Dieser Beitrag wird in Kürze aktualisiert. Solange möchten wir Sie darauf hinweisen, dass einzelne Informationen in diesem Artikel veraltet sein könnten.
Die Impfung gegen das Coronavirus bietet einen gesteigerten Schutz gegen die mit dem Virus verbundenen gesundheitlichen Gefahren. Wie jede Impfung geht auch mit der Corona Schutzimpfung ein immanentes Risiko von Nebenwirkungen einher. Impfreaktionen können bei allen Impfstoffen (Biontech/Pfizer, Astrazeneca, Johnson & Johnson etc.) entstehen. Hatten Sie selbst in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung mit gesundheitlichen Einschränkungen und Belastungen zu kämpfen, die über das Maß typischer Impf- und Nebenreaktionen hinausgehen und sind Ihnen dadurch vielleicht sogar wirtschaftliche Einbußen entstanden? Dann fragen Sie sich sicher, ob und von wem Sie die entsprechenden Schäden ersetzt verlangen können. Unter welchen Voraussetzungen eine Haftung des jeweiligen Bundeslandes oder der Impfarzt in Betracht kommt und wie Sie bei der daraus resultierenden Anspruchsgeltendmachung am besten vorgehen, um größtmöglichen Erfolg zu haben, erklären wir Ihnen in diesem Beitrag.
Welche Nebenwirkungen und Schäden bei der Corona Schutzimpfung drohen
Unabhängig davon, ob Sie sich mit Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca oder Johnson & Johnson haben impfen lassen – alle diese aktuell in der Europäischen Union zugelassenen Impfstoffe sind zwangsläufig mit der Gefahr bestimmter körperlicher Reaktionen auf die Verabreichung des Wirkstoffs verbunden. Das Robert-Koch-Institut unterscheidet begrifflich je nach dem Ausmaß der im Anschluss an die Impfung auftretenden Beschwerden zwischen Impfreaktionen und Impfschäden:
- Impfreaktionen: Darunter fallen die typischen Beschwerden nach einer Impfung wie Rötung, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle oder auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein. All diese Reaktionen sind Ausdruck der gewünschten Auseinandersetzung Ihres Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab.
- Impfschäden: Die Definition eines Impfschadens liefert der Gesetzgeber in § 2 Nr. 11 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Danach versteht man unter einem Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung. Darunter dürften zweifelsohne die zwar sehr sehr selten, aber dennoch bekanntermaßen auftretenden Sinusvenenthrombosen, Herzmuskelentzündungen oder andere Impffolgen fallen.
Die genannte Unterscheidung ist von zentraler Bedeutung für Ihre weitere Vorgehensweise: Nur wenn Ihre gesundheitlichen Beschwerden auf die erfolgte Schutzimpfung in Bezug auf Dauer und Intensität die Grenze zum Impfschaden überschreiten, ist eine Haftung von Bundesland oder Impfarzt überhaupt denkbar. Bei Impfreaktionen scheidet eine solche von vornherein aus.
Haftung des Bundeslandes für Impfschaden
Wer einen Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG erleidet, kann gemäß § 60 Abs. 1 IfSG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung nach den Regelungen des sozialen Entschädigungsrechts verlangen, die im Bundesversorgungsgesetz normiert sind.
Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Bundeslandes
Nach der ursprünglichen Fassung des § 60 IfSG setzte die Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes voraus, dass es sich um eine Schutzimpfung handelt, die „von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde“. Selbige Formulierung hatte jedoch zur Folge, dass nicht alle gegen das Coronavirus geimpfte Bürgerinnen und Bürger im Falle eines Impfschadens entschädigt werden. Hätten Sie einen Impfschaden erlitten, nachdem Sie sich als Unter-60-Jährige(r) mit dem Wirkstoff von AstraZeneca haben impfen lassen, wären Sie nach der alten Fassung auf Ihrem Schaden sitzen geblieben. Schließlich wird dieser spezielle Wirkstoff nicht für Menschen unter 60 Jahren empfohlen.
