Schmerzensgeld nach Hundebiss Tierrecht

Schmerzensgeld nach Hundebiss

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Sie sind von einem Hund gebissen worden und fragen sich jetzt, wie Sie als Opfer von Hundebissen effizient Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen im Anschluss an die Hundeattacke durchsetzen können? Dieser Beitrag zeigt Ihnen, worauf Sie als Geschädigter achten müssen. Wir stellen Ihnen auch ein Musterschreiben sowie einen Schadenserfassungsbogen für die Geltendmachung Ihrer Ansprüche zur Verfügung.

Hundebiss mit (rechtlichen) Folgen

Hundeattacken gegenüber Menschen sind in Deutschland eher die Ausnahme. Statistisch gesehen sind Übergriffe unter den vierbeinigen Artgenossen bei weitem häufiger. Dabei bleiben in den geläufigen „Beissstatistiken“ Sekundärschäden unberücksichtigt. So gibt es Situationen, in denen ein Hund einen Menschen zu Fall bringt oder aber auch solche, in denen ein Hund einen erheblichen Sachschaden verursacht. Das fatalste Szenario ist und bleibt aber der Hund, der zubeißt und einen Menschen schwer verletzt oder tötet, wie es Anfang des Jahres 2018 in Hannover geschehen ist.

Die Verletzung von Haut, Sehnen, Gelenken und mitunter sogar Knochen sind nach einem Hundebiss keine Seltenheit. Es besteht ein erhöhtes Risiko der Wundinfektion. Nahezu jeder fünfte Hundebiss geht mit einer Wundkomplikation einher. Bei Kindern und Heranwachsenden sind nach einem Hundeübergriff häufig Bissverletzungen im Gesicht des Kindes zu beklagen. Bei praktisch jedem vierten Hundebiss ist eine ästhetisch chirurgischer Eingriffe erforderlich.

So viel Schmerzensgeld bekommt man

In der Rechtsprechung gibt es zahlreiche Urteile zu Hundeattacken und ihre fatalen Folgen. Wie hoch ein Schmerzensgeld zugunsten eines Hundebiss-Opfers ausfällt, ist abhängig vom Einzelfall. Insbesondere sind Art und Umfang der Beeinträchtigungen zu würdigen. Im Folgenden führen wir einige Beispiele auf.

