Sie haben jüngst einen Oldtimer erworben und mussten im Nachhinein nun ernüchternd feststellen, dass der Oldtimer-Verkäufer Sie über den Tisch gezogen hat. Der „Betrug“ beim Oldtimer-Kauf hat ganz besonders seit 2020 zugenommen. Hier erfahren Sie, welche Ansprüche Sie gegen den Verkäufer haben und wie Sie diese am besten geltend machen. Wehren Sie sich. Wir zeigen Ihnen auch, wie ein Oldtimer-Prozess vor Gericht abläuft und worauf Sie achten müssen, wenn Sie den Verkäufer verklagen möchten.
Der Kauf eines Oldtimers unterscheidet sich rechtlich wenig von dem eines aktuelleren Autos – es gibt aber viele zusätzliche Kriterien und Details, auf die Käufer Wert legen. Die Checklisten sind umfangreicher. Mitunter wird jahrelang nach dem gewünschten Modell und der Konfiguration gesucht. Für Sammler sind diese Raritäten Anlagevermögen. Es wird grundsätzlich genauer hingeschaut bei Papieren, Werkstattberichten, Karosserie und Motor – Checkliste abgehakt? Bei hohem Alter, hoher Laufleistung und zahlreichen Vorbesitzern lauern dennoch viele „Unbekannte“. Das wissen auch findige Oldtimer-Verkäufer und „schummeln“ gerne mal beim Besichtigungstermin oder beim Verkauf des Fahrzeugs und sorgen für Ärger.
Zugesicherte Eigenschaften eines Oldtimers
Ihre Rechte gegen den Verkäufer hängen maßgeblich davon ab, was genau Sie vertraglich vereinbart haben. Vertragsbestandteil sind dabei nicht immer nur die im Kaufvertrag vermerkten Details. Auch mündlich oder telefonisch zugesicherte Eigenschaften können Beschaffenheitsvereinbarungen darstellen. Regelmäßig sind auch die Werte und Beschreibungen in den Online-Inseraten und Annoncen zu beachten – insbesondere bei gewerblichen Händlern.
Die Vereinbarungen betreffen zumeist einzelne Eigenschaften des Fahrzeugs (z. B. „unfallfrei“). Die weitere rechtliche Einordnung dieser Vereinbarungen ist von grundlegender Relevanz:
- Liegt eine Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB vor
- oder gar eine Beschaffenheitsgarantie im Sinne des § 443 Abs. 1 BGB?
Die Abgrenzung kann schwierig sein und hängt stets vom Einzelfall ab, ist jedoch praktisch von erheblicher Bedeutung. Beide gewährleisten aber Ihnen als Käufer, dass der Oldtimer bestimmte Eigenschaften aufweist und der Verkäufer muss einstehen, wenn das nicht der Fall ist.
Beschaffenheitsvereinbarung
Eine Beschaffenheitsvereinbarung hat zur Folge, dass bei der Abweichung gemäß § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ein Sachmangel vorliegt. Selbst der private Oldtimer-Verkäufer kann sich nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen (siehe BGH, Urteil vom 10.04.2024, VIII ZR 161/23) und die Erheblichkeit des Mangels sei indiziert (BGH, Urteil vom 28.05.2014, VIII ZR 94/13; BGH, Urteil vom 06.02.2013, VIII ZR 374/11).
Für das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung werden von der Rechtsprechung allerdings hohe Voraussetzungen gestellt (BGH, Urteil vom 15.06.2016, VIII ZR 134/15; BGH, Urteil vom 29.06.2016, VIII ZR 191/15; BGH, Urteil vom 10.11.2021, VIII ZR 187/20).
