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Immer wieder werden wir gefragt, ob man Dauerschuldverhältnisse (etwa Mobilfunkverträge, Abonnements etc.) auch per E-Mail kündigen kann. Veranlasst durch eine Kündigung in eigener Sache möchte ich mich dem Thema in der gebotenen Kürze auseinandersetzen.
Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses
Ein Dauerschuldverhältnis ist ein Rechtsgeschäft, das fortwährend wiederkehrende – sich über einen längeren Zeitraum erstreckende – Leistungen zum Inhalt hat. Typische Dauerschuldverhältnisse sind etwa der Arbeitsvertrag, der Wohnraum-Mietvertrag, das Zeitschriften-Abonnement, der Telekommunikationsdienstleistungsvertrag und ähnliche Verträge.
Nach § 126 Abs. 1 BGB ist immer dann, wenn durch Gesetz die schriftliche Form vorgeschrieben ist, im Mindestmaß eine von dem Aussteller eigenhändige Namensunterschrift zu leisten. Selbiges gilt, wenn die Vertragsparteien die schriftliche Form vereinbaren.
Demgetreu ist eine eigenhändige Unterschrift immer dann von Nöten, wenn dies die Vertragsparteien bestimmt haben. In Internetserviceproviderverträgen oder Mobilfunkverträgen geschieht dies meist in den AGB des Verwenders. Hier finden sich nicht selten Bestimmungen wie „Die Erklärungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform“. Findet man solche Klauseln in AGB oder in anderweitigen Vereinbarungen des Vertragspartners, ist man als Leistungsempfänger gut beraten, die Kündigung zu unterschreiben und via Telefax vorab sowie zusätzlich als Einschreiben Brief an den Dienstleister zu übersenden. Schließlich kann die Unterschrift in einer E-Mail nicht so beigebracht werden, wie dies in § 126 Abs. 1 BGB gefordert wird.
Kündigung per E-Mail
Dennoch können Dauerschuldverhältnisse grundsätzlich auch per E-Mail gekündigt werde und zwar dann, wenn § 126 Abs. 1 BGB keine Anwendung findet. Dies ist immer dann anzunehmen,wenn weder das gesetz die Schriftform vorschreibt, noch diese explizit zwischen den Vertragspartnern als Voraussetzung bestimmt wurde. Anknüpfungspunkt ist § 127 Abs. 2 BGB. Hierin heißt es: „Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel.“
Diese Auffassung findet zunehmend auch Zuspruch in der Rechtsprechung. Das OLG München hat etwa mit Urteil vom 26.01.2012 zum Aktenzeichen 23 U 3798/11 die Kündigung eines Handelsvertretervertrages per E-Mail als wirksam angesehen.
In der Entscheidung führt der Senat folgendes aus:
Grundsätzlich kann die Kündigung eines Handelsvertretervertrages formlos, also sogar konkludent erfolgen (Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 89 Rn. 15). Die Parteien können jedoch vertraglich etwas anderes vereinbaren. Dies ist hier der Fall. In § 10 Nr. 1 des Handelsvertretervertrages ist geregelt, dass die ordentliche Kündigung schriftlich zu erfolgen hat. Nach § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB genügt allerdings zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form auch die telekommunikative Übermittlung, soweit kein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist. Danach genügt grundsätzlich auch eine Erklärung per E-Mail, sofern aus der Erklärung erkennbar ist, von wem sie abgegeben wurde (so Ellenberger in Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 127 Rz. 2; Einsele in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2010, § 127 Rz. 10; Jauernig, BGB, 13. Auflage 2009, §127 Anm. b; Wendtland in: Beck´scher Online-Kommentar BGB, § 127 Rz. 4). Soweit in der erstinstanzlichen Rechtsprechung (LG Köln, Urteil vom 07.01.2010, zitiert nach juris Tz. 46) die Ansicht vertreten wird, per E-Mail könne nur eine eingescannte, eigenhändig unterschriebene Erklärung formwirksam nach § 127 Abs. 2 BGB übermittelt werden, vermag der Senat dem nicht zu folgen: Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, dem modernen technischen Standard und der verbreiteten Praxis Rechnung zu tragen. Zugelassen werden sollten daher auch moderne Möglichkeiten der Telekommunikation zur Übermittlung von Nachrichten, die Telegramm oder Telefax ganz oder teilweise verdrängt haben, wie etwa E-Mail oder Computerfax (s. BT-Drucks 14/4987, S. 20). Dem wird die vom LG Köln (aaO.) vertretene Ansicht nicht gerecht. Im Geschäftsverkehr ist es gerade nicht üblich, vor Versendung per E-Mail die Erklärung auszudrucken, handschriftlich zu unterschreiben, einzuscannen und dann zu versenden. Durch ein derartiges Vorgehen wird der Vorteil der E-Mail gegenüber dem Telefax, die einfachere Erstellung und Versendung, zumindest teilweise wieder beseitigt. Auch lässt sich dem Wortlaut von § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entnehmen, dass ein eigenhändig unterschriebenes Dokument vorab gefertigt werden müsste.