  • 18.000 Euro Schmerzensgeld: Ein minderjähriges Kind erlitt im Jahre 2002 durch eine Hundeattacke Weichgewebeverletzungen durch Riss- und Quetschwunden im Gesicht, welche das Aussehen beeinträchtigten und die Funktion der Gesichtsnerven einschränkten. Das Kleinkind wurde stationär ins Krankenhaus gebracht und behandelt. Das Gericht ging davon aus, dass die durch den Hundebiss erlittenen Einschränkungen bis ins Erwachsenenalter fortbestehen würden. Zudem würden nach Auffassung der Kammer zukünftig weitere Operationen zur Nachkorrektur erforderlich werden (LG Essen, Urteil vom 17.03.2005, 12 O 307/03).
  • 30.000 Euro: Das OLG Hamm entschied über einen Fall, bei dem einer Klägerin die Nasenspitze mit Knorpel durch einen Hundebiss abgerissen wurde und sie infolgedessen dauerhaft entstellt ist. Zudem erlitt sie Bissverletzungen am Ellenbogen und Ohr. Die Klägerin erhielt ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 € (OLG Hamm, Urteil vom 26.09.2002, 6 U14/02).
  • 12.000 Euro: Das OLG Celle hat einer Klägerin, die nach einem Hundebiss in die rechte Hand unter einer dauerhaften Handverletzung in Form von Morbus-Sudeck leidet, ein Schmerzensgeld, unter Berücksichtigung eines 60%igen Mitverschuldens, in Höhe von 12.000 € zugesprochen (OLG Celle, Urteil vom 17.03.2014, 20 U 60/13).
  • 3.000 Euro: Durch einen Hundebiss am rechten Unterarm einer Frau kam es zu Sensibilitätsstörungen aufgrund eines Nervenschadens, welcher sich nach Erkenntnissen des Gerichts mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zurückbilden werden. Die betroffene Frau war 4 Wochen lang arbeitsunfähig. Seit dem Hundebiss trägt sie eine deutlich sichtbare Narbe am Unterarm (AG Saarlouis, Urteil vom 17.06.2019, 28 C 894/18).
  • 15.339 Euro: In einem vor dem LG Münster verhandelten Fall, in dem ein Mann nach einer Oberschenkelverletzung infolge eines Hundebisses die Diagnose „Verdacht auf HIV-Infektion und Hepatitisinfektion bzw. Gelbsucht […]“ erhielt, wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.339 € geltend gemacht (LG Münster, Urteil vom 16.03.2000, 1 S 11/10).
  • 2.500 Euro Schmerzensgeld erhielt ein Kläger, nachdem ein Teil des Zeigefingers wegen eines Hundebisses amputiert werden musste (OLG Hamm, Urteil vom 17.10.2011, 6 U 72/11).
  • 8.000 Euro: Ein 10-jähriges Mädchen wurde im Jahre 2018 von einem nicht angeleinten Dobermann angegriffen und verletzt. Das Kind wurde von dem Tier auf dem Bürgersteig zu Fall gebracht und erlitt durch die Hundeattacke Sturz- und Bissschäden. Der Hund biss das Kind mehrmals in den Nacken, die Schultern und die Oberarme. Das Kind litt seither an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Das Mädchen hat seit dem Übergriff panische Ängste. Es leidet unter Alpträumen und kann nicht alleine schlafen oder zu Hause bleiben. Aufgrund der notwendigen psychiatrischen Behandlung verpasste das Kind teilweise den Schulunterricht (LG Bochum, Urteil vom 15.10.2020, 1 O 453/19).
  • 25.000 Euro: Eine Klägerin wurde durch das Einschreiten in eine Hunderauferei in die rechte Hand gebissen und erlitt dadurch einen Schlaganfall und eine Lungenembolie. Da der Hund der Klägerin an der Beißerei beteiligt war, entschied das OLG Karlsruhe über ein 50%iges Mitverschulden der Klägerin und legte ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € fest (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.09.2019, 7 U 24/19).
  • 6.136 Euro: In einem vor dem LG Aachen verhandelten Fall wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.136 € für eine tiefe Hundebissverletzung im Ober- und Unterschenkel mit Nervenverletzungen und dauerhaften Narben geltend gemacht (LG Aachen, Urteil vom 21.07.1999, 4 O 15/98).
  • 90.000 Euro: In einem vor dem OLG München verhandelten Fall erlitt ein Kleinkind durch einen Hundebiss ins Gesicht erhebliche Nervenverletzungen, eine Gesichtslähmung und eine dauerhafte Entstellung. Der Klägerin wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 90.000 € zugesprochen (OLG München, Urteil vom 16.12.2016, 32 U 2167/16).
  • 4.090 Euro Schmerzensgeld bekam eine Klägerin für eine Oberschenkel- und Unterschenkelverletzung mit entstellender Narbe, weil sie von einem Kampfhund angefallen wurde (AG Bad Liebenwerda, Urteil vom 12.03.1999, 11 C 502/98).
  • 40.000 Euro: In einem vor dem OLG München verhandelten Fall, in dem einer Frau von einem Hund in die Hand gebissen wurde, wodurch diese einen bleibenden Nervenschaden davontrug, wurde ein Schmerzensgeld von 40.000 € geltend gemacht (OLG München, Urteil vom 22.02.2022, 18 U 3176/20).
  • 9.000 Euro: Das OLG München sprach einem Geschädigten ein Schmerzensgeld i. H. v. 9.000 € für eine Narbe im Gesicht nach einem Hundebiss zu (OLG München, Urteil vom 21.11.2012, 3 U 2072/12).

Die Summen beziehen sich nur auf das Schmerzensgeld – andere geltend gemachte Schadensersatzansprüche sind darin nicht inbegriffen.

