Sie haben vor kurzem ein gebrauchtes Nutzfahrzeug gekauft und nach Abschluss des Kaufvertrages und Übergabe des Fahrzeugs festgestellt, dass dieses einen oder sogar mehrere Mängel aufweist? Sie haben im Rahmen Ihres Gewerbes das Fahrzeug von einem anderen Unternehmer gekauft? Oder Sie haben als Privatperson ein Nutzfahrzeug gekauft? Zudem haben Sie den Kauf über ein Darlehen finanziert und wissen nicht, wie sich ein Rücktritt vom Kaufvertrag auf den Darlehensvertrag auswirkt?
Kaufverträge über Nutzfahrzeuge sind oft komplex und es sind Besonderheiten zu beachten. Dieser Artikel informiert Sie darüber, wann ein Nutzfahrzeug als „mangelhaft“ anzusehen ist. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wann und unter welchen Voraussetzungen Sie vom Kaufvertrag zurücktreten können, wie sich ein solcher Rücktritt auf einen etwaigen Kreditvertrag auswirkt und welche Besonderheiten bei Verträgen zwischen Unternehmern zu beachten sind.
Habe ich ein Nutzfahrzeug gekauft?
Sie haben ein Nutzfahrzeug erworben, wenn es sich um ein Kraftfahrzeug handelt, dass nach seiner Bauart zur Beförderung von Personen, Gütern und/oder zum Ziehen von Anhängern bestimmt ist. Nutzfahrzeuge werden hauptsächlich für gewerbliche, industrielle oder öffentliche Zwecke verwendet. Zu den Nutzfahrzeugen gehören zum Beispiel:
- Lastkraftwagen und Transporter (z. B. Kleintransporter, Lieferwagen, Lastkraftwagen)
- Baufahrzeuge (z. B. Kipper, Betonmischer, Radlader oder Bagger)
- Busse und Personenbeförderung (z. B. Kleinbusse, Linien- und Reisebusse)
- Land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge (z. B. Traktoren, Mähdrescher)
Sie können aber auch von Privatpersonen für private Zwecke erworben werden, z. B. für Freizeitaktivitäten. Denn zu Nutzfahrzeugen gehören auch:
- Transporter und Kleinbusse, die z.B. als Camper genutzt werden
- Wohnmobile
- Oldtimer-Lkw und -Busse (Sammlerfahrzeuge)
- Pferdetransporter
Was ist ein Kaufvertrag (§§ 433 ff. BGB)?
Beim Erwerb eines gebrauchten Nutzfahrzeugs können Probleme auftreten, beispielsweise im Falle eines Defekts. In solchen Fällen ist es entscheidend zu wissen, ob der Kauf rückgängig gemacht werden kann. Voraussetzung dafür ist ein gültiger Kaufvertrag, da nur dann Mängelrechte (§ 437 BGB) geltend gemacht werden können.
Ein Kaufvertrag nach § 433 BGB entsteht durch eine Einigung zwischen Käufer und Verkäufer: Der Verkäufer verpflichtet sich zur Übergabe des Fahrzeugs, der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises. Der Kaufvertrag gilt als geschlossen, wenn eine Partei ein Angebot zum Abschluss des Vertrages gemacht hat und die andere Partei dieses angenommen hat (§§ 145, 147 BGB) und Kaufgegenstand sowie Kaufpreis festgelegt sind.
Wichtig: Ein Kaufvertrag kann auch mündlich geschlossen werden – eine schriftliche Vereinbarung ist nicht zwingend erforderlich. Die Annahme, dass Verträge erst mit Unterschrift gültig werden, ist hier unzutreffend.
Welche Rechte bestehen im Falle von Mängeln?
Welche Rechte haben Sie als Käufer, wenn ein Kaufvertrag besteht und der Gebrauchtwagen nach Vertragsabschluss Mängel aufweist, die Ihnen der Verkäufer nicht mitgeteilt hat? Treten nach Vertragsabschluss Mängel an einem Gebrauchtfahrzeug auf, die der Verkäufer nicht offengelegt hat, stehen dem Käufer nach § 437 BGB verschiedene Rechte zu. Vorrangig ist die Nacherfüllung (§ 439 BGB), bei der der Verkäufer das Fahrzeug entweder reparieren oder ersetzen muss. Dieses Recht gibt dem Verkäufer die Möglichkeit, den Mangel zunächst selbst zu beheben.
