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Sie haben eine Fettabsaugung vornehmen lassen und leiden jetzt unter den Folgen einer fehlerhaften Behandlung? Ob und welche Ansprüche Sie gegen den behandelnden Arzt haben und wie Sie etwa Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Häufige Gesundheitsschäden nach einer Fettabsaugung
Welche Gesundheitsschäden sind häufig nach einer Fettabsaugung vorzunehmen?
- Nervenverletzung oder Verletzung von Blutgefäßen
- Infektionskrankheiten
- Thrombose
- Wundheilungsstörungen
- Nachblutungen
- Schwellungen
- Narbenbildung
- Blutergüsse
- Gefühlsstörungen / Taubheitsgefühl / Missempfindungen an den behandelten Stellen
- Flüssigkeitsverlust (bei größeren Umfängen)
- Verstopfung der Lungengefäße durch gelöste Fettpartikel (Fettembolie)
- Ansammlung von Lymph- und/ oder Gewebeflüssigkeit (Serombildung)
- Verletzung innerer Organe aufgrund von Schwachstellen in der Bauchdecke
- Teilweises Absterben des Fettgewebes aufgrund von Entzündungen (Fettgewebsnekrose)
- Deutlicher sichtbare Venen und Besenreiser aufgrund der Ausdünnung des Fettgewebes
- Hautunregelmäßigkeiten / Dellen (v.a. bei geringer Elastizität der Haut)
- Ödeme, Hämatome, Dysästhesien, Hypästhesien, Narbenbildung
Behandlungsvertrag und Facharztstandard
Jedem ärztlichen Eingriff liegt ein sog. Behandlungsvertrag zugrunde. Die vertraglichen Pflichten eines solchen Behandlungsvertrages ergeben sich aus § 630a BGB.
Demnach ist der Patient zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter, wie zum Beispiel die Krankenversicherung zur Zahlung verpflichtet ist. Im Rahmen einer rein ästhetischen Fettabsaugung haben Sie als Patient in der Regel die Kosten selbst zu tragen.
Schauen Sie einmal in Ihren Behandlungsvertrag. Dort sollte konkret die Liposuktion oder Lipoaspiration sowie die zu behandelnden Körperpartien dargestellt sein. Daneben sollte bei einer Absaugung eines Lipödems die jeweilige Behandlungsmethode auch im behandlungsvertrag niedergeschlagen sein. Hier gibt es die Tumeszenz-Lokalanästhesie, die Wasserstrahl-assistierte Liposuktion sowie die WAL nach Dr. Stutz.
Der behandelnde Chirurg ist zur Leistung der versprochenen Behandlung verpflichtet. Dabei hat die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen. Die jeweiligen fachlichen Standards können unter anderem ärztlichen Leitlinien entnommen werden. Bei der Liposuktion kann man sich beispielsweise an der „GÄCD Leitlinie zur Liposuktion“ orientieren.
Keine Fettabsaugung bei starkem Übergewicht
Ästhetische Eingriffe werden ohne medizinische Indikation durchgeführt. Sie sind medizinisch nicht notwendig. Die Indikation richtet sich bei der Fettabsaugung nach dem Wunsch des Patienten.
Allerdings muss der Arzt den Patienten auf Kontraindikationen hinweisen. Die Liposuktion darf nicht durchgeführt werden, wenn eine Allergie auf einen Inhaltsstoff der Tumeszenz-Lösung vorliegt, der Patient eine Blutgerinnungsstörung hat oder eine Körperwahrnehmungsstörung (Dysmorphophobie) vorliegt.
Auch ist bei stark übergewichtigen Patienten zunächst auf die Erreichung eines angemessenen BMI hinzuwirken. Oftmals streben stark übergewichtige Menschen eine Liposuktion mit der Erwartung an, dadurch abzunehmen und ein positiveres Gefühl bei dem Blick in den Spiegel zu bekommen. Allerdings sollte gerade Patienten mit einem zu hohen Bodymaßindex von einer Fettabsaugung abgeraten werden.
Die Fettabsaugung ist zur Entfernung und Verkleinerung von örtlich begrenzten Fettgewebsdepots angezeigt. Diese umfasst die kosmetische Entfernung lokal begrenzter Fettgewebsvermehrungen im Bereich des Kopfes und Halses, des Stammes und der Extremitäten. Die Indikation der Fettabsaugung zur Gewichtsabnahme besteht nicht. Fettabsaugung kann Diät und Sport nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen!
GÄCD Leitlinien zur Liposuktion
Denn das Ausmaß der Fettabsaugung ist durch den Verlust von Körperflüssigkeit sowie Blutbestandteilen begrenzt. Eine angemessene Menge von Fett, die während der Liposuktion entfernt werden kann, sollte 5 Kilogramm Fett bzw. 5.000 ml nicht überschreiten.
