Boot mit verstecktem Mangel: Rücktritt vom Kaufvertrag Vertragsrecht

Boot mit verstecktem Mangel: Rücktritt vom Kaufvertrag

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Sie haben ein mangelhaftes Schiff oder ein defektes Boot gekauft? Wenn Sie im Nachhinein mit Ihrem Kaufobjekt nicht zufrieden sind, weil es etwa mangelbehaftet ist, stellt sich schnell die folgende Frage: Wie kann ich mich vom Vertrag lösen und den Vertrag rückabwickeln? Die genauen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten hängen dabei maßgeblich von den exakten Umständen des Vertragsschlusses ab – vom Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Mangels, von der Person Ihres Vertragspartners sowie von dessen Verhalten. Sämtliche in Betracht kommende Konstellationen beleuchten wir in diesem Artikel für Sie und gehen dabei auf die Besonderheiten im Wassserfahrzeugerwerbsrecht ein!

Das gekaufte Schiff oder Boot ist mangelhaft

Ist das von Ihnen gekaufte Schiff, Boot oder die Yacht mangelhaft, werden Sie über Schadensersatzforderungen, aber auch über Möglichkeiten nachdenken, sich von dem Kaufvertrag zu lösen und das Boot wieder zurückzugeben.

Hier gibt es gerade im Zusammenhang mit dem Erwerb von Booten und Schiffen einige Besonderheiten. Wir möchten Ihnen nachfolgend aus unserer Erfahrung aus zahlreichen Prozessen, die wir vornehmlich in anwaltlicher Vertretung auf Seiten der Boots- und Schiffskäufer geführt haben, die wichtigsten Erkenntnisse und Tipps vermitteln.

Die häufigsten Mängel an einem Boot, Schiff oder einer Yacht

Besonders häufig treten im Bereich des Schiffs- und Bootsrechts diese Sachmängel auf:

  • Kaputte Bordelektrik: Die bekanntesten Mängel sind etwa Aussetzer der Motorelektrik, falsche Bordspannungen, ein defekter Anlasser, die kaputte Lichtmaschine. Oxidierung und damit einhergehende Spannungsabfälle zählen hingegen als Verschleiß.
  • Leckage: Loch oder Undichtigkeit im Bodenbelag, häufig verbunden mit einem Wasserschaden.
  • Osmoseschaden: Zwar ist der Osmosebefall ein zwangsläufig mehr oder weniger stark stattfindender, natürlicher Prozess, vom dem grundsätzlich alle Rümpfe aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) betroffen sind. Der entsprechende Schaden durch den in den Rumpf eindringenden kondensierenden Wasserdampf in Lufteinschlüssen des Rumpfes und die damit einhergehende Ablösung des Laminats, die in Form von Verformungen und Bläschen an der Außenhaut des Rumpfes sichtbar wird, ist regelmäßig als Mangel zu qualifizieren (OLG Schleswig, Beschluss vom 23.03.2018, 17 U 84/17).
  • Frostschaden: Entsteht insbesondere aufgrund nicht ordnungsgemäßer Einwinterung.
  • Havarie: Allgemein sämtliche Unfallschäden eines Schiffs oder Boots.
  • Motorschaden: Verlust von Motoröl oder gänzlich defekter Motor. Defekte am Innenbordmotor sind nicht selten sehr kostenspielig.
  • Defekte Pumpe: Nicht oder nur sporadisch funktionstüchtige Impellerpumpe, Umwälzpumpe, Frischwasserpumpe, Fäkalienpumpe, Umwälzpumpe, Zentrifugalpumpe oder Bilgepumpe.
  • Defekte Lenkung oder mangelhafte Selbststeuerung (Autopilot): Wenn das Lenkgetriebe, das Steuerruder oder das Servolenkungssteuergerät defekt ist, stellt dies ebenso einen Mangel dar, wie ein defektes Selbststeuerungsystem.
  • Inventarschäden: Des Weiteren ist stets zu beachten, dass Schiffe keine Autos sind. Die intakte Möglichkeit zur Fortbewegung alleine reicht also nicht, um eine Mangelfreiheit bejahen zu können. Es handelt sich vielmehr – zumindest bei den meisten größeren Schiffen – um mobile Urlaubsheime. Auch Fehler und Unzufriedenheiten in Bezug auf Betten, Küche, Nasszelle, Gasausstattung und Satelliten-Schüssel können dementsprechend rechtlich relevante Sachmängel darstellen.
  • Fehlender Schiffsmessbrief und/oder fehlender Nachweis über die Umsatzsteuerentrichtung: Der Schiffsmessbrief dient der Bemessung von Hafengebühren, Lotsabgaben und Versicherungsbeiträgen. Sein Fehlen stellt daher – ebenso wie das Fehlen von Dokumenten über die (Einfuhr-)Umsatzsteuerentrichtung (z. B. Rechnung, Zollpapiere) bei Gebrauchtbooten gem. EU-Richtlinie 92/111/EWG – einen Mangel dar.

