sich das Verkehrsunternehmen des tätigen Busfahrers als dessen Erfüllungsgehilfen bedient. Lediglich bei Vorliegen dieser Eigenschaft des fahrzeugführenden Busfahrers ist ein Anspruch auch gegen das Unternehmen in Erwägung zu ziehen.
Neben den vertraglichen Schadensersatzansprüchen kommen auch hier Ansprüche aus unerlaubter Handlung, wie solche aus § 823 BGB, in Betracht.
Unfall mit dem Fernreisebus
Auch im Falle eines vom Busfahrer verursachten Unfalls auf einer Busreise sind vertragliche Ansprüche vorrangig zu thematisieren. Ebenso wie bei Unglücken im öffentliche Nahverkehr ist eine Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem – hinter dem Busfahrer stehenden – Unternehmen zu eruieren.
Vorteilhaft bei einer Inanspruchnahme des Bushalters ist zum einen, dass der Reisende nicht das Insolvenzrisiko einer Privatperson (des Busfahrers) zu tragen hat und sich an das liquidere Busunternehmen halten kann. Zum anderen hat der deutsche Gesetzgeber für solche Fälle besondere Vorschriften normiert, sodass dem begehren des geschädigten Reiseteilnehmers nicht nur die gewöhnlichen, sondern darüber hinaus auch besondere Vorschriften entsprechen. Diese sind in den §§ 651a – 651m geregelt und betreffen den Reisevertrag.
Der Reisevertrag wird in der Regel zwischen Reisegast und Reiseunternehmen geschlossen, sodass die Pflichten des Veranstalters und die juristischen Folgen etwaiger Schadensersatzansprüche in Folge von Pflichtverletzungen sich für jeden Geschädigten direkt aus dem Gesetz ergeben.
Nicht anders zu beurteilen sind Fälle, in denen Reisende den Schaden auf Fahrten zu Transferzwecken zwischen Hotel und Flughafen erleiden oder im Rahmen Ihres Urlaubs im Ausland. Der Reiseveranstalter stellt auch hier den „greifbaren“ Anspruchsgegner bzw. Ansprechpartner dar.
Aber Vorsicht – nicht immer gilt das Reisevertragsrecht!
Unterschiede ergeben sich in diesem Zusammenhang aus den unterschiedlichen Vertragstypen. Im Falle einer Busreise, die Teil einer von einem Reiseveranstalter organisierten Urlaubsreise ist, liegt ein Reisevertrag vor. Bei der Fahrt mit einem Fernbus von einer Stadt in die nächste wird dagegen ein einfacher Beförderungsvertrag geschlossen worden sein. Es ist für den Reisenden nicht immer ganz leicht, eine Abgrenzung zu treffen. Hilfreich kann bei der Abgrenzung folgende Frage sein: Steht die Busfahrt im Mittelpunkt oder bildet der Urlaub an sich den Schwerpunkt des Vertrags? Nur wenn der Urlaub den Schwerpunkt auf dem Urlaub, also dem Aufenthalt am Zielort liegt, ist von einem Reisevertrag auszugehen.
Schadensersatz nach Busunfall – ein Fazit:
Sollte Sie also jemals das Unglück eines Busunfalls im öffentlichen Nahverkehr oder im Rahmen einer Fernbus- oder Urlaubsreise ereilen, so empfiehlt es sich ein Unfallprotokoll zu führen und zeitnah einen mit dem Reiserecht vertrauten Rechtsanwalt aufsuchen. Es laufen bei Unfällen mit Omnibussen wichtige Fristen. Die Meldepflicht gegenüber dem Haftpflichtversicherungsträger obliegt zwar dem einstandspflichtigen Schadensverursacher bzw. dem Fahrzeughalter, doch die Ausschlussfrist zur Unfallregulierungsmeldung kann sich auch für den Geschädigten nachteilig erweisen. Immerhin fällt mit der Einstandspflicht der Haftpflichtversicherung ein liquider Unfallregulierer weg. Gerade bei Personenschäden kommen mitunter hohe Regulierungssummen zustande, die ein Busfahrer oder Busunternehmen oftmals nicht tragen können. Infolgedessen kann ein Interesse des Buspassagiers an der Mitwirkung der Meldung nach § 15 StVG bestehen.
Weiterhin wird der Anwalt bei der Ermittlung des richtigen Anspruchsgegners sowie der handelnden Person, welche den Unfall verschuldet hat, behilflich sein.
Dann können Schadensersatzansprüche gerichtet auf Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschäden, verlorene Urlaubszeit oder andere finanzielle oder körperliche Entschädigungen geltend gemacht werden, gleich ob auf vertraglicher oder gesetzlicher Basis.
Achtung! Fristen beim Reisevertrag beachten!
Neben der Meldefrist gibt es noch eine sehr wichtige Frist zu beachten, nämlich die zeitliche Frist bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche in Folge einer den Reisevertrag betreffenden Pflichtverletzung. Die sehr strengen Ausschlussfristen und Verjährungsregelungen der §§ 651c bis 651f BGB hierfür sind in § 651g niedergelegt.