Patient verklagt Arzt – Ablauf Arzthaftungsprozess Arzthaftung

Patient verklagt Arzt – Ablauf Arzthaftungsprozess

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Patienten reagieren mit Klagen auf ärztliche Behandlungsfehler

Klage gegen Arzt
Wenn Patienten ihre Ärzte verklagen

Täglich erfahren Patienten in Deutschland medizinische Hilfe. Doch nicht immer wird ein Arzt dem Bedürfnis seines Patienten gerecht. Gelegentlich kommt es zu ärztlichen Fehlbehandlungen. Eine Schätzung auf dem Internetauftritt des Bundesministeriums für Gesundheit geht von bis zu 170.000 Behandlungsfehlern im Jahr aus. Die Jahresstatistik 2013 zur Behandlungsfehler-Begutachtung der Gemeinschaft der Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen erfasst ganze 14.585 Verdachtsfälle auf ärztliche Behandlungsfehler. Dabei dürfte die Dunkelziffer von in Deutschland begangenen Behandlungsfehlern weit höher liegen. Das geht damit einher, dass Patienten sich häufig außer Stande sehen, Behandlungsfehler zu erkennen. Außerdem wissen viele Patienten gar nicht, wie sie sich verhalten sollen oder an wen sie sich wenden können, wenn sich ein Behandlungsfehlerverdacht erhärtet. Demgegenüber gibt es aber eine wachsende Zahl Patienten, die nach einem Behandlungsfehler ihren Arzt in Anspruch nehmen. Immer wieder begleiten wir Patienten in Verfahren gegen Ärzte, denen durch den Patient ein Behandlungsfehler nachgesagt wird. Wie man sich als Patient ein solches Verfahren vorstellen kann, möchte dieser Artiekl aufzeigen.

Das Arzthaftungsverfahren in der Praxis

Wie verläuft eigentlich ein Arzthaftungsprozess und was gilt es dabei für den Patienten zu beachten?

1. Schritt: Patientenakte anfordern

Der Patient hat ein Recht auf Einsicht in seine Patientenakte. Verstirbt der Patienten, so fällt den Erben sowie auch den nächsten Angehörigen des Patienten selbiges Recht zu.

Checkliste – Wie komme ich an meine Patientenakte?

Die Einsichtnahme in die Patientenunterlagen und worauf Patienten bei der Aufforderung zur Einsicht gegenüber Arzt oder Krankenhaus achten sollten.

  • Sie sollten Ihr Recht auf Einsichtnahme der Patientenakte schriftlich ausformulieren und als Einschreiben Brief an den Arzt übersenden.
  • Es empfiehlt sich ferner, dem Arzt eine Frist zur Herausgabe der Akte zu setzen. Angemessen erscheint ein Zeitraum von 2-3 Wochen. Der Gesetzgeber verlangt vom Arzt, dass dieser dem Verlangen des Patienten unverzüglich
  • Sie sollten in dem Brief an den Arzt ausdrücklich um die Überlassung einer elektronischen Abschrift der Patientenakte bitten. Andernfalls könnte es sein, dass der Arzt Ihnen die Einsichtnahme in den Praxisräumen gewährt oder hohe Kopierkosten verlangt. Zwar fallen auch bei der Erstellung eines digitalen Datenträgers Kosten an, diese fallen aber regelmäßig geringer aus, als die Kosten für physische Kopien.
  • In dem Aufforderungsschreiben sollten Sie der die Vollständigkeit der Ihnen überlassenen Abschrift der Patientenakte bestehen.
  • Sie können das Recht auf Akteneinsicht auch einem Dritten übertragen (z.B. den Eltern oder einem Rechtsanwalt). Hierzu müssen Sie als Patient dem Dritten lediglich eine schriftliche Vollmacht sowie eine Schweigepflichtentbindungserklärung überlassen.
  • Besonderheiten gibt es, wenn Sie als Erbe oder naher Angehöriger die Einsichtnahme in die Patientenakte des Verstorbenen erwünschen. Sollte eine Patientenverfügung bzw. letztwillige Verfügung existieren, aus der sich die Einwilligung in die Einsichtnahme in die eigene Patientenakte durch die Erben/Angehörigen ergibt, so sollten Sie eine Kopie der Verfügung dem Akteneinsichtsgesuch beifügen.