Neben den genannten Sachmängeln spielen bei gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Yacht, Boots- oder Schiffseignern und den Verkäufern gelegentlich auch Rechtsmängel eine Rolle. Der relevanteste Rechtsmangel ist in der Praxis das Eigentum eines Dritten an der Yacht, dem Schiff oder Boot. Dies ist etwa dann relevant, wenn Ihr Verkäufer Ihnen ein gestohlenes Wasserfahrzeug verkauft. Denn dann ist selbiger nicht in der Lage, Ihnen das Eigentum daran zu verschaffen. Absichern hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an Ihrem Wunschobjekt können Sie sich durch einen Blick in das Schiffsregister. Schiffe mit einer Länge von über 15 Metern müssen dort mitsamt Eigentümer gelistet werden, für kleinere Schiffe ist diese Eintragung freiwillig.

Bestimmung eines Mangels des Bootes oder der Yacht

Unter dem Strich ist ein zum Rücktritt berechtigender Mangel aber nur dann gegeben, wenn ein Mangel im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB vorliegt. Im Rahmen einer Gesetzesänderung hat der Mangelbegriff zuletzt grundlegende Änderungen erfahren. Wenn Sie Ihr Boot nach dem 1. Januar 2022 erworben haben, ist die neue Rechtslage für Sie ausschlaggebend. So ist das von Ihnen gekaufte Boot oder Schiff nun als frei von Mängeln anzusehen, wenn es bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen der Vorschrift entspricht. Im Gegensatz zu dem alten Mangelbegriff, für den in erster Linie die Parteivereinbarungen von Bedeutung waren, werden nun die objektiven Anforderungen an die Mangelfreiheit auch die selbe Stufe wie die subjektiven Anforderungen gestellt. Somit müssen alle Anforderungen kumulativ erfüllt sein. Fehlt auch nur eine der Voraussetzungen, liegt bereits ein Mangel vor. § 434 Abs. 2 geht näher auf die subjektiven Anforderungen für die Mangelfreiheit ein. Demnach muss die Sache die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen (Nr. 1), sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignen (Nr. 2) und mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen übergeben werden (Nr. 3).

Wann wurde das Boot gekauft?Boot bis zum 31.12.2021 gekauftBoot nach dem 01.01.2022 gekauft
Geltendes Recht§ 434 Abs. 1 BGB a. F.§§ 434 ff. BGB
Wann liegt ein Mangel vor?Abweichung der Bootsbeschaffenheit von vereinbarter Beschaffenheit oder Abweichung von dem Zustand, den der Käufer eines durchschnittlichen, gleichartigen Bootes erwarten durfteEs fehlt an den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen oder den Montageanforderungen des § 434 BGB
Mangelbegriff nach neuem und altem Recht

Haben Sie Ihr Boot vor dem 1. Januar 2022 erworben, gilt für Sie noch das alte Mangelhaftungsrecht. Nach der alten Rechtslage kam es noch auf die sog. Ist-Beschaffenheit an, also dem tatsächlichen Zustand des Schiffs oder Boots. Wenn dieser von der Soll-Beschaffenheit abweichte, lag ein Mangel vor. Vorrang bei der Bestimmung der Soll-Beschaffenheit hatten dabei die zwischen Ihnen und Ihrem Verkäufer im Rahmen des Kaufvertragsschlusses getroffenen Vereinbarungen.

