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Wer sich mit Schmerzen oder Verletzungen zum Arzt begibt, der rechnet in der Regel mit einer Behandlung in Form von Spritzen, Operationen oder Tabletten. Auf diese Weise soll das Leid gelindert und der Patient geheilt werden. Doch immer mehr kranke Menschen vertrauen inzwischen der Alternativmedizin und neumodischen Behandlungsmöglichkeiten. Durch Hand-Auflegen oder durch den Glauben an die Wirkung eines Mittels soll der Körper regenerieren. Ob die homöopathischen oder osteopathischen Verfahren wirklich versprechen, was sie halten, ist in der Medizin stark umstritten. Stellt sich also die Frage, ob und wann Werbung mit dem Begriff „Osteopathie“ schalten darf.
Heikle Werbung mit dem Begriff „Osteopathie“
Gerade juristisch bringt die Osteopathie Probleme mit sich, besonders in Bezug auf die Werbung mit einer solchen Behandlungsweise. In manchen Fällen können da sogar Abmahnung drohen. Welche Rechtsprechung dem zugrunde liegt und was das für Heilpraktiker und Physiotherapeuten heißt, soll im Folgenden erläutert werden.
Was ist Osteopathie?
Der Begriff „Osteopathie“ bezeichnet allgemein ein Krankheits- und Behandlungskonzept in der Alternativmedizin. Es handelt sich um eine Heilkunde, bei der der Osteopath einen Menschen mit seinen Händen behandelt und untersucht. Dieses manuelle Verfahren eignet sich insbesondere für Bewegungsapparate, Organe und Gewebe im menschlichen Körper.
Dieser speziellen Art der Humanmedizin liegt die Annahme zugrunde, der Körper sei selbst in der Lage, sich zu regulieren und zu heilen. Immer vorausgesetzt, dass alle Strukturen gut beweglich und vorhanden sind.
OLG Düsseldorf: Abmahnungen könnten wieder zunehmen!
In den Jahren 2013 bis 2015 wurden zahlreiche Osteopathen unfreiwillig Empfänger von Abmahnungen. Speziell die Arbeitsgemeinschaft Wettbewerb AGW e.V. aus Düsseldorf hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den fairen Wettbewerb zu fördern und Physiotherapeuten abzumahnen, wenn sie mit Leistungen der Osteopathie geworben haben, ohne Arzt oder Heilpraktiker zu sein.
Solch eine Welle von Abmahnungen könnte nun wieder neu entfacht werden, folgt man einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Mit Beschluss vom 08.09.2015 zum Aktenzeichen I-20 U 236/13 hat der Senat statuiert, dass die Ausübung von Osteopatie und die Werbung mit dem Begriff Osteopathie nur dann gestattet sein soll, wenn die behandelnde Person tatsächlich eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz (HeilPrG) vorweisen kann.
Ansonsten würden sich fälschlicher Weise so genannte „Osteopathen“ wettbewerbswidrig verhalten und müssten sich Gebühren und Unterlassungserklärungen gegenüber sehen.
Ein etwaiger Verstoß gegen § 1 HeilPrG – das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung, also ohne staatliche Zulassung – kann auch nicht durch eine vorhandene Erlaubnis zur Ausübung der Physiotherapie gemäß § 1 Abs. 1 MPhG gerechtfertigt werden. Eine der Physiotherapie entsprechende Ausbildung umfasst keine Osteopathie.
Weiterhin untersagt das Gericht in seinem Urteil neben der konkreten Ausübung auch die Werbung mit dem Begriff „Osteopathie“. Diese wäre ohne eine tatsächliche Heilpraktikererlaubnis irreführend, weil die Ausübung wie beschrieben unzulässig ist. Dadurch haben die Richter in Düsseldorf jedoch kein generelles Tätigkeitsverbot ausgesprochen, es handelt sich vielmehr um eine Bestätigung der Unzulässigkeit einer osteopathischen Tätigkeit durch einen Nicht-Befugten bzw. durch Physiotherapeuten. Somit sind auch weiterhin Abmahnung zu befürchten.
