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Haftungsfragen bei der Verletzung im Fitnessstudio: Haben auch Sie sich beim Training an einem mangelhaften Gerät verletzt, sind Sie auf dem Laufband gestürzt oder in der Umkleide ausgerutscht? Dann beschäftigt auch Sie sicher die Frage nach der Möglichkeit, etwaige Ersatzansprüche geltend zu machen. Doch wann ist eine Haftung für Unfälle im Fitnessstudio anzunehmen? Und wer muss Ihnen letztendlich Ersatz leisten? Wir nehmen die spezifischen Pflichten des Fitnessstudiobetreibers und seines Personals unter die Lupe und geben Ihnen wichtige Verhaltensempfehlungen.
Verkehrssicherung im Fitnessstudio
Zunächst muss der Betreiber Ihres Fitnessstudios Sie als Gast vor Gefahren schützen, denen Sie beim Aufenthalt in den Räumlichkeiten des Studios sowie bei der Benutzung der Geräte und Gewichte ausgesetzt sein können. Rechtlich wird dies als sogenannte Verkehrssicherungspflicht bezeichnet.
Es entspricht dem ganz allgemein gültigen Grundsatz, wonach jeder, der eine Gefahrenlage schafft, verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Dritter möglichst zu verhindern. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, auch und gerade in einem Fitnessstudio nicht erreichbar ist, muss jedoch nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden.
Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, vorsichtiger und gewissenhafter Dritter für ausreichend halten darf (BGH, Urteil vom 03.06.2008, VI ZR 223/07). Das Ausmaß der Verkehrssicherungspflicht richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls. Demgemäß ist auch in einem Fitnessstudio zwischen einzelnen Pflichten zu differenzieren:
Einweisung in die Benutzung der Geräte
Der Betreiber Ihres Fitnessstudios ist nicht verpflichtet, jedes Gerät gegen eine unbefugte Benutzung abzusichern oder ständig einen Angestellten abzustellen, der genau dies verhindern soll. Es reicht daher aus, wenn Ihnen gegenüber erklärt wird, dass Sie Geräte nur nach erfolgter Einweisung durch einen geschulten Trainer benutzen dürfen. Von einem vernünftigen und umsichtigen Besucher eines Fitnessstudios kann und muss nämlich erwartet werden, dass er andernfalls – also ohne Einweisung – auf eine Benutzung der Geräte verzichtet.
Unter Heranziehung dieser Maßstäbe wurden bereits in zwei uns bekannten Fällen Ersatzansprüche gegen den Studiobetreiber verneint (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.02.2009, 6 U 212/08 sowie LG Duisburg, Urteil vom 07.01.2011, 6 O 75/10). In beiden Fällen hatten Menschen ohne vorherige Einweisung durch das Studiopersonal eigenmächtig ein Laufband genutzt. Dabei stürzten sie trotz moderater Geschwindigkeit und einwandfrei funktionierenden Laufbandes und zogen sich Knochenbrüche an Oberschenkel bzw. Unterarm zu.
Verletzungsgefahr: Regelmäßige Kontrolle der Geräte
Deutlich strenger sind dagegen die Anforderungen an die Kontrolle der Geräte. Werden Sie als Kunde eines Fitnessstudios beim Training durch ein Gerät verletzt, haftet der Studiobetreiber für den dabei entstandenen Schaden, wenn er bei ausreichender Kontrolle hätte erkennen können, dass das betreffende Gerät schadhaft war.
Denn gerade beim Trainieren mit schweren Gewichten besteht ein erhebliches Verletzungsrisiko. Sie als Besucher des Fitnessstudios müssen sich darauf verlassen können, dass der Betreiber Ihres Studios die von ihm eingesetzten Geräte einer regelmäßigen Kontrolle unterzieht. Die Rechtsprechung erachtet diesbezüglich eine Kontrolle in mindestens wöchentlichem Intervall für angezeigt. Dabei reicht es nicht aus, die Geräte lediglich auf offensichtliche Schäden hin zu überprüfen. Vielmehr muss eine Kontrolle auch hinsichtlich unauffälliger, aber für den Fachmann erkennbarer Schadensanzeichen erfolgen. Verfügt der Betreiber Ihres Studios selbst nicht über die dazu erforderlichen Fachkenntnisse, muss er sich fachkundiger Hilfe dritter Personen bedienen.