Für die Annahme einer Beschaffenheitsangabe (altes Recht) im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. war jedoch nicht erforderlich, dass bestimmte Beschaffenheitsanforderungen ausdrücklich festgelegt wurden. Selbiges gilt auch für die Annahme einer subjektiven Anforderung (neues Recht) im Sinne des § 434 Abs. 2 S. 1 BGB. Auch hierbei bedarf es keiner ausdrücklichen Festlegung einer konkreten Beschaffenheit. Eine solche Vereinbarung kann sich vielmehr (sowohl nach altem, als auch nach neuem Recht) bereits aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben. Beispielhaft sei an dieser Stelle auf ein BGH-Urteil verwiesen, in welchem die Beschreibung eines Bootes im eBay-Angebot, wonach man damit auf Reisen gehen könne, als Beschaffenheitsangabe dahingehend verstanden wurde, dass es grundsätzlich seetüchtig beziehungsweise als Boot einsatzbereit ist (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 96/12). Auf Einsatzbereitschaft und Funktionsfähigkeit dürfen Sie als Verkäufer außerdem dann schließen, wenn Ihnen gegenüber das Schiff oder Boot als „betankt und fahrbereit“ beschrieben wurde (OLG Brandenburg, Urteil vom 29.01.2009, 5 U 54/08).

Haben Sie Ihr Boot bis zum 31. Dezember 2021 gekauft und sollten Sie mit Ihrem Verkäufer eine solche Soll-Beschaffenheitsvereinbarung nicht vereinbart haben, ist entscheidend, was Sie als Käufer eines durchschnittlichen, gleichartigen Wassergefährts erwarten durften.

Nach neuem Recht (also wenn Sie das Schiff oder Boot bzw. Ihre Yacht nach dem 1. Januar 2022 gekauft haben) sieht die Rechtslage ein wenig anders aus. Sollten Sie mit Ihrem Verkäufer keine Beschaffenheitsvereinbarung bzgl. des Bootszustandes getroffen haben, helfen Ihnen die objektiven Anforderungen weiter. Diese sind gemäß § 434 Abs. 3 S. 1 BGB erfüllt, wenn das Boot bzw. Schiff für die gewöhnliche Verwendung eignet (Nr. 1), eine Beschaffenheit aufweist, die bei Wassergefährten derselben Art üblich ist und die Sie als Käufer erwarten können (Nr. 2), der Beschaffenheit eines Musters (etwa eines Ausstellungsbootes) entspricht, welches der Bootsverkäufer Ihnen vor Vertragsschluss (z. B. für eine Probefahrt) zur Verfügung gestellt hat (Nr. 3) und mit dem Bootszubehör (dazu gehören alle Inbetriebnahme-, Montage- und Installationsanleitungen) übergeben wird, deren Erhalt Sie als Bootskäufer erwarten dürfen (Nr. 4).

Wer am Markt ein Schiff oder Boot erwirbt, darf typischer Weise – sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird – von einer uneingeschränkten See- und Wassertauglichkeit ausgehen und erwarten, dass der Rumpf des Kaufobjekts das für eine sichere Fortbewegung auf dem Wasser erforderliche Mindestmaß an Stabilität und Stoßfestigkeit aufweisen kann. Insgesamt dürfen Bootskäufer also jedenfalls vom Fehlen verkehrsgefährdender Mängel ausgehen.

Wird im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs ein Boot gekauft, welches den objektiven Anforderungen des § 434 Abs. 3 BGB nicht entspricht, sind Ihre Gewährleistungsrechte dahingehend nur dann ausgeschlossen, wenn die zusätzlichen Anforderungen des § 476 Abs. 1 S. 2 BGB erfüllt sind. Demnach müssen Sie vor Vertragsschluss über die Abweichung von den objektiven Anforderungen eigens in Kenntnis gesetzt worden sein und die Abweichung muss im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart worden sein.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, können Sie sich also auch dann auf den Mangel berufen, wenn Sie ihn bereits bei Vertragsschluss kannten. Denn § 442 BGB gilt nach § 475 Abs. 3 S. 2 BGB für Verbrauchsgüterkäufe nicht mehr.

Rücktrittsmöglichkeit beim Mangel am gekauften Boot

Das Vorliegen eines Mangels alleine berechtigt Sie als Boots- oder Schiffskäufer allerdings noch nicht zum Rücktritt.

