Schlägerei auf dem Schulhof Haftungsrecht

Schlägerei auf dem Schulhof

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Sollte ein Kind während des Schulbesuchs körperlich verletzt werden, stellt sich für die Eltern des geschädigten Kindes die Frage, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Das gilt insbesondere, wenn die Gesundheitsschädigung aus einer Rauferei oder Schlägerei unter Schülern resultiert.

Schlägerei unter Schülern und die Unfallversicherung

Wird ein Kind während des Schulaufenthalts körperlich verletzt, fällt dies zumeist in den Verantwortungsbereich der betroffenen Schule. Davongetragene Schäden werden grundsätzlich durch die Gemeindeunfallkasse des Schulträgers übernommen. Regelmäßig haften Kinder untereinander auf dem Schulgelände nicht. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Unfälle bei Schulveranstaltungen und dem Schulbesuch gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII. Es gibt aber Ausnahmen, in denen der Schädiger haftet (und nicht die Unfallversicherung). Wo die Unterschiede liegen und worauf man achten sollte, erklärt unser Beitrag.

Schulischer Zusammenhang

Allerdings muss für die Annahme des Versicherungsschutzes ein schulischer Zusammenhang vorliegen. Bei minderjährigen Kindern wird dieser im Regelfall schon dann angenommen, wenn die Schlägerei während der Schulzeit oder auf dem Schulgelände stattfindet. Wenn sich allerdings volljährige Schüler körperlich auseinandersetzen, sind diese allein dann versichert, soweit der Grund für den Konflikt unmittelbar mit dem Schulbesuch zusammenhängt.

Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz umfasst also regelmäßig den Zeitraum des Schulbesuchs oder die vollständige Teilnahme an einer Schulveranstaltung. Das bedeutet: Alle Vorfälle, die sich während eines Schulbesuchs, eines Schulausflugs oder einer anderen schulischen Veranstaltung ereignen, fallen in der Regel unter diesen Versicherungsschutz.

Dazu zählen auch Pausen und Freistunden, die auf dem Schulgelände abgehalten werden. Aber auch Schlägereien während der Schulaufenthaltszeit in der Kantine der Schule (auch wenn die Mensa sich außerhalb des Schulgeländes befindet) oder auf dem Weg zu dieser, sind vom Versicherungsschutz erfasst.

Ausnahmen vom Versicherungsschutz

Aber Achtung; es gibt Ausnahmen: die Essenseinnahme selbst ist (ebenso wenig wie der „Toilettengang“) keine schulbezogene (vielmehr eine private) Handlung und daher grundsätzlich nicht vom Unfallversicherungsschutz erfasst. Verschluckt sich ein Kind, weil ein anderer Schüler es beim Essen oder bei der Notdurft stört, wird der Versicherungsschutz oftmals zu hinterfragen sein. In diesen Fällen sind ggf. zivilrechtliche Ansprüche gegen den Schädiger zu prüfen.

Schlägerei in der Schule – zumeist haftet die Unfallversicherung

Festhalten lässt sich aber: Sollte ein Kind während einer Pause durch einen Mitschüler bei einer Schlägerei körperlich verletzt werden, werden die Behandlungskosten und die Unfallaufnahme durch den Versicherungsschutz der Schülerunfallversicherung getragen.

Dieser Schutz besteht für alle Schüler und Schülerinnen von allgemeinbildenden Schulen sowie von berufsbildenden Schulen. Es handelt sich hierbei um eine Haftungsprivilegierung, welche Ansprüche von Schülern untereinander ausschließt.

Meldung an die Unfallversicherung

Die Meldung an die Schülerunfallversicherung ist von der Schulleitung zu veranlassen. Wichtig ist, dass der Vorfall innerhalb von drei Tagen (tödliche Unfälle sind sofort zu melden) mit der vorgeschriebenen der Unfallanzeige zu melden ist.

Der betroffene Schüler und/oder dessen Eltern sollten den Zwischenfall unverzüglich der Schulleitung anzeigen. Aus Beweisgründen empfiehlt sich die Meldung per Fax oder E-Mail abzusetzen.

