Händler storniert Bestellung – mein Recht als Käufer Vertragsrecht

Händler storniert Bestellung – mein Recht als Käufer

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Wenn ein Online-Händler eine Bestellung storniert, sorgt das regelmäßig für Unmut beim Käufer. Darf der Verkäufer so einfach eine Bestellung stornieren?

Darf der Händler meine Bestellung stornieren?

Ganz besonders in der Vorweihnachtszeit gibt es überall im Internet Schnäppchen-Angebote. Black Friday, Cyber Monday und Red Shopping Week bescheren den Händlern klingelnde Kassen. Kunden, die bei der Bestellung ein Schnäppchen machen, reagieren verständlicherweise erbost, wenn sie unerwartet die E-Mail des Händlers über die Stornierung der Bestellung erreicht. Oftmals zu Recht. Denn grundlos darf keine Bestellung storniert werden.

Für den Verkäufer bieten sich grundsätzlich folgende Rechtsgrundlagen für eine Stornierung:

  • Es ist noch kein Kaufvertrag zustande gekommen oder
  • der Händler hat seine Willenserklärung zum Vertragsschluss wirksam und fristgerecht angefochten oder
  • dem Händler ist die Lieferung schlechthin unmöglich.

Wer jetzt meint, dass einer dieser Gründe zugunsten des Verkäufers wohl stets vorliegen wird, der irrt. Denn die Voraussetzungen für die drei Stornierungsgründe sind gesetzlich klar geregelt und müssen vollumfänglich gegeben sein.

Stornierung unter Bezugnahme auf einen Vorbehalt in den AGB

Der wohl häufigste zulässige Stornierungsgrund liegt darin, dass ein Kaufvertrag mit dem Käufer noch nicht zustande kam. Ein Kaufvertrag (auch bei einer Online-Bestellung) kommt über zwei übereinstimmende Willenserklärungen, nämlich dem Angebot und der Annahme dieses Angebots, zustande. Fehlt es an Angebot oder Annahme, so ist kein Kaufvertrag geschlossen worden.

Wann und unter welchen Voraussetzungen das Angebot und die Annahme bei einer Online-Bestellung in einem Webshop gegeben sind, regeln zumeist die AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) des Händlers. Der Käufer ist also gut beraten, zunächst einmal einen Blick in die AGB des Webshops zu werfen.

Dort findet sich in aller Regel ein Abschnitt mit der Überschrift „Vertragsschluss“, „Vertragsabschluss“, „Zustandekommen eines Kaufvertrages“ oder einer vergleichbaren Bezeichnung. Hier einige Beispiele aus „echten“ AGB von bekannten Webshops.

AGB Beispiel 1:

Die Darstellung unseres Sortiments in Onlineshops […] stellt kein rechtlich bindendes Angebot dar […]. Eine verbindliche Bestellung über die im Warenkorb enthaltenen Produkte geben Sie durch Anklicken des Bestellbuttons ab. […] Wann ein Vertrag mit uns zustande kommt, hängt von der von Ihnen gewählten Zahlungsart ab: […] Kreditkarte oder PayPal: mit Ihrem Klick auf den Bestellbutton.

https://www.thalia.de/shop/hilfe-agb/show/

Wenn ein Käufer hier mit Kreditkartenzahlung oder Zahlung via Paypal den Bestellvorgang abschließt, kann er sich auf einen wirksamen Kaufvertragsschluss berufen. Der Händler kann die Bestellung nicht mit der Begründung, es sei kein Kaufvertrag zustande gekommen, stornieren.

AGB Beispiel 2:

Über den Online Shop wird der Kunde aufgefordert, ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages abzugeben. Mit Absenden der Bestellung durch den Kunden kommt der Vertrag noch nicht zustande. Der Kunde erhält eine Bestätigung des Empfangs der Bestellung per E-Mail (Bestellbestätigung). Diese Bestellbestätigung stellt keine Annahme des Angebotes dar.