Nacherfüllung vor Rücktritt vom Yacht- / Bootskaufvertrag

Grundsätzlich müssen Sie als Käufer Ihrem Verkäufer aufgrund des im Kaufrechts geltenden Vorrangs der Nacherfüllung die Chance geben, den gerügten Mangel zu beseitigen. Dies tun Sie, indem Sie Ihrem Verkäufer eine angemessene Frist setzen zur Beseitigung setzen und ihm das mangelhafte Boot zwecks Nacherfüllung zur Verfügung stellen, § 439 Abs. 5 BGB. „Zur Verfügung stellen“ in diesem Sinne bedeutet, dass Sie (soweit nichts anderes vertraglich vereinbart wurde) nach § 269 BGB angehalten sind, dem Verkäufer das Boot an seinen Wohnsitz (bei einem Privatverkäufer) bzw. an seinem Unternehmenssitz (bei einem Händler) bereitzustellen.

Wenn Sie das Boot aber als Verbraucher gekauft haben, gelten einige besondere Regeln. So kommt § 475 Abs. 5 BGB zum Tragen. Hiernach muss der Unternehmer die Nacherfüllung nicht nur innerhalb einer angemessenen Frist (nachdem Sie ihn über den Mangel in Kenntnis gesetzt haben) vollziehen. Er muss sie zudem ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für Sie als Verbraucher durchführen.

An welchem Ort der gewerbliche Verkäufer sodann die Nacherfüllung vorzunehmen hat, ist nach der Rechtsprechung des BGH stark vom Einzelfall abhängig. Der EuGH hat mittlerweile für Verbrauchsgüterkäufe festgestellt, der Nacherfüllungsort müsse entsprechend des Art. 3 Abs. 3 Abs. 3 Verbrauchsgüterkauf-RL (jetzt: Art. 14 Abs. 1 Buchst. c Warenkauf-RL) für eine unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands binnen einer angemessenen Frist ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher geeignet sein. Ob die Beförderung des erworbenen Bootes an den Geschäftssitz des Verkäufers für Sie als Bootskäufer eine erhebliche Unannehmlichkeit darstellt, hängt ebenfalls vom Einzelfall ab und insbesondere davon, ob die Verbringung den Bootskäufer, der Verbraucher ist, von der Geltendmachung des Anspruchs auf Nacherfüllung abhalten würde (EuGH, Urteil vom 13.05.2019, C-52/18). Selbst, wenn dies zu einer Pflicht der Verbringung des gekauften Boots zum Sitz des Verkäufers führen sollte, stehen Sie nicht rechtlos dar. Denn gemäß § 439 Abs. 2 BGB hat der Verkäufer die zur Nacherfüllung erforderlichen Transport- und Wegekosten zu tragen. Sind Sie Verbraucher, können Sie hierfür nach § 475 Abs. 4 BGB sogar einen Vorschuss verlangen.

Die EuGH Entscheidung sorgt zumindest beim Verbrauchsgüterkauf für Rechtssicherheit. Aber auch nach einer Ansicht des BGH sei, beim Fehlen anderweitiger Absprachen zwischen Ihnen und Ihrem Bootsverkäufer, der Ort der Nacherfüllung in der Regel dort, wo sich das nachzubessernde Wasserfahrzeug vertragsgemäß befinde – also am Liegeplatz des Schiffs oder Boots (BGH, Urteil vom 08.01.2008, X ZR 97/05). Dies ist für Sie als Käufer durchaus von Vorteil, müssen Sie das Boot dann nicht zeit- und kostenintensiv zum Sitz des Verkäufers verbringen. In einem anderen Fall hat der BGH jedoch genau das für Recht erklärt: Das Schiff oder Boot sei zum Zwecke der Nacherfüllung wieder zum Sitz des Verkäufers zu transportieren. Alleine die Aufforderung an den Verkäufer, er könne sich die Mängel an Ihrem Sitz ansehen und beheben, sei demgegenüber nicht ausreichend (BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 96/12).