Ein paar Beispiele, was die Rechtsprechung zu Beschaffenheitsvereinbarungen sagt:
- „Oldtimerzulassung“ (BGH, Urteil vom 13.03.2013 – VIII ZR 172/12)
- Zum einen müsse das Fahrzeug eine solche H-Zulassung (für das H-Kennzeichen) auch tatsächlich haben
- Darüber hinaus müsse sich das Fahrzeug aber auch in einem Zustand befinden, der die erteilte positive Begutachtung rechtfertigt – die bloße Aushändigung des Dokuments reiche also nicht aus
- „Restaurierter“ Oldtimer (LG Bonn, Urteil vom 22.10.1992 – 7 O 205/92; OLG Köln, Urteil vom 26.05.1997 – 7 U 185/96)
- Diese Eigenschaft fehle, wenn das Fahrzeug eine erhebliche Durchrostung aufweise
- „Werkstattgeprüft“ (BGH, Urteil vom 25.05.1983 – VIII ZR 55/82)
- Die Prüfung müsse tatsächlich stattgefunden haben
- Zudem müssten die Voraussetzungen für erfolgreiche Prüfung erfüllt sein
- Angabe von Zustandsnoten
- „Karosserie komplett überarbeitet“ (OLG Hamm, Urteil vom 24.04.2012 – I-28 U 197/09)
- Daraus könne nicht geschlossen werden, dass keinerlei Rost an der Karosserie vorhanden sei
- „Fahrbereit“ (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2013 – I-3 U 31/12)
- Dies schließe erhebliche (oder sogar gefährliche Mängel) nicht aus
- Die Eigenschaft liegt schon dann vor, wenn das Fahrzeug eine bessere Einordnung bei der Hauptuntersuchung als „verkehrsunsicher (VU)“ vorweist
Reine Wissenserklärungen, wie etwa „laut Vorbesitzer“, „laut Zulassungsbescheinigung Teil II“, „wie dem Verkäufer bekannt“ werden nicht als Beschaffenheitsvereinbarungen angenommen (BGH, Urteil vom 12.03.2008 – VIII ZR 253/05; BGH, Urteil vom 17.02.2010 – VIII ZR 67/09; BGH, Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 191/15)
Beschaffenheitsgarantie
Eine Beschaffenheitsgarantie ist umfassender als die bloße Vereinbarung und für den Käufer häufig von Vorteil. Maßgeblich ist dann ein Garantievertrag (der häufig, aber nicht zwingend als gesondertes Dokument ausgestaltet ist). Ein Gewährleistungsausschluss greift nicht (§ 444 BGB) und der Verkäufer haftet gemäß § 276 Abs. 1 BGB verschuldensunabhängig.
Ob sie im Einzelfall vorliegt, ist durch Auslegung der Vereinbarung zu ermitteln. Die Wortwahl ist dabei nicht allein als Anforderung entscheidend, insbesondere bedarf es nicht zwingend der Verwendung des Begriffs „Garantie“.
Ausdrücke des Verkäufers wie „garantieren“ oder „verbürgen“ sind aber durchaus Anhaltspunkte für eine Beschaffenheitsgarantie. Auch spricht für eine solche Garantie, wenn der Verkäufer angibt, „voll“ oder „unbedingt“ für eine bestimmte Beschaffenheit einstehen zu wollen.
Bloße Beschreibungen der Kaufsache genügen hingegen nicht. Durch die Angabe, dass das Fahrzeug sei „fahrbereit“, übernimmt der Verkäufer etwa nicht ohne Weiteres eine Garantie im Sinne des § 443 BGB (BGH, Urteil vom 22.11.2006 – VIII ZR 72/06).
Bei der Laufleistung hingegen nimmt die Rechtsprechung eine Garantie durchaus an, sofern der Verkäufer gewerblich handelt (BGH, Urteil vom 29.11.2006 – VIII ZR 92/06).
Klassiker mit Macken: Mängelgewährleistung
Für Ihre Rechte von grundlegender Bedeutung ist, ob das gelieferte Fahrzeug mangelhaft ist. Wann dies der Fall ist, soll folgend beleuchtet werden.
Typische Mängel bei Oldtimern
a) Verschwiegene Unfallschäden
Sehr häufig weisen Oldtimer etwaige Unfallschäden auf. Schon allein die Tatsache, dass ein Fahrzeug ein Unfallwagen ist, begründet einen Mangel – selbst wenn dieser fachgerecht repariert wurde (OLG Braunschweig, Urteil vom 19.05.2022 – 9 U 12/21).
