Beleidigung in Beitrag auf WordPress.com Weblog der Automattic Inc. löschen lassen Persönlichkeitsrecht

Beleidigung in Beitrag auf WordPress.com Weblog der Automattic Inc. löschen lassen

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Das Internet ist beileibe kein rechtsfreier Raum, doch manchmal scheint es fast ein wenig so. Nicht wenige verstecken sich hinter dem Deckmantel der Anonymität, um andere Menschen in persönlichkeitsrechtsverletzender Weise zu beleidigen, anzugreifen und zu diffamieren. Besonders beliebt für solche Praktiken scheint dabei der Weblog WordPress.com, der von der Automattic Inc. betrieben wird. Mussten auch Sie einen Beitrag zur Kenntnis nehmen, in dem Sie beleidigt oder bloßgestellt werden oder in dem unwahre Tatsachen über Ihre Person verbreitet werden? Dann müssen Sie dies keinesfalls einfach so hinnehmen. Unser Artikel beleuchtet Ihre Handlungsmöglichkeiten sowohl gegen den noch unbekannten Verfasser des Beitrags als auch gegen die Portalbetreiberin – von der Ermittlung des Täters bis hin zur Vollstreckung eines möglichen Urteils gegen die Automattic Inc.

Wie kann ich den Täter eines beleidigenden WordPress.com Weblogs identifizieren?

Blogs bei WordPress.com können grundsätzlich von jedermann eröffnet werden, auch ohne spezielle Administrationskenntnisse. Denn vom Herunterladen des Pakets mit dem Quellcode bis zum Fertigstellen des Blogs dauert es nach Angaben der Automattic Inc. nur wenige Minuten. Für potentielle Täter ein gefundenes Fressen. Ohne nennenswerten zeitlichen oder fachlichen Aufwand können sie sich einen Blog erstellen, sich einen nicht zuzuordnenden Nutzernamen zulegen und wahllos andere Menschen angreifen. Damit können Ehrdelikte wie Beleidigungen, Verleumdungen und üble Nachreden recht schnell und unproblematisch begangen werden.

Deutlich umständlicher gestaltet sich da schon die Aufklärung entsprechender Taten. Wollen Sie als Opfer nämlich die wahre Identität hinter dem Nutzernamen herausfinden, müssen Sie den Umweg über die Ermittlungsbehörden von Staatsanwaltschaft und Polizei gehen. Einen Auskunftsanspruch gegen die Automattic Inc. über die persönlichen Daten eines Nutzers haben Sie nämlich auch dann nicht, wenn dieser auf der Seite eine persönlichkeitsrechtsverletzende Straftat begangen hat.

Der Betreiber eines Internetportals ist in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage […] nicht befugt, ohne Einwilligung eines Nutzers dessen personenbezogenen Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln.

Aus der Entscheidung des BGH mit Urteil vom 01.07.2014, VI ZR 345/13

Dementsprechend besteht Ihre einzige Möglichkeit nun darin, eine Strafanzeige gegen Unbekannt zu stellen. Im Gegensatz zu Ihnen als Privatperson haben die Ermittlungsbehörden umfassende Befugnisse, im Rahmen eines dann einzuleitenden Ermittlungsverfahrens den Täter ausfindig zu machen:

  • Hat sich der Täter mit seinen richtigen persönlichen Daten bei WordPress.com registriert, können Staatsanwaltschaft und Polizei den Täter direkt über die Automattic Inc. als Betreiberin des Weblogs ermitteln.
  • In der Regel wird sich der Täter jedoch nicht mit seinen echten persönlichen Daten angemeldet haben. Für diesen Fall können Staatsanwaltschaft und Polizei von der Automattic Inc. verlangen, dass die beim Verfassen des streitgegenständlichen Eintrags übermittelte IP-Adresse bekannt gegeben wird.

Der Täters ist bekannt: Was kann ich gegen die Beleidigungen tun?