In jedem Fall müssen Sie dem Verkäufer aber Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Dieser Vorrang der Nacherfüllung gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn besondere Umstände gegeben sind, die einen sofortigen Rücktritt Ihrerseits rechtfertigen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Verkäufer infolge der Mangelhaftigkeit der Kaufsache unumkehrbar zerstört wurde. Zudem bedarf es keines Nacherfüllungsverlangens Ihrerseits an den Bootsverkäufer, wenn dieser ernsthaft und endgültig die Nachbesserung verweigert hat. Dann können Sie direkt den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären.

Download Muster einer Rücktrittserklärung

Rücktritt vom Yacht- bzw. Bootskauf bei erheblichem Mangel

Außerdem bestimmt § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB, dass für einen Rücktritt vom Vertrag die sogenannte Erheblichkeitsschwelle überschritten sein muss. Die Pflichtverletzung Ihres Verkäufers (Lieferung des mangelbehafteten Schiffs oder Boots) darf nicht nur unerheblich sein. Für diese Beurteilung sind zwar grundsätzlich stets die individuellen Umstände des jeweiligen Einzelfalls abzuwägen. Unabhängig davon ist ein Mangel aber dann nicht mehr als unerheblich anzusehen, wenn der Beseitigungsaufwand 5% oder mehr des Kaufpreises beträgt (BGH, Urteil vom 28.05.2014, VIII ZR 94/13). Auch wenn sich diese Entscheidung auf einen Autokauf bezieht, betrifft sie das gesamte Kaufrecht. Die 5%-Schwelle ist mithin auch im Schiffs- und Bootsrecht anwendbar.

Auch bei unerheblichem Mangel: Recht auf Minderung des Kaufpreises

Keine Bange: Auch bei einem Mangel, der die Erheblichkeitsschwelle nicht überschreitet stehen Sie als Käufer eines Bootes oder einer Yacht nicht rechtlos dar. Zwar bleibt Ihnen – wie dargestellt – ein Rücktritt vom Bootskaufvertrag verwehrt. Aber Sie können als Boots- oder Yachtkäufer nach § 441 Abs. 1 BGB den Kaufpreis nach Erklärung gegenüber dem Schiffsverkäufer mindern.

Mit dem Minderungsbegehren dürfen Sie den Erwerbspreis in dem Verhältnis herabsetzen, in welchem der Wert des Bootes oder Schiffes in mangelfreiem Zustand zu dem Wert des mangelhaften Wasserfahrzeugs steht.

Wert mangelhaftes Boot × gezahlter Preis
____________________________________________
Wert eines vergleichbaren mangelfreien Boots

Berechnungshilfe bei größeren Schäden an der Yacht oder dem erworbenen Boot bieten auch Wasserfahrzeugsachverständige.

Das Schiff oder Boot ist mangelhaft und der Verkäufer hat den Mangel verschwiegen

Leidet das von Ihnen gekaufte Wassergefährt nicht nur an einem Mangel, sondern hat der Verkäufer Ihnen diesen auch noch verschwiegen, kommt nicht nur ein Rücktritt vom Kaufvertrag in Betracht: Darüber hinaus können Sie die von Ihnen im Rahmen des Vertragsschlusses abgegebene Willenserklärung auch noch wegen arglistiger Täuschung anfechten. Dafür räumt Ihnen § 124 Abs. 2 BGB ein Jahr Zeit beginnend mit Kenntnis von der Täuschung ein.

In einem vor dem Kammergericht Berlin zu entscheidenden Fall (vgl. KG Berlin, Urteil vom 10.01.2005, 26 U 96/04) hatte der spätere Verkäufer eine 40 Jahre alte Motoryacht zu einem Mindestangebot von 1,00 EUR bei eBay eingestellt und zusätzlich angegeben, dass „noch etwas Restarbeit“ erforderlich sei, die „aus gesundheitlichen Gründen“ nicht finalisiert werden könne. In Wahrheit waren jedoch umfangreiche Restaurierungen erforderlich. In den Augen der Richter habe der Verkäufer damit verkehrswesentliche Mängel der Yacht verschwiegen. Schließlich habe dieser jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass Bieter sich bei Abgabe ihres Gebots davon beeinflussen lassen, dass mit lediglich geringem Aufwand die Fahrtüchtigkeit der Motoryacht hergestellt werden kann und eine Restaurierung nicht erforderlich ist. Um dem Vorwurf einer arglistigen Täuschung aus dem Wege zu gehen, hätte der Verkäufer diese Restaurierungsbedürftigkeit im Angebot zumindest nicht derart verharmlosen dürfen.