Solche Unfallschäden sind aber von bloßen Bagatellschäden zu unterscheiden. Der Käufer eines Gebrauchtwagens darf grundsätzlich davon ausgehen, dass das Fahrzeug keinen Unfall mit mehr als Bagatellschäden erlitten hat (BGH, Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 191/15). Die Bezeichnung des Fahrzeugs als „unfallfrei“ ist also nur bei bloßen Bagatellschäden zulässig (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.02.2008 – I-1 U 169/07). Die Grenzziehung erfolgt hier stets nach den Umständen des Einzelfalls. Zum Schutz des Käufers sind Begriffe wie „unfallfrei“ oder „Bagatellschaden“ aber eng auszulegen (BGH, Urteil vom 10.10.2007 – VIII ZR 330/06).
Als Faustformel kann dabei herangezogen werden, dass Bagatellschäden nur bei ganz geringfügigen, äußeren (Lack-) Schäden gegeben sind, nicht aber bei Blechschäden (BGH, Urteil vom 12.03.2008 – VIII ZR 253/05)
Bagatellschäden muss der Verkäufer nicht ungefragt, sondern grundsätzlich nur auf Nachfrage offenlegen (BGH, Urteil vom 03.03.1982 – VIII ZR 78/81). Bei Unfallschäden hingegen trifft den Verkäufer schon eine Offenbarungspflicht, d. h. er muss diese dem Käufer ungefragt offenlegen (BGH, Urteil vom 07.06.2006 – VIII ZR 209/05).
Belogen, betrogen, getäuscht?
Werden solche Unfallschäden vom Verkäufer arglistig verschwiegen, hat dies weitreichende Folgen. So kann sich der Verkäufer etwa nicht auf einen Haftungsausschluss berufen (§ 444 BGB), wie bei „normalen“ unbekannten, versteckten Mängeln. Auch sind solche Mängel dann in der Regel erheblich (BGH, Urteil vom 24.03.2006 – V ZR 173/05). Eine Arglist nimmt die Rechtsprechung auch bei Aussagen des Verkäufers ins Blaue hinein an (BGH, Urteil vom 19.06.2013 – VIII ZR 183/12).
b) Manipulierte Laufleistung
Die Verfälschung des Kilometerstands begründet einen Mangel des Fahrzeugs. So muss der Verkäufer eines Oldtimers den Käufer ungefragt darüber aufklären, dass bei Restaurierungsarbeiten, die der Verkäufer veranlasst hat, der Wegstreckenzähler des Fahrzeugs zurückgestellt wurde. Denn der Käufer eines Gebrauchtwagens darf auch mit Blick auf die Strafbarkeit einer Tachomanipulation auch beim Oldtimer davon ausgehen, dass der Kilometerzähler die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs anzeigt. Ist das nach der Kenntnis des Verkäufers nicht der Fall, hat er den Käufer darauf hinzuweisen (OLG München, Urteil vom 14.12.2016 – 20 U 1458/16).
c) Verbaute nicht-originale Austauschteile/Originalqualität
Die Originalität ist bei Oldtimern sehr wichtig. Nach der Rechtsprechung kann der Käufer eines Oldtimers jedoch grundsätzlich nicht erwarten, dass das Fahrzeug mit dem Originalzustand zum Zeitpunkt der Herstellung übereinstimmt. Das Alter eines Oldtimers mache es nämlich unwahrscheinlich, dass keine (Unfall-)Schäden vorhanden seien (OLG Hamm, Urteil vom 04.05.2021 – 28 U 237/18). Bestimmte Bauteile oder fahrzeugspezifische (und unter Kennern wohlbekannte) Schwachstellen haben z. B. auch bei sorgfältigster Pflege eine kürzere Lebensdauer, als der Rest des Fahrzeugs.
Auch ein Austauschmotor begründet für sich noch keinen Mangel, da das Vorhandensein eines Originalmotors in der Regel nicht zu erwarten ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.11.2014 – 9 U 234/12). Jedoch ist für den Wert des Oldtimers von entscheidender Bedeutung, dass der eingebaute Motor jedenfalls in dem Sinne original ist, dass er aus derselben Zeit wie das übrige Fahrzeug stammt (BGH, Urteil vom 07.12.1994 – VIII ZR 213/93).
Wenn Sie also beim Kauf eines Oldtimers Wert auf Originalität legen, müssen Sie dieses ausdrücklich vereinbaren. Wenn die Originalität einzelner Teile vereinbart wurde und letztlich nicht gegeben ist, liegt ein Mangel vor (OLG München, 06.11.2013 – 3 U 4871/12).
