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Wenn Sie sich einer Brustoperation unterzogen haben und mit dem eingetretenen Ergebnis nicht zufrieden sind, können viele Fragen aufkommen: Bin ich Opfer eines Ärztepfuschs geworden? Wurde ich hinreichend über den Eingriff aufgeklärt? Und wurde dieser ordnungsgemäß durchgeführt? Kann ich für die verpfuschte Brust-OP Schmerzensgeld fordern?
Schadensersatz und Schmerzensgeld bei fehlerhafter Brust-OP
Mit Hilfe der folgenden Merkposten können Sie Fehler in Ihrem Behandlungsgeschehen ausfindig machen. Dies ist die Grundvoraussetzung für die Geltendmachung verschiedener Ersatzansprüche (etwa auf Schadensersatz und Schmerzensgeld) im Arzthaftungsprozess. Bei ästhetischen Eingriffen, wie bei Brustoperationen, treffen den behandelnden Schönheitschirurgen erhöhte Hinweis- und Aufklärungspflichten. Nicht selten säumt der Arzt, seine Pflichten gegenüber dem Patienten zu erfüllen. Ihnen als Patientin wird es nicht leicht fallen, ein Behandlungsfehler des Arztes auf Anhieb zu erkennen. Daher möchten wir einige Konstellationen darstellen, in denen ein Behandlungsfehler bei einer Brust-OP angenommen werden kann.
Typische (Behandlungs-)Fehler bei der kosmetischen Brust-OP
Eingriffe an der weiblichen Brust stellen einen Schwerpunkt der kosmetischen Operationen in Deutschland dar. Wer etwa das Gefühl hat, unter einer zu kleinen Brust zu leiden, kann sich einer Brustvergrößerung (Mammaaugmentation) bzw. einem Brustaufbau (Augmentation) unterziehen. Denkbar ist eine solche Behandlung mittels Implantat oder Eigenfett. Bei zu großer Brust dagegen ist eine Brustverkleinerung (Reduktionsplastik, Mammareduktion) möglich. Und die sog. „Hängebrust“ wird schließlich durch eine Bruststraffung und Lifting behandelt.
Eine immens wichtige Rolle bei all diesen Eingriffen spielt der konkret erteilte Behandlungsauftrag. Dieser richtet sich nach dem von Ihnen mit dem Mediziner oder dem Krankenhaus geschlossenen Behandlungsvertrag und bestimmt das nachfolgende Behandlungsgeschehen maßgeblich. Eine einseitige Änderung durch den Arzt ist nicht möglich. Sollte sich Ihr Operateur doch von der Absprache entfernt haben, liegt ein sog. legitimationsfreier Eingriff vor, mithin ein Behandlungsfehler.
Speziell bei der Bruststraffung (Mastopexie) ist zudem auf das Gewicht der Patientin zu achten. Ein angemessenes Ergebnis kann schließlich nur erzielt werden, wenn das Gewicht zuvor auf ein vernünftiges Maß reduziert wurde. Als vernünftiges Maß ist ein BMI von unter 32 anzusehen. Eingriffe bei einem höheren BMI sind mit höheren Komplikationsraten behaftet und bedingen gleichzeitig eine verminderte Zufriedenheit der Patientinnen mit den Korrekturergebnissen. Weitergehende Voraussetzung für solch korrektive Eingriffe der Körperkontur sind ferner über mehr als sechs Monate stabile Gewichtsverhältnisse nach Erreichen dieses BMI von 32. Sollte Ihr behandelnder Arzt also etwaige Gewichtsveränderungen vor dem Eingriff ignoriert haben, kann ebenfalls von einem Behandlungsfehler ausgegangen werden.
Hinreichende Zuwartezeit bei einer Revisions-Brust-OP
Besonderheiten ergeben sich, wenn Sie das für sich unbefriedigende Ergebnis einer kosmetisch-chirurgischen Operation durch einen Revisionseingriff korrigieren wollen. Eine solche „Zweitoperation“ ist behandlungsfehlerhaft, wenn nicht wenigstens eine bestimmte Zeitspanne vor dem erneuten Eingriff zugewartet wird. Diese Zuwartezeit ist unter Berücksichtigung patientenindividueller und operationsgebender Faktoren zu bestimmen. Allgemein gilt: Je mehr Vor-OPs im Behandlungsgebiet stattgefunden haben, desto länger die Zuwartezeit. Denn das Komplikationsrisiko steigt mit jeder Revisionsoperation. In keinem Fall sollten Sie sich allerdings „hinter dem Zeitfenster zur Revision“ verstecken und versuchen, somit dem Problem aus dem Weg zu gehen. Ist die Indikation zur Revision gestellt, sollten Sie zeitnah – unter Berücksichtigung der oben genannten Vorgaben – nach einem geeigneten Termin suchen.