Ein gewerblicher Bootsverkäufer ist verpflichtet, ein von ihm verkauftes gebrauchtes Boot zunächst durch eine gründliche Sicht- und Funktionsprüfung auf erkennbare Mängel hin zu untersuchen (OLG Oldenburg, Urteil vom 18.11.2014, 11 U 86/13). Die dabei gewonnenen Erkenntnisse über Mängel muss er Ihnen als Käufer offenbaren.

Sollten Sie vom Bootsverkäufer oder Schiffshändler arglistig getäuscht worden sein, fechten Sie zeitnah Ihre Willenserklärung zum Kauf des Boots, Schiffs oder der Yacht an. Damit Ihnen dabei keine Fehler unterlaufen, nutzen Sie unser Musterschreiben.

Download Muster einer Anfechtungserklärung

Kauf von einer Privatperson unter Gewährleistungsausschluss

Einem erfolgreichen Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache kann unter Umständen jedoch ein Gewährleistungsausschluss entgegenstehen. Mit einer solchen Vereinbarung können Ihre Rechte als Käufer wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden. Dies gilt jedoch nur bei einem Kauf des Schiffs oder Boots von einer Privatperson – beim Kauf von einem Händler ist ein solcher Ausschluss ausweislich § 476 Abs. 1 BGB zumindest gegenüber Verbrauchern nicht möglich.

Ein Gewährleistungsausschluss gilt jedoch nach Maßgabe des § 444 BGB in folgenden Fällen nicht:

  • Beschaffenheitsgarantie: Der Verkäufer kann sich zunächst Ihnen gegenüber nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen, wenn er Ihnen das Vorliegen bestimmter Eigenschaften des Schiffs oder Boots im Sinne einer Garantie nach § 443 BGB zugesichert hat. Von besonderer Bedeutung ist dabei zum wiederholten Male die Osmosefreiheit. Die Garantie einer solchen bezieht sich nicht nur auf das bloße Fehlen entsprechender äußerer Merkmale und einen normalen, altersgemäßen Zustand. Vielmehr sichert Ihnen Ihr Verkäufer damit zu, dass das Schiff oder Boot über den Normalzustand hinaus in besonderem Maße frei von schädlichem Osmosebefall ist (OLG Schleswig, Urteil vom 26.05.2011, 11 U 135/10).
  • Beschaffenheitsvereinbarung: Das gleiche gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH – auch wenn in § 444 BGB nicht ausdrücklich genannt – im Falle einer Beschaffenheitsvereinbarung. Schließlich gilt der Gewährleistungsausschluss insgesamt nicht für solche Eigenschaften, die durch Beschaffenheitsangaben Ihres Verkäufers näher beschrieben worden sind.
  • Arglistige Täuschung: Und auch bei arglistiger Täuschung greift der Ausschluss mangels Schutzbedürftigkeit des Verkäufers nicht.

Außerdem kann ein Gewährleistungsausschluss aufgrund seiner konkreten Formulierung unwirksam sein. Die in Kaufverträgen häufig verwendete Klausel „Die Ware wird unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft“ kann etwa wegen eines Verstoßes gegen AGB-Recht unwirksam. Nach § 309 Nr. 7a) BGB dürfen Schadensersatzansprüche des Käufers für Körper- und Gesundheitsschäden nämlich nicht ausgeschlossen werden, soweit dem Verkäufer dabei ein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Des Weiteren dürfen gemäß § 309 Nr. 7b) BGB Schadensersatzansprüche für sonstige Schäden nicht ausgeschlossen werden, wenn dem Verkäufer ein besonders grobes Verschulden angelastet werden kann. Dies gilt allerdings nur für AGB im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB, mithin nicht für individualvertragliche Vereinbarungen; allerdings ist die Abgrenzung oftmals nicht einfach. Ein Bootsverkäufer, der wiederholt denselben Bootskaufvertrag verwendet (das ist in der Praxis oft der Fall, weil kostenlose Musterkaufverträge im Internet mannigfaltig angeboten werden), läuft Gefahr, dass seine Klauseln als AGB qualifiziert werden.