Aus Rost wird Patina? Abgrenzung zu bloßem Verschleiß
Sachmängel sind abzugrenzen von Verschleißerscheinungen. Gewöhnlicher Verschleiß begründet gerade keinen Mangel, wenn er die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 23.11.2005 – VIII ZR 43/05; BGH, Urteil vom 10.04.2024 – VIII ZR 161/23).
Ein Mangel liegt aber bei (auch typischen) Verschleißerscheinungen vor, die sicherheitsrelevant sind (BGH, Urteil vom 14.04.2010 – VIII ZR 145/09; BGH, Urteil vom 09.10.2020 – VIII ZR 150/18)
Was gewöhnlicher Verschleiß ist und was nicht, ändert sich mit dem Alter des Fahrzeugs. Naturgemäß erwartet man bei klassischen Fahrzeugen entsprechend stärkere Abnutzungsspuren, als bei einem Jahreswagen. Es stellt sich hier die Frage, ab wann sich das Fahrzeug aufgrund der Verschleißerscheinungen nicht mehr für die übliche Verwendung eignet (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB) oder nicht mehr die Beschaffenheit aufweist, die bei derartigen Oldtimern üblich ist (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB). Maßgeblich dafür sind stets die Umstände des Einzelfalls, etwa das Alter und die Fahrleistung des Autos (BGH, Urteil vom 09.10.2020 – VIII ZR 150/18).
Bloßer Verschleiß liegt etwa bei einem schlagartigen Defekt einer Dichtung bei einer Laufleistung von 190.000 km (BGH, Urteil vom 23.11.2005 – VIII ZR 43/05) oder bei der Durchrostung des Auspuffs eines 10 Jahre alten Fahrzeugs mit mehr als 80.000 km Laufleistung (BGH, Urteil vom 09.10.2020 – VIII ZR 150/18) vor.
Haben die Vertragsparteien beim Kaufvertrag über den Oldtimer keine Beschaffenheitsvereinbarungen über den Zustand getroffen, so gilt ein fast 38 Jahre altes Auto als mangelfrei, wenn es bei Gefahrübergang mit einer Prüfplakette versehen und fahrbereit ist und wenn aus dem vorgelegten Bericht der letzten Hauptuntersuchung sowie im Hinblick auf den Kaufpreis erkennbar ist, dass es sich um einen Oldtimer in nicht restauriertem Zustand handelt, bei dem zur Beibehaltung der Gebrauchstauglichkeit noch Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen sind (OLG München, Urteil vom 27. Januar 2016 – 8 U 3852/15)
Ein Mangel kann jedoch auch bei gewöhnlichen Verschleißerscheinungen vorliegen – nämlich dann, wenn die Vertragsparteien explizit vereinbart haben, dass das Fahrzeug gerade keinen derartigen Verschleiß aufweist: Ein Mangel ist zu bejahen, wenn die „einwandfreie Funktionsfähigkeit“ eines Verschleißteils vereinbart wurde, dieses Teil jedoch gewöhnlich verschlissen ist (BGH, Urteil vom 10.04.2024 – VIII ZR 161/23).