Eine solche Kontrolle wurde in einem vor dem Landgericht Coburg verhandelten Fall nicht vorgenommen. Während der Kläger eine Übung an einem Rückenzuggerät (sogenannter Lat-Zug) durchführte, bei der er eine lange, über seinem Kopf hängende Querstange hinter seinen Nacken runterzog, wodurch über ein über Lenkrollen laufendes Stahlseil ein Gewicht von 90 kg angehoben wurde, riss dieses Stahlseil und die metallene Querstange schlug auf den Kopf des Klägers. Dieser war kurzzeitig bewusstlos und erlitt eine klaffende Kopfwunde. Das Gericht sprach dem Kläger Schadensersatz und Schmerzensgeld zu (LG Coburg, Urteil vom 03.02.2009, 23 O 249/06). Schließlich hätte der Studiobetreiber die Rostspuren bei Durchführung einer vom Sachverständigen empfohlenen wöchentlichen Kontrolle der Geräte bemerken können und auch müssen.
Unfallquellen: Umkleiden, Duschen und Sauna
Verkehrssicherungspflichten treffen den Betreiber Ihres Fitnessstudios jedoch nicht nur innerhalb der eigentlichen Trainingsräume. Sämtliche Räumlichkeiten des Studios müssen frei gehalten werden von unnötigen Gefahrenquellen.
Dementsprechend hat der Studiobetreiber dafür zu sorgen, dass in Umkleiden, Duschen oder der Sauna keine Stolperfallen die Gesundheit der Besucher gefährden. Auch herumliegender Unrat ist zu beseitigen.
Eine Grenze wird jedoch durch die Eigenverantwortlichkeit der Besucher gezogen – insbesondere in Bezug auf die Benutzung einer in dem Fitnessstudio befindlichen Saunalandschaft. Nach der vorherrschenden Verkehrsauffassung ist der Betreiber eines Studios nicht verpflichtet, regelmäßige Kontrollen in engen Zeitabständen durchzuführen, um das körperliche Wohlbefinden der einzelnen Saunabenutzer zu überwachen. Stattdessen muss es grundsätzlich dem jeweiligen Saunabenutzer überlassen bleiben, ob er sich der mit den körperlichen Belastungen verbundenen Gefahr aussetzen und das gesundheitliche Risiko eingehen will (OLG Hamm, Urteil vom 29.08.2012, I-12 U 52/12).
Welche Rolle spielt die Aufsichtspflicht in Fitnessstudios?
Anders als etwa in Schwimmbädern oder Kletterhallen spielt die Aufsichtspflicht in Fitnessstudios lediglich eine untergeordnete Rolle. Grundsätzlich besteht nicht einmal eine Anwesenheitspflicht einer Aufsichtsperson oder eines Trainers im Fitnessstudio. Es gibt jedoch auch Ausnahmen:
- Werden spezielle Kurse angeboten, muss während der gesamten Kursdauer ein Trainer anwesend sein und die Kursteilnehmer überblicken.
- Werden Sie als neuer Kunde in die korrekte Benutzung der einzelnen Geräte eingewiesen, muss ebenfalls dauerhaft ein geschulter Trainer anwesend sein.
- Außerdem kann in manchen Fitnessstudios vertraglich vereinbart werden, dass im Studio stets eine Aufsichtsperson anwesend sein muss oder sogar, dass ein Trainer ausschließlich das Training einer einzelnen Person überwacht. Man spricht von einer sogenannten Trainerpauschale.
Keine Haftung des Studiobetreibers für Kleinstverletzungen
Ausgelöst durch eine der genannten oder ähnliche Pflichtverletzungen muss es jedoch zwingend zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bei Ihnen gekommen sein. Die typischen Gesundheits- und Körperschäden im Fitnessstudio lassen sich wie folgt kategorisieren:
- Verletzungen aufgrund mangelhafter Geräte oder Hanteln
- Verletzungen infolge falscher Benutzung von Geräten oder infolge falscher Ausführung von Übungen wegen unzureichender Einweisung und Aufklärung
- Sturzschäden wegen Nässe oder herumliegender Stolperfallen in Duschen oder Umkleiden
- Hautverletzungen in der Sauna
Ein im schlimmsten Fall zweitägiger Kopfschmerz und ein mehrtägiger Muskelkater aufgrund ungewohnter Beanspruchung einzelner Körperpartien genügt dagegen nicht. Nicht nur liegt eine solche Beeinträchtigung aufgrund der rechtlich als unbedeutend zu qualifizierenden Dauer unterhalb der Bagatellgrenze. Es handelt sich zudem auch um eine Beeinträchtigung, wie sie nach jeder Art sportlicher Betätigung zu erwarten ist und üblicherweise von Sporttreibenden hingenommen werden muss (LG Köln, Urteil vom 11.07.2018, 18 O 73/16).