Aufklärung vor der kosmetischen Brust-OP
Neben dem Eingriff selber spielt auch die vorherige Aufklärung der Patientin eine zentrale Rolle im Behandlungsgeschehen. Sinn und Zweck der ärztlichen Aufklärung über die Risiken des bevorstehenden Eingriffs ist es dabei, Ihnen als Patientin, die selbst bestimmen darf und soll, ob sie sich einer Operation unterziehen will, die für ihre Entscheidung notwendigen Fakten in einer für den medizinischen Laien verständlichen Form mitzuteilen. Erst derart informiert können Sie eigenverantwortlich das Für und Wider abwägen. Eine den ärztlichen Heileingriff rechtfertigende Einwilligung setzt daher voraus, dass Sie als Patientin über den Verlauf des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche echte Behandlungsalternativen aufgeklärt worden sind (BGH, Urteil vom 07.02.1984, VI ZR 174/82).
Je weniger ein ärztlicher Eingriff allerdings medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher ist die Patientin, der dieser Eingriff angeraten wird oder den sie selbst wüscht, über dessen Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen zu informieren. Bei lediglich kosmetisch indizierten Operationen sind also besonders hohe Anforderungen an die stattzufindende Aufklärung zu stellen. Denn dieser Eingriff dient in der Regel eben nicht der Heilung eines körperlichen Leidens, sondern eines psychischen und ästhetischen Bedürfnisses der Patientin.
Insbesondere besteht bei einer Brust-OP Ihnen als Patientin gegenüber die Pflicht zur Mäßigung der Erwartungshaltung im Rahmen der präoperativen Aufklärung. Kann das von einer Patientin ins Auge gefasste Ergebnis einer Brustoperation objektiv nicht erreicht werden, so ist darüber deutlich und unmissverständlich aufzuklären (LG München I, Urteil vom 31.07.2013, 9 O 25313/11). Wenn die Patientin beispielsweise eine kleine, straffe Brust und wenig Narbenbildung erwartet, so muss – falls dies nur bei größeren Implantaten möglich wäre – von Behandlerseite der Hinweis erfolgen, dass dieses Ergebnis nicht erfüllbar sein wird.
Schönheitschirurg darf bei psychischen Selbstwahrnehmungsstörungen Patient nicht operieren
Bei der Aufklärung darf der Arzt zudem Anzeichen möglicher psychischer Störungen nicht ignorieren. Untersuchungen bestätigen, dass lediglich ein Drittel der Patienten/-innen realistische Vorstellungen hinsichtlich des Ergebnisses eines ästhetischen Eingriffs haben. Der andere Teil hat gravierend unrealistische Erwartungen oder weist eine emotionale Labilität auf. Leiden Sie unter einer solchen Selbstwahrnehmungsstörung, dürfen bzw. durften Sie ohne weiteres gar nicht behandelt werden. Ursache des Leidens ist dann nämlich weniger ein objektivierbares funktionelles oder kosmetisches Problem als eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers. Eine solche körperdysmorphe Störung kann mit kognitiver Verhaltenstherapie behandelt werden. Die Korrektur des vermeintlichen körperlichen Defekts bewirkt dagegen in der Regel keine Besserung und sogar eher eine Verschlechterung der zugrunde liegenden Beschwerden.
Neben der medizinischen Kompetenz muss ein verantwortungsvoller Arzt folglich auch psychologische, soziale und ethische Aspekte bei der Indikation berücksichtigen. Wenn Ihr Arzt es nun aber unterlassen hat, Anamnese, Klinik und Befundhistorik zu berücksichtigen, die eine psychische Erkrankung ausweisen, ist ein grober Behandlungsfehler gegeben. Es reichen bereits geringe Anzeichen eines tieferliegenden psychologischen Problems, um Kontraindikationen zur Durchführung der Schönheitsoperation erwachsen zu lassen (BGH, Urteil vom 15.12.2015, VI ZR 557/15).