Ferner muss der verletzte Schüler regelmäßig bei einem sogenannten Durchgangsarzt vorstellig werden; die freie Arztwahl wird gem. § 28 Abs. 4 S. 2 SGB VII eingeschränkt. Durchgangsärzte sind für die Unfallversicherung tätig. Eine Liste der Durchgangsärzte findet man in  der Datenbank der Landesverbände der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Nach der Meldung werden die Leistungen der Unfallversicherung von Amts wegen erbracht, ohne dass der verletzte Schüler weiteres veranlassen müsste. Es dauert meist einige Wochen, bis die Unfallversicherung (in Nordrhein Westfalen etwa die Unfallkasse NRW) die Voraussetzungen geprüft hat.

Erstattungsfähige Schäden

Unter erstattungsfähige Schäden unterstehen bei der Schlägerei unter Schülern der Regulierung der Unfallversicherung gem. § 26 ff. SGB VII die ärztliche und zahnärztliche Behandlung, die Behandlung in Krankenhäusern oder die Erforderlichkeit von Arznei- und Verbandsmittel. In schweren Fällen kann sogar ein Kinderpflege-Verletztengeld gezahlt werden. Dieses ist bei Kindern unter zwölf Jahren erforderlich, die der Betreuung der berufstätigen Eltern nach einem Unfall oder einer Körperverletzung bedürfen.

Aber auch eine Brille, die bei der Schlägerei unter Schülern zu Bruch geht, untersteht der Unfallversicherung, wenn der Schüler sie bei der Auseinandersetzung getragen hat. Denn gem. § 8 Abs. 3 SGB VII gehört die Beschädigung eines Hilfsmittels zu den Gesundheitsschäden und ist damit nicht Sachschaden, sondern Personenschaden (zur Unterscheidung siehe nachfolgender Abschnitt), für welchen die Unfallversicherung eintritt

Nicht durch die Unfallversicherung erstattungsfähig sind andere Schäden an Kleidungsstücken oder der Schultasche (also Sachschäden). Diese Schäden kann der Schüler aber unter gesonderten Voraussetzungen (s. folgendes Kapitel) vom Schädiger einfordern.

Schmerzensgeld und der Haftungsausschluss

In den §§ 104, 105 SGB VII werden Haftungsausschlüsse für Personenschäden getroffen. Hiernach sind sowohl Schulträger, als auch die im Schulbetrieb tätigen Personen regelmäßig von einer zivilrechtlichen Haftung freigestellt, soweit ein Schaden als „Personenschaden“ i. S. d. §§ 104, 105 SGB VII qualifiziert werden kann. Mit anderen Worten: für jedweden Personenschaden greift der Haftungsausschluss.

Damit soll u. a. die Befriedung in der Schule sichergestellt werden. Schüler sollen also grundsätzlich nicht gegen andere Schüler zivilrechtlich vorgehen dürfen, um die „Ruhe“ im Schulalltag sicherzustellen.

Dafür tritt – wie dargestellt – die Unfallversicherung für alle Schäden, die im Schulalltag geschehen ein. Allerdings sind der Unfallversicherungspflicht Schmerzensgeldansprüche fremd. Denn das Schmerzensgeld gehört zum Schadensersatz für die erlittene Körperverletzung und ist damit Personenschaden (kein Sachschaden).

Da der Haftungsausschluss bezweckt, die Schule und den schadensverursachenden Schüler von der Haftung wegen Personenschäden insgesamt freizustellen, fallen unter die Personenschäden nicht nur das Schmerzensgeld, sondern auch Vermögensschäden wegen der Verletzung des versicherten Jugendlichen (BAG, Urteil vom 10.10.2002, 8 AZR 103/02). Diese Kosten werden durch die Unfallversicherung nach dem Haftungsersetzungsprinzip abgedeckt (BAG, Urteil vom 24.05.1989, 8 AZR 240/87).

Allerdings gilt der Haftungsausschluss nur für Personenschäden, nicht aber für Sachschäden (Kleidung, Schulranzen). Sachschäden können weiterhin ggü. dem Schädiger (und ggf. auch ggü. der Schule, soweit diese eine Sorgfaltspflicht verletzt hat; hier erwächst eine Problemstellung, die unter dem Stichwort „gestörte Gesamtschuld“ an anderer Stelle thematisiert wird) geltend gemacht werden. Diese werden also bei einer Schlägerein unter Schülern nicht von der Unfallversicherung gezahlt.

Es gibt aber Fälle, in denen der in einer Schägerei verwickelte Schüler vom Schädiger Schmerzensgeld (also auch einen Personenschaden) verlagen kann.