Tipp zur Einsichtnahme in die Krankenakte

Wird der Aufforderung zur Gewährung der Einsichtnahme in die Patientenakte nicht (oder nicht hinreichend) gefolgt, so kann der Patient sein Recht auf Überlassung der Patientenunterlagen auch klagweise einfordern.

2. Schritt: Informationen sammeln, Konfrontation mit Arzt vermeiden

Wer glaubt, ein Arzt habe eine falsche Behandlung vollzogen und die eigene Gesundheit geschädigt, neigt verständlicherweise zu emotionalen Reaktionen. Der geschädigte Patient sollte es aber tunlichst unterlassen, den Arzt oder das Krankenhaus übereilt mit dem Vorwurf des Behandlungsfehlers zu konfrontieren. Ein solcher Konfrontationskurs birgt erhebliche Nachteile und ist dem Patienteninteresse wenig zweckdienlich. Es steht nämlich nicht zu erwarten, dass sich die behandelnde Seite einen Fehler eingesteht.

Stattdessen sollte der Patient möglichst alle ihm gegebenen Informationsquellen nutzen, um in Erfahrung zu bringen, ob und inwieweit sich sein Behandlungsfehlerverdacht erhärtet.

Als hilfreich können sich insoweit Gespräche mit dem eigenen Hausarzt oder der Krankenversicherung erweisen. Auch das Internet bietet mittlerweile einen unschätzbaren Fundus an medizinischen Informationen.

Uneingeschränkt empfehlenswert ist das Aufsuchen eines mit Arzthaftungsangelegenheiten betrauten Rechtsanwalts, um sich beraten zu lassen. Im Gegensatz zum Hausarzt oder der Krankenversicherung vermag allein der Rechtsanwalt ein zugrundeliegendes Behandlungsgeschehen umfassend einer rechtlichen Wertung zu unterziehen. Allerdings wird der Rechtsanwalt für seine Dienstleitung ein Honorar verlangen.

Tipp zu den Rechtsanwaltskosten

Daher sollte der Patient vor dem ersten Gespräch mit dem Anwalt die Kosten der Beratung abklären. Denn bereits die anwaltliche Erstberatung kann ggü. dem Verbraucher mit 249,90 € inkl. MwSt. und Auslagenpauschale zu Buche schlagen.

Tipp für finanzschwache Patienten

Was tun, wenn man die Kosten des Anwalts nicht aufbringen kann? Auch für Patienten aus einkommensschwächeren Haushalten gibt es freilich Mittel und Wege, um sich einen rechtlichen Beistand in Arzthaftungsangelegenheiten zu verschaffen. Welche Möglichkeiten finanziell benachteiligte Patienten haben und welche Kosten eine Erstberatung durch unsere Kanzlei auslöst, lesen Sie im Kapitel „Finanzierung des Arzthaftungsprozesses“.

3. Schritt: Anwaltliche Bewertung des ärztlichen Behandlungsgeschehens

Viele Verbraucher waren noch nie bei einem Rechtsanwalt – geschweige denn bei einem Patientenanwalt. Was erwartet den Patienten beim Rechtsanwalt?

Selbstredend können wir nicht für andere Kanzleien sprechen. Wir möchten Ihnen daher einmal den gewöhnlichen Ablauf eines Arzthaftungsmandats in unserem Büro darstellen.

Patientenakte im Beratungsgespräch

In einer ausführlichen Vorbesprechung in unseren Kanzleiräumen erörtern Sie mit Ihrem Rechtsanwalt den sich zugetragenen Sachverhalt. Es empfiehlt sich, dem Anwalt bereits in diesem ersten Gespräch die Patientenakte oder aber die bei Ihnen verbliebenen Auszüge aus den Patientenunterlagen vorzulegen.