Spezielle Aufklärung vor Brustverkleinerungsmaßnahmen
Besonders umfangreich aufgeklärt werden müssen Sie als Patientin zudem vor einer Brustreduktion. In den Leitlinien der Vereinigung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen DGPRÄC zur Makromastie ist festgehalten, dass eine Brust ab Cup C das Normmaß überschreitet und (unter bestehenden psychischen oder physischen Beeinträchtigungen) stets die Indikation zur Verkleinerung um zwei BH-Cup-Größen auf Normalmaß von Größe B bis C bedingt. Solche Brustverkleinerungsmaßnahmen gehen mit einem Mindestreduktionsgewicht von 500 Gramm pro Seite einher. Wurde Ihnen dieser Umstand vor dem Eingriff verschwiegen, ist ein Aufklärungsfehler gegeben.
Ansprüche bei Fehlern: Der Arzthaftungsprozess bei der fehlerhaften Brust-OP
Finden sich nun in Ihrem Behandlungsgeschehen Behandlungs- und/oder Aufklärungsfehler, können daraus verschiedene Ansprüche erwachsen.
- Zunächst können Sie einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Dieser erfasst etwa Eigenanteile an den Operationskosten, Fahrtkosten, Kosten für eine etwaige Revisionsoperation und den sog. Haushaltsführungsschaden. Letzterer ist der Schaden, der Ihnen entsteht, weil sie ihren Haushalt oder den der gesamten Familie nur noch teilweise oder gar nicht mehr führen können, also die Hausarbeit nicht mehr erledigen können. Geht es dabei um tatsächlich angefallene Auslagen etwa für eine beauftragte Haushaltshilfe, genügt es, dem Gericht die Rechnungen dafür vorzulegen. Ein bloß fiktiver Haushaltsführungsschaden dagegen lässt sich nur schätzen. Zumeist wird dafür die Tabelle nach Schulz-Borck/Pardey herangezogen. Dabei handelt es sich um eine Aufstellung von erforderlichen Stunden für gewisse Tätigkeiten in einem Haushalt je nach Anzahl der zusammenlebenden Personen.
- Immaterielle Schäden resultierend aus den durch die Operation hervorgerufenen Einschränkungen wie Atembeeinträchtigungen, Schlafstörungen, psychische und physische Labilität können daneben einen Schmerzensgeldanspruch begründen. Dieser ist in hohem Maße abhängig von den konkreten Faktoren Ihres Einzelfalls, wie dem Ihrem Alter zum Zeitpunkt des Eingriffs und den genauen Folgen der Operation.
- Schäden, die man bei einer Brust-OP nicht abschließend berechnen kann, etwa weil sich der (Spät-)Schaden noch in der Entwicklung befindet und eine konkrete Bezifferung deshalb nicht möglich ist, werden mit einem Feststellungsantrag verfolgt. Der Feststellungsantrag kann für Schäden aus der Vergangenheit, aber auch künftige Schäden zulässig sein.
Die genannten Ansprüche können Sie als Opfer einer verpfuschten Brust-OP unter Beachtung der folgenden Schritte geltend machen:
- Wenn Sie glauben, Opfer eines Ärztepfuschs geworden zu sein, sollten Sie zuerst ihre Behandlungsunterlagen anfordern. Sie haben einen Anspruch darauf, die Dokumentation einzusehen und Kopien zu bekommen. Das gilt für Befunde, Laborwerte oder Untersuchungsergebnisse und Aufzeichnungen über Medikamentengaben, OP-Berichte und Arztbriefe. Dieses Recht ergibt sich aus § 630g BGB.
- Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, rufen Sie diese einmal an und fragen Sie die Versicherung, ob diese die Kosten des Verfahrens übernehmen wird. Die meisten Rechtsschutzversicherungen tragen die Kosten der Auseinandersetzung mit dem Schönheitschirurgen.
- Sollten Sie sich dann für die Einholung von Rechtsrat entscheiden, wird der beauftragte Rechtsanwalt zunächst alle behandelnden Ärzte im Namen des Patienten von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden und im Rahmen einer Mandatsanzeige um Einsicht in die vollständigen Behandlungsunterlagen bitten.
- Anschließend folgen die genaue Auswertung des Behandlungsgeschehens und die Suche nach Behandlungs- und/oder Aufklärungsfehlern. Ist diese Suche erfolgreich, wird zunächst der Versuch einer außerprozessualen Regulierung mit der Haftpflichtversicherung des Chirurgen unternommen. Dafür werden die beschriebenen Ansprüche unter Fristsetzung geltend gemacht.
- Gelingt die außerprozessuale Einigung nicht, stellt die Klage zum zuständigen Gericht die letzte Möglichkeit dar. Nun läuft der sog. Arzthaftungsprozess ab. Im Mittelpunkt steht hier in der Regel die Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens als Beweismittel.