Scheitert die Nacherfüllung – etwa, weil der Verkäufer nicht nachbessert oder eine Reparatur unmöglich ist – kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten (§ 440, 323 BGB) oder den Kaufpreis mindern (§ 441 BGB). Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Schadensersatz (§§ 280, 281 BGB) oder Aufwendungsersatz (§ 284 BGB) zu verlangen.
Dieser Beitrag beschränkt sich auf den Rücktritt vom Kaufvertrag bei einem mangelhaften gebrauchten Nutzfahrzeug und damit auf das Rücktrittsrecht. Ob ein Rücktrittsrecht besteht, hängt von der Vertragsart ab: Verbraucher (B2C) genießen besonderen Schutz, während bei Verträgen zwischen Verbrauchern oder Unternehmern (B2B- oder C2C-Geschäfte) die Gewährleistung durch Vertrag ausgeschlossen sein kann.
Rücktritt bei Verträgen zwischen Unternehmern – Besonderheiten:
Zunächst ist zu klären, wann ein B2B-Geschäft vorliegt. Ein B2B-Geschäft liegt vor, wenn beide Vertragsparteien Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sind und der Kauf im Rahmen einer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit erfolgt.
Ein Beispiel wäre der Kauf eines Transporters durch eine Spedition für den Betrieb. Wird das Fahrzeug jedoch für private Zwecke gekauft, gilt der Käufer nicht als Unternehmer, sodass kein B2B-Geschäft vorliegt.
In B2B-Verträgen kann die Gewährleistung und damit auch das Rücktrittsrecht ausgeschlossen werden. Dies geschieht häufig durch eine Individualvereinbarung oder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), typischerweise mit der Klausel:
„Die Sachmängelhaftung ist ausgeschlossen“
Ein solcher Ausschluss ist jedoch unwirksam, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat (§ 444 BGB).
Beispiel:
Wird dem Käufer zugesichert, dass ein LKW „unfallfrei“ ist, sich aber später ein Unfallschaden herausstellt, kann der Käufer trotz Gewährleistungsausschluss zurücktreten.
Zusätzlich trifft den Käufer im B2B-Bereich eine Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB. Er muss das Fahrzeug nach Erhalt unverzüglich auf Mängel prüfen und diese dem Verkäufer detailliert anzeigen. Eine allgemeine Beanstandung wie „Das Fahrzeug ist defekt“ reicht nicht aus. Werden Mängel nicht rechtzeitig gerügt, gilt das Fahrzeug als genehmigt, und der Käufer verliert sein Recht auf Gewährleistung und Rücktritt (§ 377 Abs. 2 und 3 HGB). Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Verkäufer den Mangel bewusst verschwiegen hat (§ 377 Abs. 5 HGB).
Rücktritt bei Privatkäufen unter Verbrauchern – Besonderheiten:
Auch bei Verträgen zwischen Verbrauchern können vertragliche Vereinbarungen getroffen werden, die eine Gewährleistung vollständig ausschließen („Gekauft wie gesehen“). In solchen Fällen ergeben sich die rechtlichen Grenzen auch nur dann, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (§ 444 BGB). Bei einem Privatkauf zwischen Verbrauchern besteht kein gesetzlicher Verbraucherschutz. Sie tragen ein höheres Risiko.