Zustandsnoten
Eine Besonderheit beim Kauf von Oldtimern sind die sogenannten Zustandsnoten. Diese werden von Verkäufern häufig als Bewertung angegeben. Diese Angabe hat grundsätzlich verbindlichen Charakter, d. h. bei Nichtvorliegen haftet der Verkäufer (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.11.1988 – 17 U 148/87). Die Zustandsnoten sind mit am Markt allgemein anerkannten konkreten Beschaffenheitsbeschreibungen verbunden:
Note | Beschreibung |
1 | Makelloser Zustand. Keine Mängel, Beschädigungen oder Gebrauchsspuren an der Technik und an der Optik. Komplett und perfekt restauriertes Spitzenfahrzeug. Wie neu (oder besser). Sehr selten. |
2 | Guter Zustand. Mängelfrei, aber mit leichten (!) Gebrauchsspuren. Entweder seltener, guter und restaurierter Originalzustand oder fachgerecht restauriert. Technisch und optisch einwandfrei mit leichten Gebrauchsspuren. |
3 | Gebrauchter Zustand. Fahrzeuge ohne größere technische und optische Mängel, voll fahrbereit und verkehrssicher. Keine Durchrostungen. Keine sofortigen Arbeiten notwendig. |
4 | Verbrauchter Zustand. Nur eingeschränkt fahrbereit. Sofortige Arbeiten zur erfolgreichen Abnahme gemäß § 29 StVZO sind notwendig. Leichtere bis mittlere Durchrostungen. Fahrzeug komplett in den einzelnen Baugruppen aber nicht zwingend unbeschädigt. |
5 | Restaurierungsbedürftiger Zustand. Fahrzeuge in mangelhaftem, nicht fahrbereitem Gesamtzustand. Umfangreiche Arbeiten in allen Baugruppen erforderlich. Fahrzeug nicht zwingend komplett. |
Viele dieser Begriffe bieten jedoch Platz für Interpretationsspielraum. Mithin ist die Einordnung von Oldtimern in diese Notenstufen meist nicht eindeutig (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.11.1988 – 17 U 148/87). Wenn der Verkäufer angibt, dass eine Abweichung von Zustandsnote um 0,5-Noten gegeben sein kann, handelt der Käufer aber gemäß § 442 BGB grob fahrlässig, wenn er sich einfach auf die Zustandsnote verlässt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2013 – I-3 U 31/12).
Fehlkauf? Ihre Rechte
Sofern Ihr Fahrzeug nach den geschilderten Grundsätzen mangelhaft ist, stellt sich die Frage, welche Rechte Ihnen zustehen – denn daraus resultieren Ihre Handlungsmöglichkeiten. Die Gewährleistungsrechte sind in § 437 BGB aufgelistet und werden nunmehr vertieft beleuchtet:
a) Nacherfüllung
An erster Stelle steht Ihr Recht auf Nacherfüllung nach § 439 BGB. Sie können also grundsätzlich vom Verkäufer verlangen, den Mangel am Fahrzeug beheben. Sinnvoll ist hier aber häufig nur eine Nachbesserung. Eine Nachlieferung scheidet hingegen meist aus, weil beim Kauf eines Gebrauchtwagens gerade die Besonderheiten des konkreten Fahrzeugs die Kaufentscheidung beeinflussen (siehe nur BGH, Urteil vom 07.06.2006 – VIII ZR 209/05).
Diejenigen Kosten, die Ihnen im Wege der Nacherfüllung anfallen (insbesondere Transport- und Materialkosten) können sie gemäß § 439 Abs. 2 BGB vom Verkäufer ersetzt verlangen.
Hier können Sie sogar einen Vorschuss verlangen. Kaufen Sie das Fahrzeug als Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB), folgt dieser Anspruch aus § 475 Abs. 4 BGB. Jedoch nimmt die Rechtsprechung im Übrigen auch an, dass ein Vorschussanspruch schon unmittelbar aus § 439 Abs. 2 BGB folgt (BGH, Urteil vom 19.07.2017 – VIII ZR 278/16)
b) Rücktritt
Außerdem können Sie vom Kaufvertrag gemäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 346 I, 323, 326 BGB zurücktreten.
Sofern der Mangel behebbar ist, müssen Sie dem Verkäufer vor dem Rücktritt grundsätzlich erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben (§ 323 Abs. 1 BGB).
Die Fristsetzung kann im Einzelfall jedoch entbehrlich sein. Für den seltenen Fall, dass es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, richtet sich die Entbehrlichkeit nach § 323 Abs. 2 BGB und § 440 S. 1 BGB. Besonders bedeutsam sind hier vor allem die ernsthafte und endgültige Verweigerung des Verkäufers (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) sowie die Nichtleistung zu dem im Vertrag bestimmten Termin (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Meist werden Sie das Fahrzeug jedoch als Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) kaufen, sodass ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegt. Dann richtet sich die Entbehrlichkeit ausschließlich nach § 475d BGB. Hiernach ist die Setzung einer insbesondere entbehrlich, wenn
- der Unternehmer die Nacherfüllung trotz Ablaufs einer angemessenen Frist (ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat) nicht vorgenommen hat, oder
- der Mangel derart schwerwiegend ist, dass der sofortige Rücktritt gerechtfertigt ist.
