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Laminat- oder Parkettmangel – Baumarkt muss die Umbaukosten zahlen
Wer einen Parkett- oder Laminatboden im Baumarkt kauft und kurz nach dem legen des Bodens feststellt, dass dieser erhebliche Mängel aufweist, hat ein Problem. Denn für gewöhnlich kann man bei Sachmängeln zwar den Mangel an der Ware rügen, aber wer trägt die Umbaukosten für den Aus- und Wiedereinbau des Laminats oder Parketts?
Im Juristendeutsch liest sich die Mängelhaftung nüchtern. Wenn der Kaufgegenstand zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs einem Sachmangel unterliegt, darf der Käufer die Nacherfüllung verlangen. Hierbei darf der Käufer (nicht etwa der Verkäufer) wählen, ob er eine Mängelbeseitigung oder eine Nachlieferung wünscht. Getreu § 439 Abs. 2 BGB hat der Verkäufer (verschuldensunabhängig) die erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen. Sind die Umbaukosten eines verbauten laminats also Aufwendungen in diesem Sinne? Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang mit Urteil vom 30. April 2014 zum Aktenzeichen VIII ZR 275/13 herausgestellt, dass der Verkäufer auch die Kosten eines Sachverständigen für die Erstellung eines Gutachtens zu tragen habe, soweit diese zur Auffindung des zu beseitigenden Mangels erforderlich seien. Begründen lässt sich dies damit, dass ein Nachbesserungsverlangen voraussetzt, dass die Schadensursache festgestellt wird.
Recht auf mangelfreie Ware
Festzuhalten bleibt also, dass jeder Käufer grundsätzlich von Gesetzes wegen ein Recht auf mangelfreie Ware hat und dieses über einen Nacherfüllungsanspruch gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann.
Problematischer gestaltet sich aber die Frage nach dem Umfang der Nacherfüllung. Umfasst diese auch die Umbau-, Aus- und Wiedereinbaukosten von mangelhaftem Laminat? Wenn diese Kosten nicht vom Rahmen der Nacherfüllung umfasst wären, müssten diese Unkosten für den Umbau über den Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass der Käufer auf einen verschuldensabhängigen Anspruch (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB) ausweichen müsste, der zuvor eine Inverzugsetzung verlangen würde. Außerdem müsste der Käufer sich entscheiden, ob er Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 1 BGB) oder den Schadensersatz statt der Leistung (§§ 437 Nr. 3 BGB) fordert. Er muss sich also zwischen mangelfreiem Laminat und Erstattung der Ausbaukosten entscheiden.
Parkett und Laminat und die Umbaukosten
Ob die Kosten durch den Nacherfüllungsanspruch gedeckt sind, wurde in den vergangenen Jahren unter uns Juristen rege diskutiert.
Dabei wurde gerne auf eine EU Richtlinie verwiesen. Besonders bei Kaufverträgen, die zwischen einem Unternehmer iSd § 14 BGB und einem Verbraucher iSd § 13 BGB geschlossen werden, also beim sogenannten „Verbrauchsgüterkauf“, ist Art. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des EU Parlaments vom 25. Mai 1999 (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) zu berücksichtigen. Denn der ins Bürgerliche Gesetzbuch eingeflossene § 439 BGB dient der Umsetzung genau dieser Richtlinie. Bei genauer Betrachtung des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufsrichtlinie wird deutlich, dass der Aus- und Wiedereinbau von defektem Parkett oder Laminatboden zunächst nicht ausdrücklich geschuldet ist. Da die Richtlinie aber für die Rechte des Verbrauchers geschaffen wurde, kann Art. 3 so auslegt werden, dass die Aus- und Wiedereinbaukosten im Nacherfüllungsanspruch mit einbegriffen sind. Allein diese Auslegung wird der verbraucherfreundlichen Intention des Gesetzgebers gerecht. So sind die Kosten für den Aus- und Wiedereinbau des Bodens im Nacherfüllungsanspruch umfasst, weil der Käufer durch diesen so gestellt werden soll, als hätte der Mangel am Kaufgegenstand nicht vorgelegen. wenn der Ausbau der mangelhaften Sache nicht durch die primäre Leistungspflicht gedeckt wäre, sondern nur über sekundäre Leistungspflichten, wäre dem Verbraucher aufgebürdet, diese über einen Schadensersatzanspruch zu verfolgen. Dies wäre nicht zuletzt wegen der Verschuldensabhängigkeit des Anspruchs die „verbraucherungünstigere“ Alternative.