Der Vertrag mit uns kommt zustande, wenn wir das Angebot des Kunden annehmen. Die Annahmeerklärung erfolgt, indem wir den Versand der Ware gegenüber dem Kunden per Mail bestätigen (Versandbestätigung).

http://www.toysrus.de/helpdesk/panel/index.jsp?display=safety&subdisplay=terms

AGB Beispiel 3:

Ihre Bestellung stellt ein Angebot an uns zum Abschluss eines Kaufvertrages dar. Wenn Sie eine Bestellung aufgeben, schicken wir Ihnen eine Nachricht, die den Eingang Ihrer Bestellung bei uns bestätigt und deren Einzelheiten aufführt (Bestellbestätigung). Diese Bestellbestätigung stellt keine Annahme Ihres Angebotes dar. Ein Kaufvertrag kommt erst dann zustande, wenn wir das bestellte Produkt an Sie versenden und den Versand an Sie mit einer zweiten E-Mail oder einer Nachricht in Ihr Message Center in Ihrem Kundenkonto (Versandbestätigung) bestätigen.

Ebenso wie im AGB Beispiel 2 kommt auch hier der Vertragsschluss erst zustande, wenn der Verkäufer die Versandmitteilung per E-Mail an den Käufer sendet. Danach darf der Händler die Bestellung nicht mehr stornieren.

Unwirksame AGB bei Vorkasse oder Sofortzahlung

Kompliziert wird es, wenn in den AGB eine Sofortzahlung (z.B. per Visa, Paypal, Sofortüberweisung, Paydirekt o.ä.) vom Händler verlangt wird und die Klausel zeitgleich einen späteren Vertragsschluss (z.B. zum Zeitpunkt des Warenversandes) bestimmt.

Ein Beispiel einer solchen Klausel liest sich etwa wie folgt:

Der Vertrag kommt zustande, wenn wir die bestellte Ware an den Transportdienstleister übergeben. Vorstehende Regelung gilt auch im Falle der vereinbarten Zahlungsart Sofortüberweisung.

Beispielhafte Darstellung einer unwirksamen Klausel

Eine solche Klausel wäre unwirksam, weil sie Sie als Kunden unangemessen benachteiligt. Schließlich müssten Sie als Kunde ja Ihre Zahlung zu einem Zeitpunkt veranlassen, in dem noch gar kein Vertrag mit dem Händler bestünde. Selbst eine AGB Regelung, in der die Vertragsannahme des Händlers trotz Sofortzahlung (zeitgleich) mit Zahlungseingang eintritt, ist unwirksam.

Eine solche Regelung hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil sie schlicht mit dem wesentlichen Grundgedanken des allgemeinen Schuldrechts nicht vereinbar ist, wonach eine Zahlungspflicht erst nach Vertragsschluss erwächst (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29.08.2012, 6 W 84/12).

Erst durch den Vertragsschluss wird eine Grundlage für die Leistungspflichten der Parteien geschaffen. Soweit der Händler also auf einer Sofortzahlung besteht, dürfen Sie als Käufer diese Erklärung des Händlers als Annahme Ihrer Willenserklärung zum Abschluss des Kaufvertrags verstehen (AG Dieburg, Urteil vom 21.02.2005, 22 C 425/04).

Aber Achtung: Nicht jede Paypal- oder Kreditkartenzahlung ist als Sofortzahlung in diesem Sinne anzusehen. Erst wenn der Zahlungsvorgang im Paypal Kundenkonto als „abgeschlossen“ markiert ist bzw. das beim Kreditkarteninstitut geführte Konto belastet wird, ist die Zahlung auch beim Händler angekommen. Unwirksam ist allein eine Bestimmung, in der Ihnen als Kunde der Abschluss der Zahlung vor Vertragsschluss abverlangt wird. Die bloße Aufforderung zur Anzeige der Zahlungsbereitschaft (und nichts anderes ist eine Zahlung, in der keine Kontenbelastung erfolgt ist) bleibt regelkonform.