Da bei stark übergewichtigen Patienten eine Fettabsaugung in diesen Bereichen optisch kaum auffallen würde, würde das Ergebnis die Patienten nicht befriedigen und ist daher nicht indiziert.
Zudem besteht das Risiko, dass der Patient, der nach der Liposuktion sein Körpergewicht reduziert, im Behandlungsbereich eine unausgewogene Körperfettverteilung, Dellen oder eine unnatürliche Formgebung zu beklagen hat.
Vorerkrankungen können eine Fettabsaugung verbieten
Neben den Einschränkungen in der Empfehlung zugunsten der Fettabsaugung bei starkem Übergewicht können auch Vorerkrankungen, Allergien, Leber- und Nierenschäden, Herz-Lungen-Erkrankungen etc. eine Kontraindikation anzeigen.
Generell hat der Arzt den Patienten vor dem Eingriff gründlich auf solche körperlichen Beschwerden zu untersuchen. Entsprechende Vorerkrankungen oder Kontraindikationen sind in der Behandlungsdokumentation zu erfassen und gewissenhaft mit dem Patienten zu besprechen.
Psychische Erkrankungen und Alter können der Fettabsaugung entgegenstehen
Aber nicht nur körperliche Beschwerden sind bei der Kontraindikation der Fettabsaugung zu beachten. Gerade bei diesem Thema sind psychische Störungen oder Erkrankungen ein Indiz für eine Kontraindikation. Oftmals haben Patienten in diesem Fall sehr überhöhte Erwartungshaltungen, die hier von den Ärzten korrigiert werden müssen.
Zudem kann das Alter einer Indikation entgegenstehen. Bei älteren Personen (etwa ab Vollendung des 50. Lebensjahres) ist die Liposuktion oftmals nicht das Mittel der Wahl. In vielen Fällen kann eine kombinierte Diät mit anschließender Hautstraffung der Fettabsaugung vorzuziehen sein.
Jedoch gibt es nicht nur eine Obergrenze des Alters. Auch bei zu jungen Patienten ist eine Liposuktion oftmals untersagt. Außerdem ist bei minderjährigen Patienten zu beachten, dass vor dem Eingriff die Einwilligung der Eltern eingeholt werden muss, diese müssen auch bei den Aufklärungsgesprächen teilnehmen.
Aufklärungsfehler bei der Fettabsaugung
Vor jedem ärztlichen Eingriff ist der Patient über den Eingriff, über die Erfolgsaussichten, etwaige Behandlungsalternativen sowie über die Risiken des Eingriffs aufzuklären.
Da jeder operative Eingriff eine Körperverletzung darstellt, ist diese Aufklärung insbesondere für die Einwilligung des Patienten in den Eingriff von großer Bedeutung.
Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insb. Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie.
[…] Die Aufklärung muss für den Patienten auch verständlich sein.
§ 630e Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 2 Nr. 3 BGB
Gerade bei ästhetischen Eingriffen, die medizinisch nicht notwendig sind, sind an die Aufklärung besonders hohe Anforderungen zu stellen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und des erkennenden Senats ist der behandelnde Arzt vor einem vorgesehenen Eingriff zu einer sog. Grundaufklärung verpflichtet, bei der dem Patienten ein zutreffender Eindruck von der Schwere des Eingriffs und den damit – auch für die spätere Lebensführung – verbleibenden Belastungen vermittelt werden muss. Dabei ist anerkannt, dass ein Patient umso ausführlicher und erdringlicher über die Erfolgsaussichten eines Eingriffs und etwaiger schädlichen Folgen zu informieren ist, über die Erfolgsaussichten eines Eingriffs und etwaiger schädlicher Folgen zu informieren ist, je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, was im besonderen Maße für kosmetische Operationen gilt, die – wie hier – nicht medizinisch indiziert sind, sondern in erster Linie einem ästhetischen Bedürfnis des Patienten entsprechen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.03.2003, 8 U 18/02
Bei der Aufklärung hinsichtlich der Liposuktion muss insbesondere auf folgende Aspekte hingewiesen werden:
- Ausführliche Aufklärung hinsichtlich des Ablaufs des Eingriffs, der Risiken, der Nachsorge etc.
- Aufzeigen etwaiger alternativen Behandlungsmethoden (insb. konservative Therapie wie Sport, Anpassung der Ernährung, Kompressionsstrümpfe z.B. bei Lipödem)
- Einholung des Einverständnisses des Patienten (bei Minderjährigen zusätzlich des Einverständnisses der Eltern)
- Vor dem Eingriff muss eine exakte körperliche Untersuchung des Patienten stattfinden
- Im Rahmen dieser Untersuchung erfolgt regelmäßig eine exakte präoperative Fotodokumentation
- Fragen nach etwaigen Vorerkrankungen
- Aufklärung über die Erfolgsaussichten des Eingriffs
Fehler beim eigentlichen Eingriff
Nicht nur bei der Aufklärung können dem behandelnden Arzt Fehler unterlaufen.
