Internetrecht

Schadensersatz bei Internet-Ausfall

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Der BGH schafft Klarheit bei den Rechten der Verbraucher und bejaht grundsätzlich den Schadensersatz beim Internet-Ausfall

Kann eine Privatperson beim Internet-Ausfall Schadensersatz verlangen?

Zu einem Internet-Ausfall kann es z.B. beim Vorliegen eines Fehlers im Herrschaftsbereich des Providers oder bei einer Nachlässigkeit des Internetservicedienstleisters beim Umzug zu einem anderen Provider kommen. Uns sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen Internetanschlussinhaber über längere Zeiträume (nicht selten gar Wochen oder Monate) hinweg einen Ausfall ihres  Internetanschlusses zu beklagten hatten und diese mit gleichartigen Nachbesserungsbekundungen „vertröstet“ wurden. Immer wieder wurden uns „Klagen“ angetragen, dass Kunden Stunden in den Service Hotlines verbracht hätten, ohne dass ihnen hinreichende Vorschläge zur Klärung des eigentlichen Problems unterbreitet wurden. In vielen Fällen wurde nicht einmal die Ursache der Internet-Störung bzw. des Internet-Ausfalls benannt.

Infolgedessen forderten Verbraucher zuletzt wiederholt eine Stärkung ihrer Rechte bei einem Internet-Ausfall. Nicht selten scheuten sie jedoch die Auseinandersetzung mit ihrem Internetprovider, die von vielen Privatkunden als „David gegen Goliat Bredouille“ betrachtet wurde. Was bei Unternehmern bisweilen weitestgehend unproblematisch zu beurteilen war, die seit langem – unter einer Verantwortlichkeit des Internetproviders – Schadensersatz beim Internet-Ausfall von diesem verlangen konnten, war dies für Privatpersonen längst nicht selbstverständlich. Bei einem privat genutzten Internet-Anschluss stellt sich die Frage, ob der Privatperson durch den Wegfall der Nutzungsmöglichkeit des Internets überhaupt ein ersatzfähiger Schaden entstehen kann und worin sich dieser begründet.

Faktisch anerkannt ist auch bei Privatpersonen ein Schadensersatz, wenn es zu einem Ausfall bei der Nutzung des Autos oder der Wohnung kommt. Doch ist die Nutzung des Internets mit der Nutzung eines Kraftfahrzeuges oder eines Wohnhauses vergleichbar? Kann die Nutzungsbereitschaft des eigenen Internetanschlusses ebenso als Grundlage der Lebenshaltung angesehen werden?

Kurz und knapp kann man sagen, dass sich in der Rechtsprechung bereits seit ein paar Jahren ein dahingehender Trend zeigt, welcher der Nutzung des Internet Anschlusses einen immer höheren Stellenwert einräumt.

Grundlage dieses Trends ist, dass das Internet immer mehr Einfluss in unsern Alltag gefunden hat. So stellt das Internet nicht nur ein weltweites Unterhaltungsmedium dar. Es ist auch ein modernes Informationsmedium. So dient es – auf Grund der leichten Verfügbarkeit der Informationen – immer mehr Menschen als zeitgemäßes Äquivalent eines Fachbuchs, einer Zeitschrift oder des Fernsehens. Über das Internet können ebenso private Verträge abgeschlossen wie öffentlich-rechtliche Pflichten erfüllt werden. Darüber hinaus ermöglicht das Internet neben der gängigen E-Mail-Funktion die weltweite Kommunikation zwischen seinen Nutzern über soziale Netzwerke, Foren, Mailinglisten oder Chaträume. Kurz gesagt ist das Internet als Multimedium aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Ausweislich der jüngsten ARD/ZDF-Onlinestudie 2012 zur aktuellen Internetentwicklung in Deutschland nutzen derzeit etwa 76 Prozent der Menschen in Deutschland das Internet.

Diese Erkenntnis spiegelt sich auch immer häufiger in der Rechtsprechung wieder. So hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 09.02.2010 zu dem Aktenzeichen 65 S 475/07 entschiedenen, dass der Vermieter seinem Mieter die Möglichkeit des Zugangs zum Internet ebenso technisch sicherstellen muss, wie die Stromversorgung. Die Nutzung des Internets entspricht daher im gleichen Maße der normalen Wohnungsnutzung. Aber auch bei dem Bezug von Arbeitslosengeld II wird die Internetnutzung zusammen mit der Telefonnutzung im Rahmen der Berechnung des Regelsatzes berücksichtigt.

Diesen Trend in der Rechtsprechung hat nun der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen – bisher unveröffentlichten – Entscheidung vom 24.01.2013 (Aktenzeichen III ZR 98/12) fortgesetzt. Hintergrund der Entscheidung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes, der für das Telekommunikationsrecht zuständig ist, ist der Ausfall eines DSL-Internetanschlusses auf Grund eines Tarifwechsels für den Zweitraum von etwa zwei Monaten. Ausweislich der Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofes (Nr. 14/2013) hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass das Internet im Rahmen seiner Entwicklung zu einem entscheidenden Medium der Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung geworden ist. Dementsprechend macht sich ein Ausfall des Internets signifikant im Alltag bemerkbar. Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes stellt die Nutzbarkeit des Internets ein Wirtschaftsgut dar, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch eine zentrale Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebenserhaltung im privaten Bereich gewonnen hat. Dies hat zur Folge, dass dem durch den Internet-Ausfall Betroffenen ausweislich der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes dem Grunde nach Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit der Internetnutzung zusteht. Hiermit wird der Ausfall der Internetnutzung dem Wegfall  der Nutzung eines Kraftfahrzeuges oder Wohnhauses, über welche der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit zu entscheiden hatte, gleich gestellt.

Diese Betrachtung des Internets in der übergreifenden Rechtsprechung hat nach hiesiger Auffassung zur Folge, dass das Internet als Grundlage der Lebenserhaltung in Deutschland angesehen werden muss und daher auch von Artikel 87f Absatz 1 GG erfasst ist. Somit muss grundsätzlich jedem – auch Privatpersonen – die Möglichkeit gegeben werden, an dem Medium Internet aktiv teilzunehmen. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese Entscheidung in der Zukunft hat. Wir gehen bereits jetzt von einer für Verbraucher positiven Entwicklung aus.

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