Rücktritt bei Verbraucherverträgen – Besonderheiten:
Wenn Sie als Privatperson von einem Unternehmer, zum Beispiel einem Gebrauchtwagenhändler, ein gebrauchtes Nutzfahrzeug erwerben, können die Gewährleistungsrechte nicht durch Individualvereinbarung ausgeschlossen werden (§ 476 BGB). Denn es gelten die gesetzlichen Regelungen zum Verbraucherschutz.Zudem trägt der Käufer Im ersten Jahr und einen Tag nach Übergabe des Fahrzeugs nicht die Beweislast für einen Mangel, da gesetzlich vermutet wird, dass dieser bereits bei Übergabe vorlag (§ 477 BGB).Wird der Kaufvertrag außerhalb von Geschäftsräumen, beispielsweise auf einer Messe oder in Ihren Räumlichkeiten, oder per Telefon oder E-Mail (im Fernabsatz) geschlossen, so kann der Kaufvertrag innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss widerrufen werden (§§ 312b, c, 355 BGB).
Beispiel:
Der Kauf eines gebrauchten Transporters wird online bei einem Händler getätigt, ohne das Fahrzeug vorab gesehen zu haben. In einem solchen Fall steht Ihnen grundsätzlich ein Widerrufsrecht von 14 Tagen zu.
Anstatt vom Vertrag zurückzutreten, besteht in diesem Fall also zunächst die Möglichkeit des Widerrufs. Dabei ist zu beachten, dass der Widerruf gemäß § 355 Abs. 1 BGB gegenüber dem Verkäufer zu erklären ist. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Zwar schreibt das Gesetz hier keine Textform vor, jedoch können bei einem mündlichen Widerruf Probleme hinsichtlich der Beweisbarkeit auftreten, so dass ein schriftlicher Widerruf ratsam ist.
Insbesondere im B2B- und C2C-Bereich werden die Gewährleistungsrechte häufig durch den Verkäufer ausgeschlossen. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, Kaufverträge sorgfältig zu prüfen. Es empfiehlt sich, sich nicht auf mündliche Zusagen wie die Unfallfreiheit zu verlassen, sondern alle Vereinbarungen schriftlich festzuhalten. So kann im Falle eines Gewährleistungsausschlusses ein Rücktritt durchgesetzt werden.
Was ist unter einem Sachmangel zu verstehen?
Voraussetzung für den Rücktritt vom Kaufvertrag ist das Vorliegen eines Sachmangels bei Gefahrübergang. Das heißt, das Fahrzeug muss bereits bei der Übergabe mangelhaft gewesen sein. Was genau versteht man unter einem Mangel? Wann ist ein Nutzfahrzeug „defekt “?
Ein Sachmangel liegt vor, wenn das gebrauchte Nutzfahrzeug nicht die vereinbarte oder zu erwartende Beschaffenheit hat (§ 434 BGB).
Zugesicherte Eigenschaft fehlt (§ 434 Abs.2 S.1 BGB)
Hat der Verkäufer Ihnen bestimmte Eigenschaften des Fahrzeugs zugesichert, die das Fahrzeug nicht aufweist? Ein Beispiel wäre, wenn der Verkäufer angibt, dass der Lkw eine neue Kupplung hat, tatsächlich aber eine stark abgenutzte Kupplung vorliegt, die kurz vor dem Versagen steht. Oder er gibt an, das Fahrzeug sei „unfallfrei“, obwohl es einen schweren Unfallschaden aufweist. In solchen Fällen liegt eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit vor (§ 434 Abs. 2 S. 1 BGB) und somit ein Sachmangel. Unter der Voraussetzung, dass die weiteren erforderlichen Kriterien erfüllt sind, besteht die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Objektive Beschaffenheit fehlt (§ 434 Abs. 3 BGB)
Sofern keine besonderen Vereinbarungen über die Eigenschaften und tatsächlichen Merkmale (Beschaffenheit) des Fahrzeugs getroffen wurden, ist für das Vorliegen eines Sachmangels entscheidend, ob das Fahrzeug die übliche und zu erwartende Qualität aufweist. Das Fahrzeug muss für die gewöhnliche Verwendung geeignet sein und die Beschaffenheit aufweisen, die bei Fahrzeugen der gleichen Art üblich sind und von dem Käufer erwartet werden können. Die Beschaffenheit eines Nutzfahrzeuges ergibt sich aus seinen physischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Eigenschaften. Das Fahrzeug gilt als mangelhaft, wenn es an der Verkehrssicherheit mangelt oder seine Funktion beeinträchtigt ist.