Stornierungsgrund: Irrtum und Preisfehler

Weiterhin kann der Online-Händler die Bestellung des Kunden stornieren, wenn er einen Anfechtungsgrund hat. Der häufigste Anfechtungsgrund ist der Irrtum. Nach § 119 Abs. 1 BGB kann derjenige, der bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (Inhaltsirrtum) oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum), die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

Der Verkäufer kann sich z.B. bei der Preisangabe vertan haben. Anstatt des Betrages von „1.000 Euro“ wird eine Eingabe von „100 Euro“ vorgenommen. Ein solcher Irrtum kann schnell ruinöse Auswirkungen erlangen. Daher wird dem Verkäufer vom Gesetzgeber eine Möglichkeit zur Anfechtung eingeräumt. Allerdings muss dem Vertrauen des Bestellers an der Rechtskraft des Vertragsschlusses auch Rechnung getragen werden. Anhand von Praxisbeispielen wollen wir die gängigsten Irrtümer, auf die sich Händler berufen, hier einmal aufzeigen.

Irrtum über Lieferbarkeit ist in der Regel kein Stornierungsgrund

Zunächst einmal sieht das Gesetz vor, dass der Händler beim Vertragsschluss irrig gehandelt haben muss. Gerade diese Voraussetzung, dass der Irrtum bei Vertragsschluss vorliegen muss, kann bei Online-Bestellungen Fragen aufwerfen. So kann sich der Händler nicht auf die Anfechtung seiner Willenserklärung berufen, wenn er einem Irrtum über die Lieferbarkeit des Artikels erlag, weil er sich bei der Eintragung des Lieferbestandes vertan hat. Denn dieser Irrtum entsteht vor dem Online-Vertragsschluss und zwar beim Eintragen der Verfügbarkeit des Artikels im Lieferbestand des Warensystems. Etwas anderes kann gelten, wenn die falsche Lieferbarkeitsangabe auf einem Fehler des Systems beruht (BGH, Urteil vom 26.01.2005, VIII ZR 79/04).

Beim Preisfehler muss unverzüglich storniert werden

Auch beim Irrtum über den Preis kann der Händler nicht grenzenlos die Willenserklärung zum Vertragsschluss anfechten. Hier ist er an eine enge zeitliche Frist gebunden. Der Händler muss den Käufer unverzüglich nach der Kenntnisnahme vom falschen Preis über den Preisfehler informieren. Unverzüglich heißt spätestens nach 10 bis 14 Tagen. Erfolgt die Stornierung trotz Kenntnis des Irrtums nicht innerhalb dieses Zeitrahmens, so darf der Händler nicht mehr wegen des Preisfehlers stornieren.

Hier sind einige Fallbeispiele aus unserer anwaltlichen Tätigkeit, in denen der Händler nicht mehr stornieren durfte.

Beispiel 1 – Händler darf nicht mehr stornieren:

Der Käufer bestellt einen Premium Lautsprecher (UVP 1.000 Euro) zum Preis von 100 Euro. Der Händler liefert den Standard Lautsprecher (UVP 100 Euro). Nach Erhalt des falschen Lautsprechers informiert der Kunde den Händler über den falschen Artikel. Der Händler entschuldigt sich nach 3 Tagen beim Kunden. In der E-Mail heißt es: „Wir bedauern, dass Sie mit der Lieferung nicht zufrieden sind. Bitte senden Sie uns den Artikel zurück.“ Der Kunde meldet sich nach weiteren 14 Tagen und verlangt den Premium Lautsprecher.

Der Online-Händler darf nicht mehr anfechten. Die Frist aus § 121 Abs. 1 S. 1 BGB ist verstrichen.

Beipiel 2 – Händler darf nicht mehr stornieren:

Der Käufer bestellt online einen Neuwagen (UVP 30.000 Euro) zum Preis von 10.000 Euro. Er überweist den Zahlungsbetrag. Der Händler übersendet per E-Mail eine Auftragsbestätigung über den Kauf des Neuwagens. Nach 5 Tagen bemerkt der Händler, dass hier der Preis für einen baugleichen Gebrauchtwagen mit bereits 30.000 km Laufleistung angegeben wurde. Sogleich sendet der Händler eine Stornierungsnachricht per Telefax. Das Telefax wurde allerdings an den Bruder des Bestellers gesandt. Die Nummer hat der Händler über eine Suchmaschine im Internet ermittelt. Der Käufer verlangt zum vereinbarten Lieferzeitpunkt die Herausgabe des Neuwagens.