Gerade dann, wenn eine medizinische Behandlung nicht nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards erfolgt, kann ein Behandlungsfehler vorliegen.
Der allgemein anerkannte fachliche Standard bei der Liposuktion ist die Tumeszenstechnik. Bei dieser Technik wird das Fettgewebe zunächst mit einer Kochsalzlösung aufgeschwemmt. Dadurch werden die Fettzellen so weit ausgedehnt, dass sie anschließend abgesaugt werden können.
Während des Eingriffs wird das Ausmaß der Blutung während und die Schwellungen nach der Operation durch eine Lokalanästhesie vermindert. Dabei empfehlen die Leitlinien als Lokalanästhetikum Lidocain, Prilocain und Artecain.
Sollte dem Arzt im Rahmen des Eingriffs ein Fehler unterlaufen, kann dieser schnell gravierende Auswirkungen für den Patienten haben.
Beachten Sie: Grundsätzlich liegt die Beweislast bei dem Patienten. Das heißt, dass Sie beweisen müssen, dass der Arzt nicht nach dem fachärztlichen Standard gehandelt hat. Aber im Fall eines groben Behandlungsfehlers tritt eine Beweislastumkehr ein. Ein Behandlungsfehler ist als grob zu bewerten, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche oder Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.
Fehler bei der Nachsorge
Neben dem Aufklärungsfehler oder dem Fehler beim Eingriff kann auch eine fehlerhafte Nachsorge etwaige Ansprüche gegen den behandelnden Arzt begründen.
So muss der Arzt bei der Nachsorgeaufklärung darauf hinweisen, dass der Patient bei der fettabsaugung am Bein für 6 bis 8 Wochen Kompressionsmieder tragen muss (vgl. GÄCD-Leitlinien zur Liposuktion). Denn durch die Kompressionskleidung wird verhindert, dass sich in den Tunneln, die durch die Fettabsaugung entstanden sind, keine Flüssigkeiten ansammeln können.
Was sollten Sie tun, wenn Sie Patient einen Behandlungsfehler bei der Fettabsaugung vermuten
Wenn Sie vermuten, dass bei Ihnen ein Behandlungsfehler vorliegen könnte, sollten Sie im ersten Schritt die Behandlungsakte bei dem zuständigen Arzt anfordern und durchsehen.
Dabei sollten zunächst geprüft werden, ob diese vollständig ist.
Laut der GÄCD-Leitlinie sollten folgende Aspekte dokumentiert werden:
- Aufklärungsbogen
- Liegt eine Prä- und postoperative Fotodokumentation vor?
- Operationsbericht, insb.:
- Dokumentation der Art und Menge der infundierten Tumeszenzlösung
- Art und Dosierung einschließlich Gesamtdosis der verabreichten Medikamente
- Abgesaugtes Gesamtvolumen
- Angewendete Technik
- Art der Anästhesie
- Behandelte Körperregionen
- Art und Lokalisation von Drainagen
- Schwierigkeiten und Besonderheiten
- Art des postoperativen Verbandes
Welche Ansprüche haben Sie im Falle einer fehlerhaften Fettabsaugung?
Wenn Ihre Fettabsaugung vorwerfbar fehlerhaft verlief, können sie folgende Ansprüche gegen den behandelnden Arzt geltend machen.
Zunächst kommt der Ersatz des materiellen Schadens in Betracht. Dieser umfasst nicht nur Schadensersatz, sondern auch Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, Heilbehandlungskosten und die Erstattung des gezahlten Behandlungshonorars. Damit das ärztliche Honorar aus der Fettabsaugung zurückerstattet verlangt werden kann, muss aber eine besonders grobe Pflichtverletzungen des Arztes vorliegen oder aber der Chirurg muss Sie als Patient fehlerhaft gar nicht oder nicht ordnungsgemäß aufgeklärt haben (OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.02.2012, 5 U 8/08).
Neben dem materiellen Schaden hat der Arzt dem Patienten auch den immateriellen Schaden zu ersetzen, vgl. § 253 BGB.
Wie sollten Sie als Patient diese Ansprüche geltend machen?
Um die oben dargestellten Ansprüche geltend zu machen, sollten Sie zunächst, wenn vorhanden, ihre Rechtsschutzversicherung informieren und eine Deckungszusage (die Versicherung übermittelt Ihnen eine Schadensnummer) anfordern.
Im nächsten Schritt ist es sinnvoll, mit Hilfe eines Patientenanwalts zunächst eine außergerichtliche Einigung anzustreben.
Wenn dies nicht möglich ist, kann im nächsten Schritt das gerichtliche Verfahren durch eine Klageschrift eröffnet werden. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass ein solches gerichtliches Verfahren viel Zeit in Anspruch nehmen und hohe Kosten verursachen kann.
Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens wird der Patient in der Regel von einem Sachverständigen untersucht, der ein medizinisches Gutachten anfertigt. Dieses dient im Verfahren als Beweis.