Beispiele: Die Bremsanlagen funktionieren nicht ordnungsgemäß, sodass das Fahrzeug nicht sicher betrieben werden kann. Der Motor verliert kurz nach dem Kauf massiv Öl, wodurch die Betriebsfähigkeit eingeschränkt ist. Auch ein vorzeitiger Verschleiß trotz normalen Alters und Laufleistung kann einen solchen Sachmangel begründen, wenn darauf nicht ausdrücklich vom Verkäufer hingewiesen wurde. Ein Beispiel hierfür ist die Getriebeautomatik eines Busses, die nach kurzer Zeit ausfällt, obwohl vergleichbare Fahrzeuge mit dieser Laufleistung normalerweise eine deutlich längere Lebensdauer haben.
Keine Normale Abnutzung
Beim Kauf eines gebrauchten Nutzfahrzeugs muss der Käufer mit alters- und laufleistungsbedingtem Verschleiß rechnen. Ein solcher üblicher Verschleiß stellt keinen Sachmangel dar und berechtigt nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Abgrenzung zwischen normalem Verschleiß und einem tatsächlichen Sachmangel ist in der Praxis jedoch oft schwierig und Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.
Beim Kauf eines gebrauchten Nutzfahrzeugs muss der Käufer mit alters- und laufleistungsbedingtem Verschleiß rechnen. Ein solcher üblicher Verschleiß stellt keinen Sachmangel dar und berechtigt nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Abgrenzung zwischen normalem Verschleiß und einem tatsächlichen Sachmangel ist in der Praxis jedoch oft schwierig und Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Grundsätzlich wird Verschleiß bei Nutzfahrzeugen (wie die Bezeichnung vermuten lässt) aber mit anderen Maßstäben betrachtet, als bei normalen PKW.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 20.05.2009 (BGH, Urteil vom 20.05.2009, VIII ZR 191/07) festgestellt, dass ein Gebrauchtfahrzeug nicht die Beschaffenheit eines Neuwagens aufweisen muss. Es gehört nicht zur üblichen Beschaffenheit, dass alle Fahrzeugteile im Originalzustand sind. Die meisten Urteile beziehen sich zwar auf PKW, doch aufgrund der ähnlichen Nutzung können die Maßstäbe auch auf Nutzfahrzeuge angewendet werden.
Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 10.06.2010 zählen typische Verschleißteile wie Bremsbeläge, Bremsscheiben, Reifen, Zahnriemen, Batterie und die Auspuffanlage zu den Bauteilen, die regelmäßig ersetzt werden müssen (OLG Hamm, Urteil vom 10.06.2010, I-28 U 15/10). Eine Abnutzung dieser Bestandteile ist daher als normal anzusehen, stellt keinen Sachmangel dar und ist daher kein Grund für einen Rücktritt vom Kaufvertrag. Ein Sachmangel liegt allerdings dann vor, wenn ein Defekt auftritt, der für ein vergleichbares Fahrzeug unüblich ist oder die Verkehrssicherheit gefährdet. Das bedeutet, dass sicherheitsrelevante Mängel, etwa an der Bremsanlage oder der Lenkung, als Sachmangel gelten können, wenn sie die Fahrsicherheit beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 09.09.2020, VIII ZR 150/18).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Sachmangel nicht vorliegt, wenn es sich um einen dem Alter, der Laufleistung sowie der Qualität des Nutzfahrzeugs entsprechenden, gewöhnlichen Verschleiß handelt, soweit dieser das Fahrzeug nicht völlig unbrauchbar macht. Zudem darf die Sicherheit im Straßenverkehr nicht beeinträchtigt werden (BGH, Urteil vom 09.09.2020, VIII ZR 150/18).