Der Kfz-Verkäufer darf die Herausgabe des Neuwagens nicht verweigern. Er hat die Anfechtungserklärung entgegen § 130 Abs. 1 BGB nicht innerhalb der Anfechtunsfrist gegenüber dem Käufer abgegeben und damit gegen § 143 Abs. 1 BGB verstoßen.

Stornierungsgrund: Unmöglichkeit der Lieferung

Weiterhin darf der Händler die Bestellung auch stornieren, wenn ihm die Lieferung unmöglich ist. Es reicht dabei aber keineswegs, dass der Artikel lediglich kurzzeitig nicht lieferbar ist. Der bestellte Artikel muss vielmehr dauerhaft einem Lieferbarkeitsmangel unterstehen. Dem Onlinehändler ist zumutbar, sich den Artikel bei einem anderen Zulieferer zu beschaffen, selbst wenn dieser da teurer ist, als bei seinem Lieferanten.

Das bedeutet für den Käufer: Im Onlinehandel mit neuen Katalogwaren ist eine Unmöglichkeit der Lieferung praktisch kaum gegeben. Nur in absoluten Ausnahmen kann es vorkommen, dass ein Leistungserfolg auch unter größtmöglichen Anstrengungen nicht erbracht werden kann.

Meine Rechte als Käufer bei der Stornierung

Wenn der Händler eine Bestellung regelkonform storniert hat, so sollte man die Sache auf sich bewenden lassen. Etwaige Nachfragen beim Händler werden hier auf taube Ohren treffen. Hat der Händler die Bestellung aber zu Unrecht storniert, so muss man dies als Käufer nicht hinnehmen. Der Käufer kann entweder auf der Lieferung der bestellten Ware beharren oder aber den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und Schadensersatz vom Händler fordern. Der Käufer hat das Wahlrecht zwischen den Ansprüchen.

Beharren auf der Lieferung

Zunächst kann der Käufer im Falle der unberechtigten Stornierung einer Bestellung auf der Vertragserfüllung bestehen. Der Händler muss dann liefern. Sinnvoll ist diese Variante, wenn der Händler tatsächlich noch liefern kann und die Lieferung auch zeitnah zu erwarten steht.

Rücktritt und Schadensersatz

Hat man Zweifel daran, dass der Händler die Lieferung in nächster Zeit veranlassen wird, so empfiehlt sich die zweite Option. Hiernach kann der Käufer im Falle der unberechtigten Stornierung seiner Bestellung vom Kaufvertrag zurücktreten und Schadensersatz vom Händler fordern. In der Praxis sieht dies dann so aus: Zunächst erklärt der Käufer gegenüber dem Händler schriftlich (z.B. per E-Mail) den Rücktritt vom Kaufvertrag. Danach kann sich der Kunde den Artikel bei einem anderen Versandhaus bestellen und die Preisdifferenz von dem Stornierer als Schadensersatz. Auch dazu sollte der Händler per E-Mail unter einer Fristsetzung aufgefordert werden.

Zusammenfassung zur Stornierung von Bestellungen

Onlinehändler dürfen nicht ohne weiteres Bestellungen stornieren:

  1. Käufer sollten zunächst die AGB des Versandhauses lesen. Ist nach den AGB bereits ein Kaufvertrag zustande gekommen, darf der Händler die Bestellung nicht unter Bezugnahme auf die AGB stornieren.
  2. Hat der Händler gegenüber dem Kunden seine Willenserklärung wegen eines Irrtums angefochten, so kommt es auf den Zeitpunkt und den Grund der Anfechtung an. Die Anfechtung muss unverzüglich erfolgen. Sie darf sich regelmäßig nur auf einen Preisfehler beziehen und sie muss direkt gegenüber dem Käufer ausgesprochen werden.
  3. Die Ausrede des Händlers, die Lieferung sei diesem unmöglich, braucht der Käufer zumeist nicht zu akzeptieren. Bei Online-Bestellungen von Neuwaren kann der Artikel zumeist bei anderen Zulieferern beschafft werden. Nur wenn ganz seltene Artikel Inhalt der Bestellung sind und die Nachlieferung schlechthin jedermann unmöglich ist, greift diese Ausrede.
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