Der Senat verkennt nicht, dass eine E-Mail ohne elektronische Signatur per se keine Gewähr dafür bietet, dass der als Verfasser der E-Mail Genannte diese auch tatsächlich erstellt und versendet hat. Es ist daher, worauf in der Literatur zutreffend hingewiesen wird (Hertel in: Staudinger, BGB, Kommentar, Neubearbeitung 2004, § 127 Rz. 36; Bloching/Ortlof, BB 2011, S. 2571, 2573), in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob ein anderer Wille der Parteien anzunehmen ist und eine einfache E-Mail daher nicht genügen soll. Ob der vorbezeichneten Literaturmeinung allerdings soweit zu folgen ist, dass entgegen dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut von § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB im Zweifel eine einfache E-Mail nicht dem gewillkürten Schriftformerfordernis genügt, erscheint fraglich. So hat die höchstrichterliche Rechtsprechung schon zu § 127 BGB a.F. entschieden, dass die gewillkürte Schriftform trotz Fehlens einer Unterschrift gewahrt ist, wenn gleichwohl die mit der Formvereinbarung bezweckte Klarheit erreicht wird (BGH NJW-RR 1996, S. 641, 642).
Jedenfalls im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass als schriftliche Kündigung nach §10 des Handelsvertretervertrages vom 02.02.2010 (Anlage K 2) die E-Mail vom 06.02.2010 ausreicht. Dafür spricht bereits, dass die Parteien im vorherigen Handelsvertretervertrag vom 25.09.2009 (Anlage K 1) in § 8 noch eine Kündigung per eingeschriebenen Brief gefordert haben. Im nachfolgenden Vertrag sollte das Formerfordernis daher offensichtlich herabgesetzt werden. Zudem ist im Handelsvertretervertrag Anlage K 2 für eine außerordentliche Kündigung überhaupt kein Formerfordernis vorgesehen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass für eine weniger weitgehende und schwerwiegende ordentliche Kündigung nicht auch die Erklärung per E-Mail genügen sollte. Schließlich ergibt sich aus der Anlage B 3, insbesondere auch der E-Mail des Klägers an die Beklagte vom 26.02.2010, dass die Kommunikation per E-Mail zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten durchaus üblich war. Dabei gab es zwischen den Parteien auch keine Unklarheiten darüber, von wem die E-Mail vom 06.02.2010 stammte. Die mit der Schriftformklausel bezweckte Klarheit wurde daher auch durch eine einfache E-Mail erreicht. Im Übrigen hat der Kläger die Kündigung wegen Nichteinhaltung der Schriftform auch nicht in unmittelbarem Anschluss an den Erhalt der Email zurückgewiesen, sondern mit seiner Rüge rund 2 Monate zugewartet.“
Fazit zur Kündigung per E-Mail
Die Rechtsprechungstendenzen zur Kündigung per E-Mail sind zu begrüßen. In immer mehr Branchen dürfte sich eine übereinstimmende Interessenlage von Vertragsparteien in Dauerschuldverhältnissen dahingehend entwickeln, dass E-Mails der Schriftform genügen sollen. Die telekommunikative Übertragungsart ist schließlich in zahlreichen Fällen die unkomplizierteste und zweckmäßigste Übermittlungsvariante. Dennoch sollte der Kündigungswillige im Zweifel ein dem Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB entsprechendes Kündigungsschreiben verwenden.