Konnten die Ermittlungsbehörden den wirklichen Namen und die Anschrift des Täters auf einem der genannten Wege in Erfahrung bringen und Ihnen mitteilen, können Sie nun weitere privatrechtliche Schritte gegen diesen einleiten. Damit ist primär eine Abmahnung des Täters gemeint:

  1. Mit einer solchen Abmahnung können Sie zunächst die Zahlung eines bestimmten, vom jeweiligen Einzelfall abhängigen Geldbetrages verlangen, den Sie im besten Fall mit einem auf Ehr- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen spezialisierten Rechtsanwalt berechnen. Haben Sie infolge der vom Täter getroffenen Aussage einen Schaden erlitten, können Sie diesen natürlich geltend machen. Hat die Beleidigung, Verleumdung oder üble Nachrede bei Ihnen zu einer längerfristigen, psychischen Beeinträchtigung geführt, die gutachterlich bestätigt werden kann, können Sie zudem die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes verlangen. Darüber hinaus können Sie dem Täter auch die Abmahnkosten berechnen, also diejenigen Kosten, die etwa durch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes entstanden sind. Den daraus zu berechnenden Betrag fordern Sie dann unter Setzung einer etwa zweiwöchigen Frist ein.
  2. Den zentralen Punkt Ihrer Abmahnung stellt der aus der Beleidigung, Verleumdung oder üblen Nachrede resultierende Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB in Verbindung mit Ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG dar. Das bloße Entfernen der Aussage vom Weblog durch den Täter alleine würde jedoch noch nicht genügen, um diesem Anspruch auf Unterlassung zu genügen. Deshalb sollten Sie im Rahmen der Abmahnung zudem zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Mit der Aufforderung zur Abgabe einer solchen strafbewehrten Unterlassungserklärung wird der Primärzweck der Abmahnung verfolgt – die Ausräumung der Gefahr des Aufrechterhaltens der persönlichkeitsrechtsverletzenden Aussage sowie auch die Ausräumung der latenten Wiederholungsgefahr. Formulieren Sie mithilfe eines spezialisierten Rechtsanwalts eine entsprechende Erklärung, die der Täter nach Erhalt nur noch unterzeichnen muss. Orientieren Sie sich dabei am folgenden Formulierungsvorschlag:

Ich,

                [Name und Anschrift des Täters]              ,

verpflichte mich gegenüber

                [Ihr Name und Ihre Anschrift]                   ,

es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Vertragsstrafe in Höhe von                € zu unterlassen,

mit Bezug auf ________[Ihr Name]_________ öffentlich, insbesondere auf meinem WordPress.com Weblog             [Name des Weblogs]                   , folgende Behauptung aufzustellen

                               [Genaue Wiedergabe des Wortlauts der gerügten Aussage]                     .“

Welche Maßnahmen ergreife ich gegen Automattic Inc. bei einem beleidigenden WordPress.com Blog?

Auf Unterlassung in Anspruch nehmen können Sie jedoch nicht nur den konkreten Verfasser des persönlichkeitsrechtsverletzenden Beitrages, sondern auch Automattic Inc. als Portalbetreiberin.

Bei der Durchsetzung dieser Unterlassungsansprüche gegen Automattic Inc. gibt es jedoch Hürden. Während der Äußerungsinitiator nämlich sofort auf Unterlassung haftet, können Sie den Portalbetreiber erst dann als Anspruchsgegner ins Auge fassen, wenn dieser über die Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wird und dann nicht handelt. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden: Ein Anspruch gegen die Automattic Inc. bestehe nur, „sofern dem Betreiber die erfolgte Rechtsverletzung bekannt ist. In dem Unterlassen, einen als unzulässig erkannten Beitrag zu entfernen, liegt eine Perpetuierung der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen.“ (BGH, Urteil vom 27.03.2007, VI ZR 101/06).

Elementar wichtig ist es deshalb, dass Sie Automattic Inc. schriftlich zur Löschung des Sie verletzenden Beitrages anhalten. Spätestens durch dieses Schreiben erlangt Automattic Inc. dann auch Kenntnis von der Rechtsverletzung, sodass eine Haftung grundsätzlich möglich ist.

Die Frage, innerhalb welcher Zeit Automattic Inc. auf eine solche Beschwerde sodann reagieren und den streitgegenständlichen Beitrag löschen muss, wurde bisher alleine vom Amtsgericht Winsen/Luhe beantwortet: Danach besteht gegen den Forenbetreiber kein Unterlassungsanspruch, sofern er fragwürdige Inhalte innerhalb von 24 Stunden, nachdem ihn eine Beschwerde erreicht hat, löscht (AG Winsen/Luhe, Urteil vom 06.06.2005, 23 C 155/05).