Es sind die schweren Folgen der Bisse, welche Hundeattacken zu einem rechtlich relevanten Thema machen. Für Opfer ergeben sich die Fragen, ob und wenn ja, wie sie die Verantwortlichen in die Haftung nehmen können. Diesen haftungsrechtlichen Fragen wird im folgenden Artikel nachgegangen, um den Betroffenen einen Überblick über etwaige Ansprüche zu geben.

Haftung von Hundehalter und Aufsichtsperson beim Hundebiss

Der Halter eines Hundes, also derjenige, dem das Bestimmungsrecht über das Tier zusteht, der für dessen Kosten aufkommt und der das wirtschaftliche Risiko des Verlustes des Tieres trägt, steht grundsätzlich für das Verhalten seines Hundes in der Haftung. Daraus folgt, dass der Halter für etwaige Schäden, die sein Hund einem Menschen, einer Sache oder einem anderen Tier zufügt, schadensrechtlich haftet. Geregelt ist die in § 833 Abs. 1 BGB.

Diese Tierhalterhaftung ist verschuldensunabhängig. Es muss sich jedoch die spezifische Tiergefahr realisiert haben. Dies ist der Fall, wenn sich die Unberechenbarkeit des selbstständigen Tierverhaltens in der Verletzung des Rechtsguts verwirklicht hat. Die Halterhaftung reicht dabei sehr weit und verpflichtet den Hundehalter oftmals gar dann, wenn das Tier die Schäden verursacht hat, während es sich in der Obhut einer anderen Person, etwa eines Tierarztes, befunden hat und der Halter gar keine Möglichkeit hat, auf das tierische Verhalten direkten Einfluss zu nehmen (OLG Celle, Urteil vom 11.06.2012, 20 U 38/11).

Aufgrund dieser weitreichenden Haftung des Halters unterhalten Hundehalter zumeist eine Hundehalterhaftpflichtversicherung. Diese ist in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen und in Thüringen gesetzlich vorgeschrieben. In Nordrhein-Westfalen sind Hundehalter erst ab einer gewissen Größe des Tieres zur Unterhaltung einer solchen Versicherung verpflichtet. Dies ist für Opfer von Hundebissen zunächst begrüßenswert, da ein solventer Haftungsausgleichsträger zumindest eine Ersatzsicherheit schafft. Zu beachten ist jedoch, dass Hundehaftpflichtversicherungen in manchen Fällen nicht für den gesamten Schaden aufkommen wollen oder aber einen Hundehalter gar nicht erst aufnehmen, aufgrund vergangener Vorfälle mit dem Hund.

Mitverschulden des Hundebiss-Opfers

Problematische Konstellationen in diesem Zusammenhang sind solche, in denen ein etwaiges Mitverschulden des Opfers der Hundeattacke in Betracht kommt.

Auf ein Mitverschulden des Opfers einer Hundeattacke berufen sich Hundebesitzer vor Gericht nur allzu gerne, um einer vollen Haftung zu entgehen. Denn das Opfer eines Hundebisses muss sich mit der Kürzung seiner Ansprüche abfinden, soweit es bzgl. an der Hundeattacke ein Mitverschulden trifft.

Es wird von (nachlässigen) Hundebesitzern oftmals geltend gemacht, das vermeintliche Opfer habe den Hund erschrocken, provoziert oder sonst zu dem Verhalten herausgefordert und sich so bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begeben.

Derartige Fälle werden von den Gerichten zwar nach dem jeweiligen Einzelfall beurteilt, sodass sich keine pauschalisierte Aussage treffen lässt. Grundsätzlich gilt jedoch, dass an ein etwaiges Mitverschulden des Geschädigten hohe Anforderungen zu stellen sind.

Es müssen schon erhebliche Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung oder Sorgfaltspflichtverletzung des Opfers eines Hundebisses gegeben sein, damit ein Gericht ein Mitverschulden des Opfers annimmt. Zumeist fallen Fälle, in denen das Opfer das Tier gereizt hat oder ein aggressives Verhalten des Hundes ignoriert wird, in die Kategorie der Selbstgefährdung. Ansonsten nehmen die Gerichte ein Mitverschulden der Opfer von Hundebissen eher selten an.

