Dieser Beitrag wird in Kürze aktualisiert. Solange möchten wir Sie darauf hinweisen, dass einzelne Informationen in diesem Artikel veraltet sein könnten.
Negative Arztbewertung auf dem Bewertungsportal sanego.de
Immer wieder kommt es vor, dass sich Ärzte mit negativen Bewertungen auf einschlägigen Arztbewertungsportalen, wie beispielsweise jameda.de oder sanego.de konfrontiert sehen. Immer mehr Ärzte sehen sich durch zum Teil unsachliche und mitunter diffamierende Bewertungen zu Unrecht angegriffen. Negative Folgen geschäftsschädigender Bewertungen bleiben oft nicht lange aus. Denn Patienten, die ihren Arzt wechseln wollen, informieren sich zunehmend im Internet über Reputationen von Heilberuflern. Bereits eine einzige negative kann dazu führen, dass ein Patient sich einem anderen niedergelassenen Arzt zuwendet, insbesondere, wenn die Bewertung drastische Sachverhaltsdarstellungen enthält. Daher stellt sich vielen betroffenen Ärzten die Frage, ob man eine solche negative Bewertung löschen lassen kann.
Was ist ein Bewertungsportal?
Als Bewertungsportalen werden Internetseiten bezeichnet, auf denen Nutzer einen Erfahrungsbericht ( etwa über den Besuch beim Arzt und den Arzt selbest) aufgrund einer Vielzahl von Kriterien bewerten können. Bei Arztbewertungsportalen hinterlassen Patienten insoweit einen anhand von vorgegebenen Kriterien strukturierten Erfahrungsbericht über eine erfahrene Behandlung in einer Arztpraxis.
Möglichkeiten der Bewertung
Auf dem Bewertungsportale der sanego UG (haftungsbeschränkt) mit Sitz in Dreieich, welches unter der URL sanego.de erreichbar ist, hat der Nutzer des Bewertungsportals die Möglichkeit zunächst einen Arzt auszuwählen und kann diesen sodann bewerten. Hierbei erfolgt die Bewertung anhand eines Punktesystems von 1 (schlecht) bis 10 (gut). Hierbei kann der Nutzer des Bewertungsportals sanego.de in den Bereichen Behandlungserfolg, Kompetenz des Arztes, Beratung durch den Arzt, Terminvereinbarung, Freundlichkeit des Teams, Ausstattung der Praxis, Entscheidungen und Empfehlung eine Bewertung abgeben. Das eine Bewertung mehr enthalten darf als die Abgabe einer Bewertung des reinen Arztbesuches sofern eine entsprechende Erläuterung in einem Kommentarfeld erfolgt, hat jüngst das Landgericht München I mit Urteil vom 28.05.2013, Aktenzeichen: 25 O 9554/13 entschieden. Auch bei dem Bewertungsportal sanego.de hat der Patient die Möglichkeit in einem mit „Ihre Erfahrung“ überzeichneten Kommentarfeld seine Erfahrungen in Textform wiederzugeben. Des Weiteren kann der Nutzer der Plattform angeben wann er die Behandlung erhalten hat, wie lange er auf den Termin und im Wartezimmer warten musste und welche Medikamente verschrieben wurden.
Sofern der Nutzer, der eine Bewertung abgeben möchte, keine Behandlung durch den Arzt erhalten hat, da ihm der angebotene Termin zu spät war, hat er dennoch die Möglichkeit in einzelnen ausgewählten Bereichen eine Bewertung abzugeben. Zwar kann er noch einen persönlichen Erfahrungsbericht im Rahmen des Kommentarfeldes hinterlassen, jedoch kann er den Arzt ansonsten nur in den Kategorien Terminvereinbarung, Freundlichkeit des Teams und Empfehlung bewerten.
Abschließend kann jeder Nutzer des Bewertungsportals noch angeben ob er Kassenpatient, Privatpatient oder selbst Zahler war, in welchem Jahr er geboren ist und welchem Geschlecht er angehört, bevor er bestätigt dass er bei dem bewerteten Arzt Patient oder als direkter Angehöriger bei der Behandlung anwesend war. Mit dieser Bestätigung versuchen sich oftmals Betreiber eines Bewertungsportals abzusichern, da beispielsweise das Landgericht Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 08.05.2012 zu dem Aktenzeichen 11 O 2608/12 entschieden hat, dass der Anbieter eines Bewertungsportals im Internet sich von dem jeweiligen Nutzer einen Nachweis über die tatsächliche Durchführung der Behandlung vorlegen lassen muss.