Um die Umstände der ärztlichen Behandlung, des Verfahrensstandes sowie die daraus resultierenden Schäden präzise und detailliert erfassen zu können, überlassen wir unseren Mandanten einen Fragebogen. Dieser wird nach dem vollständigen Ausfüllen ausgewertet, um eine Behandlungschronik zu erstellen und die behandelnden Ärzte zu erfassen sowie deren Einstandspflicht zu prüfen. Ferner vermittelt uns die Auswertung des Fragebogens einen groben Überblick über die entstandenen Beeinträchtigungen und Schäden. Einer konkreten Bezifferung aller Schadenspositionen bedarf es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Allerdings ist ein grober Kostenüberblick nicht zuletzt auch für Berechnung der Verfahrenskosten unabdingbar.

Insoweit werden Ihnen bereits in diesem ersten Gespräch auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung dargelegt. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben. Im Kostengespräch wird auch eruiert, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Patienten die Gewährung von Beratungshilfe rechtfertigen. Weitergehende Ausführung zu diesem Thema entnehmen Sie bitte dem Kapitel „Finanzierung des Arzthaftungsprozesses“.

Soweit eine Sichtung und Bewertung der vollständigen Patientenakte zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgenommen wurde, erfolgt diese im Nachgang auf die Erstbesprechung. Soweit der Patient uns mit der Einsichtnahme in die Patientenakte betrauen möchte, hat er die Ärzte von deren Schweigepflicht uns gegenüber zu entbinden. Hierzu unterzeichnen Sie uns eine von unserem Büro vorgefertigte Schweigepflichtsentbindungserklärung. Vielfach genügt es nicht, allein die Behandlungsunterlagen des möglicherweise sorgfaltswidrig handelnden Arztes beizuziehen. Daher erstreckt sich das on uns vorbereitete Formular zur Schweigepflichtsentbindung auch auf vor-, neben- und nachbehandelnden Ärzte und Zahnärzte sowie Angehörige anderer Heilberufe samt deren Bediensteten und ferner den Bediensteten von Krankenanstalten und Behörden.

Liegen alle erforderlichen Patientenunterlagen vollständig vor, kann mit der Auswertung der Unterlagen begonnen werden. Unsere Kanzlei greift hierzu auf die Unterstützung unabhängiger medizinischer Sachverständiger aus den entsprechenden Fachbereichen zurück. Durch die enge Zusammenarbeit der uns mitunter bereits seit vielen Jahren beratend zur Seite stehenden Mediziner, ist es uns möglich, bereits im Vorfeld eines langwierigen gerichtlichen Verfahrens an eine umfassende medizinischen Einschätzung zu gelangen.

Im Anschluss an die medizinische Bewertung, erfolgt die rechtliche Bewertung der erfolgten Behandlung samt abschließender Besprechung mit unseren Rechtsanwälten. In dieser Besprechung werden neben den Erfolgsaussichten auch die Risiken der weitergehenden Verfahrensschritte dargelegt. Rechtsschutzversicherte Mandanten werden für die Korrespondenzbelange des Rechtsschutzversicherers sensibilisiert.

4. Schritt: Außergerichtliche Regulierungsbemühungen

Erhärtet sich der Verdacht eines Behandlungsfehlers, so werden wir dem behandelnden Arzt (bzw. den behandelnden Ärzten) auf Verlagen des Patienten die gewonnenen Erkenntnisse übermitteln und die dem Mandanten zufallenden Ansprüche für diesen geltend machen. In dem anwaltlichen Schriftsatz werden wir für den Patienten auch die Erstattung von entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Für die Einlassung hinsichtlich der Schadensregulierung und/oder die Anerkennung der geltend gemachten Ansprüche wird dem Arzt eine angemessene Frist gesetzt. In aller Regel schaltet sich innerhalb der gesetzten Frist auch die Haftpflichtversicherung des Arztes in die Regulierungsgespräche ein. Droht eine Verjährung der angemeldeten Ansprüche, so wird von der behandelnden Seite verlangt, fristgetreu eine Verzichtserklärung hinsichtlich der Erhebung der Einrede der Verjährung abzugeben.