  • Über eine alltägliche Situation, die ausgeartet ist, hatte das OLG Hamm zu entscheiden. Dort standen sich zwei Hundehalter gegenüber und es kam zu einer Rangelei der Hunde, in die ein Hundehalter eingriff, um seinen eigenen Hund zu schützen und infolgedessen von dem fremden Hund gebissen wurde. Der eingreifende Hundehalter hat sich trotz Bewusstsein um die Gefährlichkeit der Situation eigenverantwortlich selbst gefährdet, sodass ihm ein Mitverschulden zur Last gelegt werden könne, wie das Oberlandesgericht Hamm entschieden hat (OLG Hamm, Urteil vom 17.10.2011, I-6 U 72/11).
  • Eine Bäckereifachverkäuferin hatte ein Geschirrtuch auf das Gesicht eines Hundes gelegt, woraufhin das Tier die Frau in ihre Hand gebissen hatte. In diesem Fall hat das betraute Landgericht eine besonders grobe Sorgfaltspflichtverletzung des Hundebiss-Opfers angenommen. Die Geschädigte habe die Gefahrenlage durch Reizung des Hundes selbst geschaffen (LG Kaiserslautern, Urteil vom 29.10.2021, 3 O 1017/20).
  • Ein geringes Teilmitverschulden eines Hundebiss-Opfers hatte ein Gericht angenommen, als eine Taxifahrerin gebissen wurde, nachdem diese den fremden Hund eines Fahrgastes gestreichelt hatte (AG Rheine, Urteil vom 01.07.2021, 4 C 92/20). Die Klägerin hätte nicht ohne weiteres annehmen dürfen, den fremden Hund streicheln zu dürfen.
  • In einem vor der vierten Zivilkammer des LG Konstanz entschiedenen Fall hat das Gericht kein Mitverschulden angenommen, als ein Hundehalter seinen Hund und einen fremden Hund trennen wollte, um das eigene Tier vor einem Schaden zu bewahren und dabei gebissen wurde (LG Konstanz, Urteil vom 17.11.2021, 4 O 76/21).

Somit ist die Geltendmachung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs und dessen Höhe nicht immer eindeutig zu bejahen. Vielmehr ist eine Einzelfallbetrachtung unerlässlich.

Mitverschulden bei Kindern

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Frage des Mitverschuldens bei Kindern. Im Rahmen des Verschuldens gem. § 276 Abs. 2 BGB (Fahrlässigkeit) legen Juristen einen objektiven Maßstab zugrunde und prüfen, ob ein Hundebiss-Opfer die im Umgang mit Hunden erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei sind an ein Kind, gestaffelt nach dem Alter, gänzlich andere Maßstäbe zu setzen, als an einen Erwachsenen. Insbesondere Kleinkinder sind sehr impulsiv, sodass sich ein Hund in vielen Fällen durch Affektreaktionen des Kindes bedroht fühlen und infolgedessen zubeißen könnte.

Bei Kindern richtet sich die Frage des Mitverschuldens grundsätzlich nach dem Entwicklungsstand des Kindes (§ 828 BGB). Je nach Alter des Kindes gelten verschiedene Anforderungen. So ist in § 828 Abs. 1 BGB geregelt, dass Kinder unter 7 Jahren nicht schadensersatzpflichtig sind. Kinder dieser Altersgruppe sind deliktsunfähig und für das einem Hundebiss vorangehende Verhalten nie mitverantwortlich (LG Essen, Urteil vom 17.03.2005, 12 O 307/03).

Jugendliche über 10 Jahren und unter 18 Jahren müssen sich nach §§ 828 Abs. 3, 254 Abs. 1 BGB eine Anspruchskürzung gefallen lassen, wenn sie ein Mitverschulden trifft. Das gilt allerdings dann nicht, wenn der Jugendliche bei der Begehung der (selbst)schädigenden Handlung noch nicht die erforderliche Einsicht hatte.