Der Rücktritt ist jedoch gänzlich ausgeschlossen, wenn der Mangel nur unerheblich ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Wann dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 28.05.2014 – VIII ZR 94/13). Sofern von einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abgewichen wird, ist dies in der Regel erheblich (BGH, Urteil vom 28.05.2014 – VIII ZR 94/13). Auch hat die Rechtsprechung einen Richtwert festgesetzt. Danach ist der Mangel jedenfalls dann nicht unerheblich, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand mehr als 5 % des Kaufpreises beträgt (BGH, Urteil vom 28.05.2014 – VIII ZR 94/13).
In Folge des Rücktritts erhalten Sie den gezahlten Kaufpreis zurück, müssen aber auch das Fahrzeug an den Verkäufer zurückgeben (§ 346 Abs. 1 BGB).
c) Minderung
Ist das Fahrzeug mangelhaft, können Sie auch den Kaufpreis auch mindern gemäß §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 BGB. Dies macht in Abgrenzung zum Rücktritt insbesondere dann Sinn, wenn Sie das mangelhafte Fahrzeug behalten wollen.
Sofern der Mangel behebbar ist, bedarf es aber auch dafür grundsätzlich vorab einer erfolglosen Fristsetzung zur Nacherfüllung, die aber ebenfalls nach den obigen Grundsätzen entbehrlich sein kann.
Anders als der Rücktritt ist eine Minderung auch bei unerheblichen Mängeln möglich (§ 441 Abs. 1 S. 2 BGB).
Die Berechnung der Minderung ergibt sich aus § 441 Abs. 3 S. 1 BGB. Danach ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden hat:
Beispiel:
Sie kaufen einen Oldtimer für einen Kaufpreis von 4.000 €. In mangelfreiem Zustand hat der Oldtimer einen Wert von 5.000 €. Aufgrund des Mangel beträgt dieser Wert jedoch nur noch 2.500 € – also 50 % des Wertes in mangelfreiem Zustand. Damit kann der Kaufpreis ebenfalls um 50 % gemindert werden, mithin auf 2.000 €.
In der Praxis ist es häufig sehr schwer, diese Werte sicher festzustellen. Meist wird dafür die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Nach § 441 Abs. 3 S. 2 BGB ist die Minderung sogar, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Eine Mustervorlage zur Durchsetzung einer Kaufpreisminderung stellen wir Ihnen auf Anfrage gerne zur verfügung.
d) Schadensersatz
Ferner können Sie nach §§ 437 Nr. 3, 280 ff. BGB vom Verkäufer Schadensersatz verlangen.
Dafür muss der Verkäufer den Mangel zu vertreten haben. Insoweit trifft den Verkäufer die Beweislast (§ 281 Abs. 1 S. 2 BGB), das heißt dieser muss beweisen, dass er den Mangel nicht zu vertreten hat.
Sofern der Mangel behebbar ist, ist wieder grundsätzlich das erfolglose Setzen einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung erforderlich, sofern diese nicht entbehrlich ist (siehe oben).
Wichtig, um Fehler zu vermeiden: Durch die Geltendmachung des Anspruchs auf Schadensersatz erlischt gemäß § 281 Abs. 4 BGB der Anspruch auf Nacherfüllung.
Weiter ist zu differenzieren:
Sie können zum einen den sogenannten kleinen Schadensersatz verlangen (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB). Danach behalten Sie das Fahrzeug, werden weiter aber so gestellt, als ob gehörig erfüllt worden wäre. In erster Linie muss der Verkäufer also die Differenz des Wertes des Fahrzeugs in mangelfreiem Zustand und dem Wert des gelieferten Fahrzeugs an Sie zahlen.
Zum anderen können Sie – sofern der Mangel erheblich ist (siehe oben) – auch den sogenannten großen Schadensersatz verlangen (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB). Hier geben Sie dann das Fahrzeug an den Käufer zurück. Dafür muss der Verkäufer Ihnen den Wert des Fahrzeugs in geschuldetem, mangelfreiem Zustand auszahlen.