Um auch den von dieser „Gesetzeslücke“ betroffenen Personenkreis besser zu schützen, wurde nachträglich § 60 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1a IfSG eingefügt. Darin wird Abstand genommen von der Haftungsvoraussetzung der öffentlichen Empfehlung der Schutzimpfung. Es genügt nun vielmehr, dass es sich um eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 handelt. Die neue Regelung gilt auch nicht erst für Impfungen gegen das Coronavirus seit ihrem Inkrafttreten, sondern vielmehr rückwirkend für alle Impfungen gegen das Coronavirus seit Impfbeginn am 27. Dezember 2020. Dementsprechend können Sie sich als Impfgeschädigte(r) nun unabhängig von Ihrem Alter, dem Datum Ihrer Schutzimpfung und dem Ihnen verabreichten Wirkstoff auf das Bundesversorgungsgesetz stützen.
Was Sie als Impfgeschädigter beweisen müssen
Auch wenn der Gesetzgeber Ihnen mit dieser Gesetzesänderung die Inanspruchnahme des jeweiligen Bundeslandes gewissermaßen erleichtert hat, knüpft § 61 IfSG die Gesundheitsschadensanerkennung weiterhin an die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Gemeint ist damit der kausale Zusammenhang zwischen der Impfung und dem bei Ihnen eingetretenen gesundheitlichen Schaden. Diesen Zusammenhang müssen Sie beweisen.
Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs ist nach Ansicht der Richter am Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen immer dann gegeben, wenn auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Einstandspflicht des Bundeslandes gegenüber der oder dem Geschädigten aktuell geltenden medizinischen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht (vgl. LSG Niedersachen-Bremen, Urteil vom 28.01.2021, L 10 VE 11/16). Können Sie also beispielsweise unter Mithilfe medizinischer Studien belegen, dass die bei Ihnen festgestellte Gesundheitsbeeinträchtigung kein einmaliger, absoluter Ausnahmefall ist, sondern bereits bei mehreren Geimpften aufgetreten ist, dürften Sie Ihrer Beweispflicht genügen.
Umfang der Haftung des Bundeslandes für einen Impfschaden
Grundsätzlich beziehen sich die Entschädigungsleistungen des Bundeslandes auf alle wirtschaftlichen Einbußen, die Ihnen aus dem Impfschaden entstehen. Das kann sowohl die Erstattung von Behandlungs- und Medikamentenkosten als auch Schmerzensgeldzahlungen oder den Ausgleich beruflicher Einkommenseinbußen durch eine Arbeitsunfähigkeit oder einen Krankenhausaufenthalt umfassen.
Die genaue Höhe dieser Leistungen ist dabei selbstverständlich stark einzelfallabhängig je nach Dauer und Intensität Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Haben Sie als Impfgeschädigter etwa eine Einkommenseinbuße erlitten, steht Ihnen ein Anspruch auf Ausgleich des geminderten Einkommens durch den Berufsschadensausgleich zu, der sich unter Bezugnahme Ihres Einkommens und anderer Faktoren nach der Berufsschadensausgleichsverordnung berechnet. Das Kernstück staatlicher Unterstützungen nach (dauerhaften) Impfschäden bilden jedoch Grundrenten, die von 156 bis 811 Euro monatlich reichen.
Wie Sie bei einer Haftung des Bundeslandes für einen Impfschaden am besten vorgehen
Sind Sie der Auffassung, dass Ihnen nach den bisher dargelegten Grundsätzen ein Ersatzanspruch gegen das Bundesland zustehen könnte, sollten Sie dies zunächst mit einem auf das Medizin- und Entschädigungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt durchsprechen. Auch das Gesundheitsamt kann Hilfestellung bei der Einleitung notwendiger Untersuchungen, die zur Klärung des Falls führen, leisten und Hilfe bei der Einleitung des Entschädigungsverfahrens anbieten.
Selbiges Verfahren können Sie dann mit einem Antrag auf Versorgungsleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz einleiten. Diesen Antrag können Sie beim für Sie und Ihren Fall zuständigen Versorgungsamt im jeweiligen Bundesland stellen. Dem Versorgungsamt obliegt dann die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Ihnen eine Entschädigung zusteht. Gegen die Entscheidung des Versorgungsamtes steht Ihnen dann der Rechtsweg zu den Sozialgerichten offen, d.h. Sie können dort Klage auf angemessene Entschädigung erheben – unabhängig davon, ob Ihr Antrag gänzlich abgelehnt oder Ihnen Entschädigung in einer aus Ihrer Sicht zu geringer Höhe gewährt wurde.
Haftung der Impfärztin bzw. des Impfarztes
Unter Umständen können Sie nach dem Eintritt eines Impfschadens neben dem Bundesland auch die Ärztin oder den Arzt in Anspruch nehmen, die oder der Ihnen die Schutzimpfung verabreicht hat.
Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Arztes bei einem Impfschaden
Anders als die Einstandspflicht des Bundeslandes nach dem Bundesversorgungsgesetz setzt die Einstandspflicht der Impfärztin oder des Impfarztes als Einzelperson nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches stets die Verletzung einer gegenüber Ihnen als Patientin oder Patient bestehenden, konkreten Pflicht voraus. Da die Verabreichung des jeweiligen Wirkstoffes selbst in kaum einem Fall medizinrechtlich angreifbar sein wird, kommt als Anknüpfungspunkt für die Haftung der Ärztin oder des Arztes höchstens eine Aufklärungspflichtverletzung in Betracht.
Umfang und Reichweite der ärztlichen Aufklärungspflicht ergibt sich für die Corona-Schutzimpfung wie auch für alle sonstigen medizinischen Behandlungen aus § 630e Abs. 1 BGB. Dort heißt es:
Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie.
Wortlaut des § 630e Abs. 1 BGB
Außerdem muss die Aufklärung
- mündlich durch den Impfarzt oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Impfung notwendige Ausbildung verfügt,
- so rechtzeitig erfolgen, dass Sie Ihre Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen können, d.h. im Vorfeld der Impfung und
- verständlich sein.
Typischerweise wird Ihnen bei der Schutzimpfung ein Standardaufklärungsbogen zur Unterschrift vorgelegt. Dieser wurde so konzipiert, dass er den gesetzlichen Anforderungen an die ärztliche Aufklärungspflicht genügt. Trotzdem reicht die reine Vorlage des Bogens bzw. der bloße Verweis auf diesen nicht aus. Der wesentliche Inhalt des Aufklärungsbogens muss mündlich wiedergegeben werden. Lediglich ergänzend kann auf die Unterlagen Bezug genommen werden, die Sie in Textform erhalten. Vorstehende Aufklärungspflicht entfällt dann, wenn Sie als Patient wirksam auf die Aufklärung durch den Arzt verzichtet haben.
Wie Sie bei einem Impfschaden aufgrund einer ärztlichen Pflichtverletzung am besten vorgehen
Haben Sie den Verdacht, dass Ihre Impfärztin oder Ihr Impfarzt Sie (insbesondere über die Risiken und mögliche Nebenwirkungen der Corona-Schutzimpfung) nicht hinreichend und den gesetzlichen Regelungen entsprechend aufgeklärt hat, empfiehlt sich auch hier ein Gespräch mit einem spezialisierten Rechtsanwalt. Mit diesem zusammen können Sie auch eruieren, wer nun Ihr richtiger Anspruchsgegner ist. Dabei ist nämlich zu differenzieren:
- Wurden Sie direkt in der Praxis der Impfärztin bzw. des Impfarztes unter Missachtung der ärztlichen Aufklärungspflicht geimpft, steht Ihnen ein deliktischer Ersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu, den Sie direkt gegen die Ärztin oder den Arzt richten müssen.
- Anders ist die Situation dagegen zu beurteilen, soweit Ihre Impfung in einem Impfzentrum erfolgte. Hier handeln die Ärztinnen und Ärzte nämlich in Ausübung eines öffentlichen Amtes oder als sogenannte Beliehene oder Verwaltungshelfer, sodass sie nicht etwa persönlich haften, sondern vielmehr ihre Anstellungskörperschaft. Das ist dann der jeweilige Landkreis als Verantwortlicher für die Anstellung des Impfpersonals. Anspruchsgrundlage ist dann nicht das Delikts-, sondern das Staatshaftungsrecht nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG.
Wen auch immer Sie als richtigen Anspruchsgegner ausfindig gemacht haben. Zuerst sollten Sie diesen schriftlich unter Setzung einer angemessenen Frist zur Erstattung Ihres konkret berechneten Schadens auffordern. Erst wenn die gesetzte Frist erfolglos verstreicht, steht Ihnen der Klageweg offen. Stützen Sie Ihren Anspruch auf das Deliktsrecht, ist bei einem Klagebetrag von unter 5.000 Euro das Amtsgericht und bei einem Klagebetrag von über 5.000 Euro das Landgericht zuständig. Bei Ansprüchen resultierend aus dem Staatshaftungsrecht ist das Landgericht immer und unabhängig von der Höhe des Schadens zuständig.