Bei Kindern im Alter von 10 bis 17 Jahren wird insoweit die im Verkehr (und im Umgang mit Hunden) erforderliche Einsicht berücksichtigt. Bei der Einsichtsfähigkeit ist entscheidend, ob dem Kind bewusst ist, welche Auswirkung und Bedeutung dessen Handeln hat und ob es die Gefahr des Handelns erkennen konnte (OLG Celle, Urteil vom 19.05.2021,14 U 129/20). Dabei werden Aspekte wie Alter, Entwicklungsstand, die konkrete Situation und auch fehlende Erfahrungen im Umgang mit Hunden oder fremden Tieren berücksichtigt.

Der Nachweis der fehlenden Einsichtsfähigkeit obliegt dem Kind bzw. dem Jugendlichen. Oftmals genügt dem Gericht dabei ein Gespräch mit dem Kind oder Jugendlichen. So hat das AG Nordhorn ein Mitverschulden eines 10-jährigen Mädchens abgelehnt, welches von einem Hund in die Wange gebissen wurde, nachdem es dem Hund zu nahe kam und diesem dabei versehentlich auf die Pfote trat (AG Nordhorn, Urteil vom 23.08.2007, 3 C 387/07).

Bei der Abwägung eines Verschuldens von Kindern bzw. Jugendlichen muss davon ausgegangen werden, dass deren Mitverschulden i.d.R. geringer zu bewerten ist, als das eines Erwachsenen (OLG Celle, Beschluss vom 08.06.2011, 14 W 13/11). Dies gilt insbesondere dann, wenn das Kind im Zeitpunkt des Hundebisses noch (nahe) an der Vollendung des 10. Lebensjahres steht.

Nach hiesiger Rechtsauffassung kann man Kindern überhaupt erst ab Vollendung des 10. Lebensjahres eine Mithaftung für einen Hundeübergriff nachsagen. Denn Kindern ist es mit zunehmenden Alter überhaupt erst möglich, Situationen im Umgang mit Tieren richtig einzuschätzen und ihre Handlungen danach auszurichten. 

Aufsichtsperson haftet mit

Daneben kann auch der Hundeführer, also derjenige, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Hund ausübt, bei Verletzung einer Sorgfaltspflicht oder seiner Aufsichtspflicht in die Haftung geraten und neben dem Hundehalter schadensersatzpflichtig werden.

Ansprüche nach einem Hundebiss

Wird man Opfer einer Hundeattacke, stellt sich die Frage, was genau man nun vom Hundehalter oder Hundeführer haftungsrechtlich geltend machen kann. Zum einen kann man für notwendige Heilbehandlungsmaßnahmen oder Sachschäden einen angemessenen Geldausgleich, mithin Schadensersatz verlangen. Darüber hinaus besteht für einen Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen etwaigen Erwerbsschaden geltend zu machen oder Lohnfortzahlung zu verlangen, sofern durch eine Hundeattacke eine Arbeitsunfähigkeit herbeigeführt wird (ArbG Freiburg, Urteil vom 13.01.2010, 2 Ca 215/09).

Zum anderen kann unter Umständen auch ein angemessenes Schmerzensgeld verlangt werden, welches die immateriellen Schäden erfasst (AG München, Urteil vom 01.04.2011, 261 C 32374/10). Darunter lassen sich psychische Belastungen infolge der Hundeattacke fassen sowie weitere Beeinträchtigungen, die einen beispielsweise an der Ausübung von sozialen Tätigkeiten hindern. Ob und wenn ja, in welcher Höhe ein Schmerzensgeldanspruch besteht, bestimmt sich stets nach den konkreten Auswirkungen des Schadens auf die Lebensführung des Betroffenen.

Ansprüche bei Kindern – wie können Kinder ihre Rechte durchsetzen?