Welcher Weg für Sie am sinnvollsten ist, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls – etwa von der Frage, ob Sie das Fahrzeug trotzdem behalten und ggf. selbst aufarbeiten wollen – ab. Zur Geltendmachung dieses Anspruchs erhalten Sie hier eine Mustervorlage:
Schadensersatz Musterschreiben
Weitere Möglichkeiten außerhalb der Gewährleistung
Hat Sie der Verkäufer arglistig getäuscht, kommt auch eine Anfechtung in Betracht, um sich vom Vertrag zu lösen. Eine Täuschung liegt bereits dann vor, wenn der Verkäufer bestimmte Gegebenheiten des Fahrzeugs verschweigt. Dafür muss den Verkäufer jedoch eine Pflicht zur Offenbarung eben dieses Umstands treffen. Eine solche Offenbarungspflicht trifft den Verkäufer etwa bei einer manipulierter Laufleistung des Fahrzeugs (BGH, Urteil vom 12.03.2008; OLG München, Urteil vom 14.12.2016 – 20 U 1458/16).
Eine Mustervorlage zur Anfechtung können Sie hier herunterladen:
Schließlich können Sie sich gegebenenfalls auch durch einen Widerruf vom Vertrag lösen. Dafür bedarf es jedoch eines Widerrufsrechts. Sofern ein solches nicht vertraglich vereinbart wurde, kommt insbesondere ein Widerruf bei einem sogenannten Fernabsatzvertrag in Betracht (§§ 312g Abs. 1, 312c BGB), sofern sie das Auto als Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) erworben haben.
Ein Fernabsatzvertrag liegt vor, wenn im Rahmen der Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel (z.B. Telefonate, SMS, WhatsApp, E-Mails etc.) verwendet wurden.
Eine Mustervorlage für den Widerruf erhalten Sie hier:
Ablauf eines Gerichtsverfahrens
In einigen Fällen kommt man als Käufer eines Oldtimers nicht umhin, den Verkäufer gerichtlich zu verklagen. Aus diesem Grund möchte ich hier einmal die Gelegenheit nutzen und ein typisches Klageverfahren gegen einen Oldtimerverkäufer darstellen.
Die zivilrechtlichen Klagen gegen Oldtimerverkäufer finden in aller Regel vor den Landgerichten statt. Mir persönlich ist kein Fall bekannt, in dem bei nach einem Oldtimerkauf vor den Amtsgerichten geklagt worden ist. Die Klage wird bei den Landgerichten eingereicht, weil der Streitwert in Oldtimerprozessen zumeist weit über 5.000 Euro liegt. Das jeweilige Landgericht ist nach §§ 71 Abs. 1, 23 GVG nämlich bei einem Streitwert über 5.000 Euro zuständig. In naher Zukunft kann sich hier die Streitwertgrenze ändern. Es gibt Bestrebungen, den Zuständigkeitsstreitwert der Amtsgerichte auf 8.000 Euro anzuheben.
Je nach geltend gemachtem Anspruch kann der Verkäufer entweder an seinem Wohnsitz bzw. Geschäftssitz verklagt werden. In manchen Fallkonstellation können Sie als Kläger aber auch die Klage gegen den Oldtimerverkäufer am Gericht Ihres Wohnortes einreichen. Diese etwa dann der Fall, wenn sie vom Kaufvertrag zurückgetreten sind. Wir haben einen extra Artikel zur örtlichen Zuständigkeit, wo dies genauer erklärt wird.
Nach Einreichung der Klage unter Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses, dessen Höhe abhängig vom Streitwert ist (Beispiel: angenommen Sie streiten mit dem Oldtimerverkäufer über die Beseitigung von Schäden an dem Oldtimer, deren Nachbesserung 150.000 Euro kosten würde, so beträgt der Gerichtskostenvorschuss 4.575 Euro), bekommt der Oldtimerverkäufer diese zunächst vom Gericht zugestellt. Er bekommt zeitgleich Gelegenheit sich binnen zwei Wochen darüber zu erklären ob er sich gegen die Klage verteidigen will. Ihm wird dann eine weitere kurze Frist gesetzt, um seine Klageerwiderung zu begründen.
Es dauert meist einige Monate, bis das Gericht einen Termin bestimmt. Je nach dem örtlich zuständigen Gericht und der Auslastung der mit der Angelegenheit betrauten Kammer kann dieser Zeitraum mal länger und mal kürzer ausfallen. Zunächst wird ein Gütetermin bestimmt. Das Gericht wird in diesem Termin versuchen, eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits herbeizuführen. Bei schweren Mängeln am Oldtimer sind entsprechende vergleichsweise Beilegungen des Rechtsstreites eher selten. Ausgeschlossen sind diese aber nie gänzlich. Ich habe hier schon zahlreiche für meine Mandanten zufriedenstellende vergleichsweise Einigungen begleiten dürfen.