  • So greift der Haftungsausschluss nicht für einen „Wegeunfall“ iSd. § 8 Abs. 2 Nr. 1 – Nr. 4 SGB VII. Soweit die Schlägerei also auf einem Terrain statt, das nicht mehr zum schulischen Betrieb zu rechnenden Gefahrenbereich gehört, so kann der Geschädigte den Ausgleich des Personenschadens vom Schädiger verlangen.
  • Ein weiterer Fall, in dem der Haftungsausschluss nicht greift und der Schädiger auf Schmerzensgeld verklagt werden kann, liegt gem. § 110 Abs. 1 SGB VII, § 640 RVO vor, wenn dem Aggressor der Schlägerei nachgewiesen werden kann, dass dieser vorsätzlich gehandelt hat. Der Vorsatz muss sich dabei nicht allein auf die Verletzungshandlung, sondern auch auf den konkreten Verletzungserfolg beziehen. Bei der Schlägerei in der Schule wird das Zufügen von Schmerzen im Rahmen der Auseinandersetzung von den Schülern wohl billigend in Kauf genommen. Das Herbeiführen von dauerhaften oder ernstlichen Verletzungen des Gegenübers wird aber in nur wenigen Fällen beabsichtigt sein.

Nur in solchen Fällen kann über den zivilrechtlichen Weg ein Anspruch auf Schmerzensgeld geltend gemacht werden (LG Bonn, 8 S 127/179). Mit Vorsatz handelt ein Mitschüler dann, wenn er sein Gegenüber bewusst verletzen wollte oder eine Verletzung des anderen durch seine Handlung in Kauf genommen hat. Es muss also ein konkretes Wollen zur Verletzung vorliegen. Die vorsätzliche Handlung muss auch die eintretenden Verletzungsfolgen umfassen.

Das OLG Hamm entschied in seinem Urteil vom 08.11.2013 zum Aktenzeichen 26 U 31/13 zugunsten eines verletzten Kindes. Dieses hat durch die Schläge eines Mitschülers eine schwere Augenverletzung davongetragen. Das Gericht bejahte in diesem Fall eine vorsätzliche Verletzungshandlung. Problematisch war jedoch die Beurteilung über den Vorsatz hinsichtlich der Folgen der Verletzung. Die Richter nahmen nicht an, dass der Schüler die gesundheitlichen Folgen durch die Schläge auf das Auge nicht beabsichtigt hat, sie beurteilten im Rahmen der Bemessung des Schmerzensgeldes jedoch die ausgeübte Wut in Form der Schläge.

Es gibt allerdings eine weitere Einschränkung für kleinere Kinder. Denn vor Vollendung des siebenten Lebensjahres ist ein Kind gem § 828 Abs. 1 BGB für den Schaden, den es einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Ein solcher Schüler ist also auf Grund seines geringen Alters nicht deliktsfähig. Ab Vollendung des siebenten Lebensjahres, ist ein Kind für den Schaden verantwortlich, wenn es bei Begehung des körperlichen Übergriffs die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte. Mit anderen Worten: Das Kind muss nach seiner geistigen Entwicklung imstande sein, das Unrecht seiner Handlung zu erkennen.

Sanktionen der Schule

Es liegt im Ermessen der betroffenen Schule eine Maßnahme gegenüber dem Schüler zu verhängen, der einen anderen Schüler körperlich verletzt hat.

Ausschluss vom Unterricht

Gemäß dem Schulministerium NRW obliegt es der Schulleitung einen Ausschluss vom Unterricht anzuordnen. Ein solcher Ausschluss kann dann gegeben sein, wenn die Schlägerei gegen die Haus- oder Schulordnung verstößt und somit eine Pflichtverletzung des Schülers darstellt. Ein solcher Ausschluss kann bis zu einem Zeitraum von zwei Wochen erfolgen.

Beispielhaft hierfür ist der Vorfall an einer Bielefelder Schule, bei dem ein Streit zwischen zwei Schülern in einer Schlägerei auf dem Pausengelände eskalierte. Dies hatte zur Folge, dass der dort zuständige Schulleiter die Beteiligten, die die Schlägerei anfingen, für einen Tag von der Schule mit einem schriftlichen Verweis suspendierte.

Schulverweis

Ein dauerhafter Verweis von der Schule kann bei einer einmaligen Pflichtverletzung nicht erfolgen. Einem solchen Verweis muss zunächst ein erkennbar schweres und vor allem wiederholtes Fehlverhalten vorausgehen. Erst dann kann über weitere Schritte bezüglich eines dauerhaften Verweises entschieden werden.

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