Am häufigsten von Hundebissen betroffen sind Kinder. Dabei leiden Kinder regelmäßig auch am stärksten unter den Hundeattacken. In vielen Fällen kommt es zu schweren Verletzungen, Narben und Entstellungen, aber auch zu lebenslangen psychischen Belastungen. Kinder und deren Eltern müssen daher wissen, wie sie Ihre Ansprüche auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld geltend machen können.

Grundsätzlich muss derjenige, der seine Rechte geltend machen und ggf. eine Klage erheben möchte, die Fähigkeit besitzen, einen Zivilprozess selbst führen zu können, sog. Prozessfähigkeit. Diese ist an die, im BGB geregelte, Geschäftsfähigkeit geknüpft. Kinder unter 7 Jahren gelten gem. § 104 Nr. 1 BGB als geschäftsunfähig und damit als nicht prozessfähig. Minderjährige, die das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben, sind gem. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig und nach § 52 ZPO nicht prozessfähig.

Die prozessualen Rechte werden für eine nicht prozessfähige Person durch einen gesetzlichen Vertreter ausgeübt. Für die Bestimmung des gesetzlichen Vertreters eines Kindes ist maßgeblich, wer das Sorgerecht trägt. Die Eltern können in Gesamtvertretung (§ 1629 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB) oder im Falle eines alleinigen Sorgerechts als Einzelvertretung (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB) auftreten.

In der Regel ist es so, dass Sie (als Eltern des geschädigten Kindes) oder ein anderweitiger gesetzlicher Vertreter die dem Kind zustehenden Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche im Namen und in Vertretung des Kindes gegenüber dem Hundehalter (oder dessen Versicherung) geltend machen müssen.

Wie fordere ich Schadensersatz und Schmerzensgeld, wenn ich von einem Hund gebissen worden bin?

Um Ihre Ansprüche möglichst reibungslos geltend machen zu können, ist es ratsam, einige Maßnahmen unmittelbar nach dem Vorfall zu treffen.

  1. Informieren Sie die Polizei, um den Sachverhalt aufzunehmen und etwaige Daten zu sichern.
  2. Notieren Sie die Personalien des Hundehalters oder (alternativ) die Kontaktdaten des Hundeführers, wenn der Halter nicht anwesend ist. Versuchen Sie in jedem Fall, den Halter ausfindig zu machen.
  3. Schauen Sie, ob es Augenzeugen gab, um spätere Beweisschwierigkeiten nach Möglichkeit vermeiden zu können.
  4. Prägen Sie sich die Charakteristika des Hundes ein, wie etwa die Rasse, die Farbe oder sonstige, auffällige Merkmale.
  5. Gehen Sie zum Arzt, um die Bissverletzungen versorgen zu lassen. Dieser dokumentiert die Verletzung nämlich, was für einen späteren Prozess und die Beweisaufnahme wichtig sein kann.
  6. Führen Sie ein Gedächtnisprotokoll, in dem alle Details zum Vorfall selbst (Ablauf) und zu Ihren folgenden Schmerzen aufgezeichnet werden. Hier können Sie einen geeigneten Schadenserfassungsbogen herunterladen. Dieser soll verhindern, dass Sie bei der Schadensermittlung etwas Wichtiges vergessen. Der Schadenserfassungsbogen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
  7. Konfrontieren Sie den Hundebesitzer, bzw. den Gassigänger schriftlich mit Ihren Ansprüchen. Nutzen Sie dazu gerne unser kostenloses Musterschreiben.
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Mit diesen Maßnahmen tragen Sie einen erheblichen Teil zur präzisen Aufklärung und Beurteilung des Falls bei und sorgen dafür, dass Sie Ihre Rechte am effizientesten durchsetzen können (auch vor Gericht).

Hilfe und Beratung vom Rechtsanwalt ist bei diesem Thema nicht die schlechteste Idee: Die Erfassung der Schäden und die Bestimmung der sich daraus ergebende Höhe des Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruchs gestaltet sich nämlich oft schwierig. Anhaltspunkt und Orientierungshilfen können sogenannte „Schmerzensgeldtabellen“ bieten.

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