Ihre Ansprüche bei einer Verletzung im Fitnessstudio
Wurden Ihnen gegenüber eine im Fitnessstudio bestehende Pflicht schuldhaft verletzt, haftet grundsätzlich der Betreiber Ihres Studios für den entstandenen Schaden. Auch das selbst dann, wenn das angestellte Personal eine Pflichtverletzung begangen hat. Denn das Handeln seiner Angestellten hat der Betreiber sich zuzurechnen. Da dieser haftpflichtversichert ist, schaltet sich dann oftmals die Haftpflichtversicherung in die Regulierungsgespräche mit ein.
Grundlage für die Haftung des Betreibers ist zunächst der zwischen Ihnen und dem Fitnessstudio zu Beginn der Mitgliedschaft geschlossene Nutzungsvertrag. Oftmals versuchen die Fitnessstudios, sich durch einen Haftungsausschluss in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor einer Inanspruchnahme durch die Besucher zu schützen. Finden auch Sie in Ihrem Vertrag eine solche Klausel, bedeutet dies noch keinesfalls das Ende Ihrer Hoffnung auf Ersatzzahlungen.
Nach § 309 Nr. 7a BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit nämlich gänzlich unwirksam, der auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders (Betreiber Ihres Studios) oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines Erfüllungsgehilfen des Verwenders (Studiopersonal) beruht.
Diese Vorschrift stellt also klar, dass der Betreiber uneingeschränkt haftet, wenn eine von ihm zu verantwortende Pflichtverletzung bei Ihnen zu einer Verletzung des Lebens, Körpers oder der Gesundheit führt. Allerdings sind vertragliche Schadensersatzansprüche nur auf einen einfachen Schadensausgleich gerichtet. Eine Zahlung von Schmerzensgeld schadet also nach dieser Anspruchsgrundlage aus.
Etwas anderes gilt in Bezug auf die Ihnen ebenfalls zustehenden deliktischen Ansprüche. Mit Hilfe dieser können Sie neben einem Schadensausgleich auch ein angemessenes Schmerzensgeld erstreiten.
Empfehlungen zur effektiven Geltendmachung Ihrer Ansprüche
Treffen Sie bereits unmittelbar nach dem Eintritt des Schadensfalls die richtigen Maßnahmen, können Sie die Erfolgsaussichten Ihrer Anspruchsgeltendmachung eigenständig erhöhen.
- Zeitlich direkt nach dem Unfall sollten Sie Fotos vom Unfallort (Mangelhaftes Gerät, Stolperfalle in den Umkleiden etc.) sowie ein Geschehensprotokoll vom Unfallhergang anfertigen. Legen Sie zudem Ihre Aufmerksamkeit auf Zeugen, um etwaige spätere Beweisschwierigkeiten bei der Verfolgung Ihrer Ansprüche auszuräumen.
- Anschließend sollten Sie sich schnellstmöglich zu einem Arzt begeben und von diesem Ihre erlittenen Verletzungen attestieren lassen. Auch dies kann für einen unter Umständen nachfolgenden Gerichtsprozess von hoher Bedeutung sein, insbesondere für die Beweisaufnahme.
- Soweit Sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, sollten Sie sich möglichst noch vor der Inanspruchnahme des Fitnessstudiobetreibers mit dieser in Verbindung setzen und um eine Deckungszusage für die außergerichtliche Auseinandersetzung bitten.
- Nach der Benachrichtigung Ihrer Rechtsschutzversicherung können Sie den Betreiber Ihres Fitnessstudios kontaktieren: Fordern Sie unter Setzung einer angemessenen Frist eine Schadenseinstandspflicht dem Grunde nach.
- Angenommen, der Betreiber Ihres Studios reagiert nicht oder nicht innerhalb der von Ihnen gesetzten Frist: Nun können Sie Klage beim zuständigen Gericht erheben.