Soweit eine Güteverhandlung scheitert, wird die Hauptverhandlung angesetzt. In dieser werden Beweisbeschlüsse erlassen, die bei Oldtimerprozessen regelmäßig die Hinzuziehung eines gerichtlich bestellten (mit Oldtimern vertrauten) Kfz-Sachverständigen beinhalten. Hier ist es wichtig zu wissen, dass man, soweit man in der Beweislast für das Bestehen oder das Ausmaß eines Mangels am Oldtimer steht, durchaus einen nicht zu vernachlässigenden Vorschuss für den Gutachter zahlen muss. Die Kosten für den Sachverständigen in einem Oldtimerprozess belaufen sich nicht selten auf 2.000 bis 3.500 Euro oder mehr.
Über Zusagen des Oldtimerverkäufers zum Zustand des Oldtimers bei Übergabe können beispielsweise auch Zeugen, die bei der Besichtigung des Oldtimers anwesend waren, gehört werden. Oftmals ratsam, aber nicht zwingend erforderlich, ist Ihre Anwesenheit beim Gerichtstermin. Ich habe aber auch in zahlreichen Prozessen ohne den jeweiligen Oldtimerverkäufer verhandelt. In der heutigen Zeit ist es auch üblich, dass Verhandlungen vor den meisten Gerichten per Videokonferenz abgehalten werden, sodass man sich die Fahrt zum jeweiligen Gericht ersparen könnte. Bis ein Gerichtsverfahren abgeschlossen ist können durchaus viele Monate oder gar ein Jahr vergehen. Nur in seltenen Ausnahmefällen habe ich es erlebt, dass Oldtimerprozesse auch mehrere Jahre angedauert haben, was zumeist daran lag, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige sich mit der Erstattung seines Gutachtens sehr viel Zeit gelassen hat oder aber daran, dass das Verfahren in die Berufung gegangen ist.
Die Kosten des Verfahrens hat regelmäßig diejenige Partei zu tragen, die in dem Gerichtsverfahren unterliegt. Im Falle eines gerichtlich geschlossenen Vergleiches kann man sich auch über die Prozesskosten einigen. Soweit sie rechtsschutzversichert sind ist es aber wichtig, vor einem finalen Vergleichsschluss das Einvernehmen des Rechtsschutzversicherungsträgers einzuholen. Andernfalls droht die Gefahr, dass die Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme verweigert. In der Praxis kann man diese Problematik meist so umgehen, dass man einen vor dem Gericht geschlossenen Vergleich nur auf Widerruf schließt. Das bedeutet, dass der Vergleich binnen einer bestimmten Frist widerrufen werden kann. Innerhalb dieser Frist kann mit dem Rechtsschutzversicherungsträger Kontakt aufgenommen werden, um dessen Einvernehmen einzuholen.
Fazit für Freunde des kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts
Der Kauf eines Oldtimers kann sehr viele Probleme nach sich ziehen. Wie diese bestmöglich gelöst werden können, hängt dabei – wie so oft – stets vom Einzelfall ab. So kann etwa nur schwer pauschalisiert werden, in welchen Fällen zweifelsfrei ein Mangel vorliegt. Auch die Frage nach den Ihnen zustehenden Rechten ist ebenso einzelfallabhängig wie die Frage, welcher Anspruch für Sie am besten ist. Sie sollten sich fachlich qualifizierten Rechtsrat durch einen Anwalt oder eine Anwältin einholen.
Das Oldtimerrecht ist zwar kein „richtiges“ Rechtsgebiet (es gibt folglich auch keinen „Fachanwalt für Oldtimerrecht“), sehr wohl aber ein Interessenschwerpunkt und Tätigkeitssgebiet, in dem sich einige Anwälte sehr gut auskennen.
Mit der Expertise eines Oldtimeranwalts gewährleisten Sie, dass Ihre Rechte möglichst effektiv durchgesetzt werden können und der Traum vom Oldie nicht zum Albtraum wird.