Meinungsfreiheit und ihre Grenzen
Anhand dieser Bewertungsstrukturen kann sich dann ein Nutzer des Bewertungsportals einen Überblick über den jeweiligen Arzt verschaffen und so den für ihn geeigneten Arzt finden. Stellt dies für den Patienten oftmals ein hilfreiches Mittel zur Arztwahl dar, ist in diesen Fällen für die Ärzte ein Ärgernis bis hin zu einem spürbaren Eingriff in ihren Praxisbetrieb. Zwar sind derartige Erfahrungsberichte und die zugehörigen Bewertungspreise seit geraumer Zeit in der Rechtsprechung als zulässig anerkannt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofes vom23.06.2009, Aktenzeichen: VI ZR 196/08), jedoch nicht jede wiedergegebene Meinung von dem bewerteten Arzt als gegeben hinzunehmen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die auf einem Arztbewertungsportal, beispielsweise sanego.de, wiedergegebene Meinung über das Maß der geschützten Freiheit der Meinung hinausgeht und vielmehr eine Verletzung der Ehre des bewerteten Arztes, des Persönlichkeitsrechts des Arztes oder einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mithin den Betrieb der Arztpraxis darstellt. So hat das Oberlandesgericht Koblenz aktuell festgestellt, dass Äußerungen, die eine erhebliche Ehrverletzung darstellen als Schmähkritik unzulässig sind (vgl. Urteil des Oberlandesgericht Koblenz vom 25.03.2013, Aktenzeichen: 3 W 178/13). In seinem Urteil führt das Oberlandesgericht Koblenz aus, dass Kritik zwar grundsätzlich auch dann hinzunehmen sei, wenn diese über eine sachliche Darstellung hinausgeht, da diese grundsätzlich vom Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Grundgesetz gedeckt sei. Jedoch seien ehrverletzende Diffamierungen als Schmähkritik unzulässig und können darüber hinaus einen Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb darstellen. Angesichts dessen muss eine negative Bewertung in einem Arztbewertungsportal, wie beispielsweise sanego.de, sorgfältig geprüft werden, um eine Abwägung zu zutreffen, ob die abgegebene Bewertung noch von dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist oder die Grenzen des geschützten Bereiches bereits verlassen hat.
Ansprüche des Arztes bei einer unrechtmäßigen negativen Bewertung
Sofern eine Bewertung den Bereich einer geschützten Meinungsäußerung verlässt und insoweit als unrechtmäßige Diffamierung zu qualifizieren ist, steht dem Arzt ein Anspruch auf Entfernung dieser Bewertung bzw. der Bestandteile der Bewertung, die nicht von der Meinungsfreiheit abgedeckt sind sowie ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem Verfasser der Schmähkritik und/oder der das Persönlichkeitsrecht verletzenden Äußerungen zu.
Darüber hinaus kann dem ehrverletzend bewerteten Arzt gerade auch bei anonym abgegebenen Bewertungen ein Anspruch gegen den jeweiligen Portalbetreiber zustehen. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang mit Urteil vom 13.05.2013 zu dem Aktenzeichen VI ZR 269/12 entschieden, dass ein entsprechender Provider durchaus für den Inhalt der der von ihm zur Verfügung gestellten Plattform verantwortlich sein kann. Eine entsprechende Verantwortlichkeit ist gemäß dieser Auffassung grundsätzlich dann gegeben, wenn der Portalbetreiber auf einen offensichtlich als ehrverletzend zu erkennenden Verstoß hingewiesen wird. Das Landgericht Hamburg geht in der Umsetzung dieser Auffassung sogar so weit, dass ein Portalbetreiber sogar für den Wahrheitsgehalt der jeweils abgegebenen Bewertung beweisbelastet sein kann (vgl. Urteil des Landgericht Hamburg vom 21.03.2013, Aktenzeichen: 327 O 494/12).
Somit kann einem Arzt sogar ein Anspruch auf Entfernung und Unterlassung etwaiger ehrverletzender Bewertungen zustehen, obwohl der eigentliche Verfasser dieser Bewertungen nicht bekannt ist und er sich nur noch an den jeweiligen Betreiber des Arztbewertungsportals wenden kann.
Prüfung des jeweiligen Einzelfalls
Daher sollte sich ein auf einer einschlägigen Arztbewertungsplattform negativ bewertete Arzt nicht einfach mit dieser negativen Bewertung zufrieden geben. Vielmehr sollte er prüfen oder prüfen lassen, ob diese Bewertung den Rahmen der freien Meinungsäußerung verlassen hat und ihm nicht im Einzelfall sogar ein Entfernung- und/oder Unterlassungsanspruch gegen den Verfasser oder den Betreiber des Arztbewertungsportals zusteht.