Soweit sich auf das anwaltliche Forderungsschreiben eine Einigung anbahnt, sollten die Bedingungen eines Vergleichs gründlich erwogen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn etwaige Spätschäden nicht ausgeschlossen werden können. Denn der außergerichtliche Vergleich stellt regelmäßig eine abschließende Regelung dar. Treten nach dem Vergleich beim Patienten Beeinträchtigungen auf, die auf die Fehlbehandlung zurückzuführen sind, so bleiben dem Patient sowohl die weitere Verfolgung dieser Ansprüche als auch Nachverhandlungen mit dem Arzt verwehrt, soweit der Vergleich keine Vereinbarung hinsichtlich künftiger immaterieller oder materieller Folgeschäden enthält.

5. Schritt: Klage gegen den Arzt – der Arzthaftungsprozess in der Praxis

Soweit eine Einigung im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz ausbleibt, gilt es die zivilrechtlichen Ansprüche im Klageverfahren anzumelden. Besonderheiten in Bezug auf das örtlich anzurufende Gericht ergeben sich, wenn etwa eine telefonische Fehlberatung des Arztes erfolgt oder ein Behandlungsgeschehen vorliegt, in dem ein Patient einer längeren Behandlung durch verschiedene Praxen in unterschiedlichen Gerichtsbezirken unterstand. Sachlich sind erstinstanzlich zumeist die bei Streitwerten von über 5.000 € anzurufenden Landgerichte zuständig, da der Gegenstand arzthaftungsrechtlicher Ansprüche diese Summe regelmäßig übersteigt.

In zivilrechtlichen Verfahren ist es üblich, dass Gerichte zunächst einen Termin zu einer Güteverhandlung bestimmen. In der Güteverhandlung wird zunächst der Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände erörtert. Dies ist in Arzthaftungsprozessen etwas anders. Zumeist sieht sich das Gericht gehalten, zunächst einen Beweisbeschluss zu erlassen, in welchem das Gericht die streitgegenständlichen Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, konkret bestimmt. Sodann wird ein gerichtlich bestellter Sachverständiger mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Beweisfragen betraut. Der Sachverständige muss die notwendige Fachkunde in dem medizinischen Sachgebiet aufweisen, in welches der Eingriff fällt. Für unsere Mandanten fordern wir insoweit das Vorliegen einer absolvierten Facharztweiterbildung in dem jeweiligen klinischen Fachgebiet.

Schließlich ist die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen nicht selten maßgeblich für den Ausgang des Prozesses. Allerdings muss das Gericht sich auch mit einem im Prozess vorgelegten Privatgutachten hinreichend auseinandersetzen. Es darf nicht wahllos dem gerichtlich eingeholten Gutachten folgen.

Das Gutachten im Arzthaftungsprozess

Das Gutachten ergeht schriftlich (mündliche Gutachten dürften nach Auffassung des OLG Hamm aus dem Urteil vom 30.01.2015 zum Aktenzeichen 26 U 5/14 in Arzthaftungsprozessen, in dem typischerweise ein Informationsgefälle zwischen der ärztlichen Seite und dem Patienten herrscht, nicht geeignet sein, für ein faires Verfahren zu sorgen). Auf Antrag einer Partei kann der Sachverständige jedoch zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens auch zum Termin geladen werden.

Nach der Einholung des Gutachtens wird das Gericht im Verhandlungstermin vorab seine Rechtsauffassung darlegen und den Versuch anstrengen, eine gütliche Beilegung im Rahmen eines Vergleiches anzuregen. Kann auch gerichtlich keine Einigung erzielt werden, wird das Gericht unter Berücksichtigung aller Vorträge und den geltenden Beweislastregelungen ein Urteil sprechen. Es kann allerdings auch vorkommen, dass das Gericht zur Feststellung der Höhe des zu titulierenden Schadens des Patienten auch einen erneuten Beweisbeschluss erlässt.

Jedem aufmerksamen Leser sollte spätestens jetzt bewusst sein, dass Arzthaftungsprozesse langwidrige Verfahren sind, die dem Geschädigten viel Geduld abverlangen. Unsere Kanzlei ist sich dessen stets bewusst und als Interessenvertreter des Patienten bemühen wir uns in jeder Verfahrenslage, dem Mandanten die komplizierten Vorgänge verständlich zu machen.

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