Besonders interessant für Sie als Schiffs- oder Bootskäufer ist zudem der vom OLG Schleswig als unwirksam angesehene Gewährleistungsausschluss „gekauft wie gesehen“. Dieser schließt eine Haftung für Umstände unter der Wasserlinie nicht aus, wenn das Schiff zur Besichtigung durch den Käufer nicht aus dem Wasser geholt wurde. Denn wer das Schiff im Wasser liegend kauft, kann vom Zustand des Unterwasserschiffs keine Kenntnis nehmen. Dass der Käufer das Schiff nicht extra ausgekrankt habe, um es sich anzugucken, hätte das Risiko für eventuelle unter der Wasserlinie liegende Mängel auch nicht in den Bereich des Käufers verschoben (OLG Schleswig, Beschluss vom 23.03.2018, 17 U 84/17).

Fernabsatzkauf vom Schiffs- und Bootshändler und das Recht auf Widerruf

Ganz ohne Mangel oder arglistige Täuschung können Sie sich hingegen vom Vertrag lösen, wenn Sie den Boots- oder Schiffserwerb als Verbraucher per Email, Internet oder Telefon mit einem Händler abgeschlossen haben. Ein solches Geschäft wird als Fernabsatzvertrag bezeichnet. Im Falle eines solchen sichert § 312g Abs. 1 BGB Ihnen ein mangelunabhängiges Widerrufsrecht zu.

Um dieses wirksam auszuüben, müssen Sie den Widerruf grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Schiffs oder Boots schriftlich gegenüber Ihrem Verkäufer erklären. Diese Zeitspanne verlängert sich zu Ihren Gunsten auf ein ganzes Jahr, sofern Ihr Verkäufer Sie nicht gesetzestreu über Ihr Widerrufsrecht belehrt hat.

Gut für Sie als Bootskäufer: In vielen Verfahren haben wir die Erfahrung gemacht, dass nur wenige Bootshändler Ihre Kunden wirksam über das Widerrufsrecht aufklären.

Nutzen Sie für den form- und fristgerechten Widerruf gerne unser Musterschreiben, das wir Ihnen kostenfrei zur Verfügung stellen.

Download Musterschreiben für den Widerruf

Abschließende Hinweise zur Rückabwicklung des Kaufs einer Yacht oder eines Bootes

Insgesamt variieren die unterschiedlichen Möglichkeiten der Rückabwicklung also von den jeweils gegebenen Umständen. Kommen mehrere Rückabwicklungsgründe in Betracht, sollten Sie zur Vorsicht sämtliche davon erklären. Dies sollte unbedingt schriftlich passieren. Nutzen Sie dazu einfach unsere Musterschreiben für den Rücktritt vom Kaufvertrag, die Anfechtung und den Widerruf Ihrer Erwerbserklärung, die wir Ihnen in diesem Beitrag zum Download bereitstellen.

Wollen Sie Beweisschwierigkeiten vermeiden, sollten Sie vor einem angestrebten Klageverfahren einen Sachverständigen für Wasserfahrzeuge kontaktieren, um die Erheblichkeit eines Mangels und dessen voraussichtlichen Entstehungszeitpunkt begutachten zu lassen.

Denken Sie auch daran, dass die meisten gerichtlichen Auseinandersetzungen im Hinblick auf Sach- oder Rechtsmängel an Booten, Schiffen und Yachten vor den Landgerichten ausgetragen werden, vor denen Anwaltszwang gilt. Soweit vorhanden, sollten Sie in zeitlich nahem Zusammenhang mit dem Entdecken des Mangels Ihre Rechtsschutzversicherung informieren und eine Deckung für die Kosten der Auseinandersetzung erfragen, um nicht wichtige Fristen bei der Wahrnehmung Ihrer Rechte zu versäumen. Beachten Sie unbedingt, dass die Mängelhaftungsansprüche gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB innerhalb von zwei Jahren ab der Übergabe des Bootes oder der Yacht an Sie verjähren. Dies gilt gem. § 438 Abs. 3 BGB aber nicht im Falle der arglistigen Täuschung. Bei einem gebrauchten Boot kann die Verjährung vertraglich sogar auf 1 Jahr verkürzt werden. Und bei einem Privatkauf darf die Gewährleistung – wie oben dargestellt – sogar ganz ausgeschlossen werden.

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