Ausbau- und Einbau-Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Am 16.06.2011 hat der Europäische Gerichtshof zugunsten der Heimwerker in dieser Streitigkeit entschieden (Az EuGH C – 65/09). Bei einem Mangel des Materials müssen zukünftig auch die Folgekosten übernommen werden. Das gilt auch für den Kauf im Internet. Denn besonders hier genießen die Verbraucher einen besonderen Schutz. Dieser Rechtsprechung schließt sich auch der BGH an (BGH, Urteil vom 21.12.2011, VIII ZR 70/08). Soll heißen, auch wenn § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB nur von der Lieferung eine mangelfreien Kaufsache spricht, so ist dieser Wortlaut richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort genannte Nacherfüllungsvariante auch den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache umfasst.
Eine Ausnahme dieses Grundsatzes besteht allerdings dann, wenn die Kosten des Aus- und Wiedereinbaus außer Verhältnis zu dem Materialwert stehen. So kann es sein, dass der Heimwerker selbst noch einen Teil der Kosten zu tragen hat, da die Gerichte in einem solchen Fall die zu zahlende Summe begrenzen können. Der Nacherfüllungsanspruch des Parkett- oder Laminat-Käufers bezüglich des Ausbaus des Bodens kann also – aufgrund der gebotenen europarechtskonformen Rechtsfortbildung des § 439 Abs. 3 BGB – auf eine Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrages beschränkt sein.
Wer muss das Parkett oder Laminat ausbauen?
Bisher bestand die Pflicht, dass der Verkäufer die mangelhafte Sache beim Kunden abholen und zurücknehmen musste. Nach neuer Rechtsprechung wird diese Rücknahmepflicht eingeschränkt, wenn der mangelhafte Gegenstand fest eingebaut ist oder nur einen unwesentlichen Teil der eigentlichen Kaufsache darstellt.
Der Baumarkt kann – als Verkäufer des mangelhaften Parketts oder Laminats – von seinem Recht Gebrauch machen, den Käufer (der vom Baumarkt den Ausbau des Bodens verlangt) hinsichtlich des anstehenden Ausbaus des mangelhaften Bodens auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrags zu verweisen. Dieses „geminderte“ Leistungsverweigerungsrecht ist dem Verkäufer im Rahmen der Unverhältnismäßigkeit zuzusprechen. Aber Vorsicht! das bedeutet nicht, dass sich der Verkäufer seiner Pflichten entziehen dürfte. Ihm steht allein die Erklärung frei, dem Käufer (im Hinblick auf den hiermit verbundenen unangemessenen Kostenaufwand) dessen Wunsch zum Ausbau des Parketts oder Laminats auf eigene Rechnung des Baumarktes zu verweigern. Zugleich muss dann der Baumarkt den Käufer aber auf dessen Recht hinweisen, die Erstattung eines angemessenen Kostenbetrags für den Aus- und Wiedereinbau des Bodens verlangen zu dürfen.
Fazit: Erfolg für die Heimwerker
Abschließend lässt sich also festhalten, dass durch die Rechtsprechungsentwicklungen die Rechte der Heimwerker deutlich gestärkt wurden. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs umfasst die Nacherfüllung auch die Aus- und Wiedereinbaukosten des mangelhaften Parketts bzw. Laminats. Daher sei dem agilen Heimwerker angeraten, im Falle eines Mangels am Boden nach dem Verbauen desselben, die eigenen Rechte gegenüber dem Baumarkt anzumelden.