Heilmittelwerberechtliches Strengeprinzip
Ebenso tangiert die Werbung mit „Osteopathie“ ohne zulässige Erlaubnis zur Ausübung die Vorgaben des heilmittelwerberechtlichen Strengeprinzips, welches im Heilmittelwerbegesetz HWG niedergelegt ist. Gerade der dort enthaltene § 3 HWG soll Patienten vor jeglichen Täuschungen durch Mediziner schützen.
Diese Norm untersagt zunächst generell irreführende Werbung und definiert den Begriff der „Irreführung“ nachfolgend durch die Auflistung einiger Regelbeispiele. Rechtswidrig ist es demnach, Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen oder Gegenständen eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung beizulegen und zuzusprechen, die diese gar nicht haben.
Auch unwahre bzw. zur Täuschung geeignete Angaben über die Art und Weise der Verfahren und Behandlungen oder über die Person, Vorbildung und Befähigung des Tätigwerdenden werden untersagt. Gleiches gilt für die Irreführung über den Kausalzusammenhang von Behandlung und Behandlungserfolg.
Tipps für sicheres Werben
Gerade dieser Zusammenhang kann einem werbenden Osteopathen zum Verhängnis werden. Deshalb wird dringend davon abgeraten, ein bestimmtes Behandlungsverfahren als Ursache für konkrete Therapieerfolge darzustellen oder wissenschaftlich nicht belegbare Wirkungsbeziehungen zu schildern.
Stattdessen sollte, was werberechtlich sicherer ist, die faktische
Anwendung der Methode beschrieben werden oder das allgemeine Ziel. Auch
die Angabe bevorzugter Behandlungsformen (Chiropraktik, Akupunktur,
Homöopathie) ist in der Regel unproblematisch.
Insgesamt gilt: je allgemeiner
die Angabe der Methode, desto leichter die Beweisbarkeit ihrer Wirkung.
Gerade bei Fragen der Beweislast innerhalb eines Prozess kann dieser
Punkt deutlich erleichternd wirken.
Auf Werbung mit dem Begriff „Osteopathie“ gänzlich verzichtet werden sollte allerdings solange, bis eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis erworben wurde. Eine einfache ärztliche Verordnung genügt dafür nicht.
Konsequenzen einer Abmahnung
Sollten diese Tipps für Sie zu spät kommen oder haben Sie trotzdem eine Abmahnung bekommen, können auf verschiedenen Wegen juristische Konsequenzen drohen.
- Die erste Folge tangiert die rein werberechtliche Seite. In diesem Fall sehen Sie sich einer Unterlassungserklärung gegenüber, welche Ihnen eine Vertragsstrafe von ca. 1000 Euro androht, sollten Sie die abgemahnte Werbung nicht unterlassen. Erfolgsaussichten etwaiger Zivilprozesse und das damit verbundene Ignorieren einer Abmahnung sollte zunächst mit einem spezialisierten Anwalt des Medizin- oder Wettbewerbsrechts besprochen werden.
- Desweiteren könnte gegen Sie sogar ein Strafverfahren eingeleitet werden, zum Beispiel durch die Gesundheitsämter, die einen Verstoß gegen den Straftatbestand des Heilmittelwerbegesetzes rügen können.
- Zudem drohen auch berufsrechtliche Sanktionen aufgrund eines Verstoßes gegen das Gesetz über die Berufe der Physiotherapie.
- Ferner drohen zivilrechtliche Regressansprüche der behandelten Patienten und der Krankenversicherungsträger.
Damit diese Konsequenzen für Sie nicht eintreten, lesen Sie sich erneut die oben aufgelisteten Tipps zur sicheren Werbung durch und versuchen Sie diese zu befolgen. Unabhängig vom jeweiligen Einzellfall sollte jedoch immer zuerst die Heilpraktikererlaubnis ins Visier genommen werden.