Insgesamt stellt diese Rechtsprechung eine deutliche Annäherung an § 10 des Telemediengesetzes dar, in dem es heißt:

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder

2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.

§ 10 Telemediengesetz

Selbige Vorschrift regelt zwar im Grunde genommen bloß die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung und ist damit auf Unterlassungsansprüche nicht direkt anwendbar (BGH, Urteil vom 11.03.2004, I ZR 304/01), umschreibt die Voraussetzungen für die erfolgreiche Inanspruchnahme auf Unterlassung aber dennoch gut.

Kann ich auch in Deutschland rechtliche Schritte gegen Automattic Inc. einleiten?

Auch wenn Automattic Inc. seinen Sitz in San Francisco in den Vereinigten Staaten hat, können Sie rechtliche Schritte wie insbesondere einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Portalbetreiberin auch hier in Deutschland einleiten. Schließlich gilt der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung aus § 32 ZPO. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die unerlaubte Handlung begangen ist. Im Falle von unerlaubten Handlungen im Internet sieht die Rechtsprechung jeden Ort als Erfolgsort an, an dem eine theoretische Möglichkeit besteht, die jeweilige Internetseite aufzurufen (KG Berlin, Urteil vom 25.03.1997, 5 U 659/97).

Nichtsdestotrotz weigerte sich Automattic Inc. in der Vergangenheit häufig, Verfügungen deutscher Gerichte auf Unterlassung anzuerkennen. Seit einem Beschluss des Landgerichts Halle aus dem Jahr 2017, mit dem wegen der Weigerung, umstrittene Vorwürfe über ein Unternehmen zu löschen, ein Ordnungsgeld von 40.000€ gegen die Geschäftsführer von Automattic Inc. verhängt wurde, nimmt diese Haltung jedoch ab. Zumal eine sofortige Beschwerde vonseiten der Automattic Inc. gegen nämlichen Beschluss vom OLG Naumburg zurückgewiesen wurde (OLG Naumburg, Urteil vom 28.05.2018, 9 W 11/18).

Was folgt nach dem Erlass einer einstweiligen Verfügung? Beleidigung aus dem Internet entfernen lassen

Sollten auch Sie erfolgreich gewesen sein und eine einstweilige Verfügung gegen die Automattic Inc. erwirkt haben, sind Sie noch nicht ganz am Ziel Ihrer rechtlichen Träume. Denn ihre Wirkung entfaltet die einstweilige Verfügung erst durch die Zustellung, auch Vollziehung genannt. Allgemein meint die Zustellung die Bekanntgabe eines Dokuments an den Empfänger.

  • Wichtig für Sie ist, dass die Zustellung einer einstweiligen Verfügung grundsätzlich nicht von Amts wegen (d.h. etwa vom Gerichtsvollzieher) veranlasst wird, sondern von der Partei selber betrieben werden muss. Man spricht dabei von der Zustellung im Parteibetrieb. Sie als Antragsteller bzw. Ihr Rechtsanwalt müssen die Verfügung der Antragsgegnerin bzw. ihrem Rechtsanwalt also selber zustellen. Dies gilt unabhängig davon, ob die einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Gegenseite im Beschlusswege oder nach einer mündlichen Verhandlung in einem Urteil, das der Gegenseite im Grunde genommen vom Gericht sowieso zugestellt wird, erlassen wurde. Auch in letzterem Fall muss ergänzend eine Zustellung im Parteibetrieb erfolgen. Und Achtung: Damit können Sie sich nicht etwa beliebig lange Zeit lassen – es gilt eine einmonatige Vollziehungsfrist.
  • Da die einstweilige Verfügung im konkreten Fall der Automattic Inc. jedoch im Ausland vollzogen werden muss, wo die Portalbetreiberin ihren Sitz hat, wird Ihnen die Vollstreckung ein wenig erleichtert. Hat der Antragsgegner nämlich seinen Sitz im Ausland, erfolgt die Zustellung über das Gericht. Dabei wahren Sie als Antragsteller die Frist von einem Monat dadurch, dass Sie oder Ihr Rechtsanwalt innerhalb dieser Zeit einen Antrag beim Gericht stellen, die einstweilige Verfügung der Automattic Inc. im Ausland zuzustellen.
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