Beispiele zur Abgrenzung eines Sachmangels von gewöhnlichem Verschleiß eines Nutzfahrzeugs
Sachmängel gem. § 434 Abs. 3 BGB | Gewöhnlicher Verschleiß | |
Motor | Getriebeschaden kurz nach Kauf trotz geringer Laufleistung; Motorschaden durch (versteckten) Vorschaden | Leichte Undichtigkeiten an Dichtung und Schläuchen; Kupplung verschlissen nach hoher Laufleistung |
Bremsanlage | Bremsleitung stark Korrodiert (keine Verkehrssicherheit) | Abgefahrene Bremsbeläge nach langer Nutzung |
Fahrwerk und Achsen | Rahmen durchgerostet, Tragfähigkeit gefährdet | Leichte Korrosion an Achsen oder Federung |
Karosserie und Aufbau | Durchrostung an tragenden Teilen | Durchrostung an tragenden Teilen |
Elektrik und Beleuchtung | Beleuchtungssystem defekt, nicht TÜV-konform | Abgenutzte Schalter und Knöpfe im Fahrerhaus |
Es ist zu beachten, dass ein Schaden, der vom Verkäufer vorab ausdrücklich als solcher gekennzeichnet wurde, keinen Mangel darstellt. Insbesondere bei gebrauchten Nutzfahrzeugen können Hinweise auf besondere Schäden vorliegen, die bei Fahrzeugen dieser Art nicht üblich sind. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, den Vertrag gründlich zu lesen.
Beweislast für einen Sachmangel – Wer muss was beweisen?
Wer muss beweisen, dass der Sachmangel des Fahrzeugs nicht erst nach dem Verkauf und der Übergabe entstanden ist? Das ist davon abhängig, ob es sich um einen Verbrauchsgüterkauf, einen Verkauf zwischen Unternehmern oder unter Verbrauchern handelt. Wenn Sie als Privatkäufer gegen einen gewerblichen Verkäufer handeln, hat der Verkäufer in dem ersten Jahr und einem Tag nach dem Verkauf zu beweisen, dass der Mangel erst nachträglich entstanden ist (§ 477 BGB, Beweislastumkehr). Wenn Sie als Unternehmer handeln oder als Privatkäufer und Ihr Vertragspartner handelt ebenfalls privat, werden Sie nicht privilegiert. Das bedeutet, dass Sie den Nachweis erbringen müssen, dass der Mangel bereits bei der Übergabe bestand. In diesen Fällen ist es daher besonders wichtig, dass sie Beweise sichern.
Typ Verkäufer | Typ Käufer | Beweislast |
Gewerblich | Privat | Im ersten Jahr: Verkäufer Danach: Käufer |
Privat | Gewerblich | Käufer |
Privat | Privat | Käufer |
Gewerblich | Gewerblich | Käufer |
Tipps zur Beweissicherung:
- Dokumentieren Sie Mängel ausführlich und rechtzeitig. Filmen und fotografieren Sie das Fahrzeug direkt nach der Übergabe. Lassen Sie zudem einen TÜV-Bericht oder ein Gutachten anfertigen.
- Sollte ein Mangel festgestellt werden, ist dieser umgehend schriftlich zu rügen. Wenn Sie als Unternehmer auftreten und das Fahrzeug zum Zwecke Ihres Gewerbes kaufen, unterliegen Sie der Untersuchungs- und Rügepflicht (§ 377 HGB). In diesem Fall ist besondere Sorgfalt geboten. Aber auch wenn Sie als Privatperson auftreten, ist eine schriftliche Rüge von Vorteil und empfehlenswert.
- Bei der Übergabe des Nutzfahrzeugs sollte eine weitere Person hinzugezogen werden. Diese sollte den Zustand des Fahrzeugs bestätigen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, Mängel zu dokumentieren, auch wenn sie durch einen Verbrauchsgüterkauf rechtlich geschützt sind. Einerseits gilt die Beweislastumkehr nur für Mängel, die innerhalb eines Jahres und einem Tag nach der Übergabe auftreten, und andererseits versuchen Händler häufig, sich zu entlasten. Es ist auch zu beachten, dass die Beweislastumkehr nicht absolut ist und der Verkäufer die Vermutung widerlegen kann. Es ist daher empfehlenswert, in solchen Fällen entsprechende Beweise zu sichern.
Das Nutzfahrzeug ist defekt – ist ein Rücktritt vom Vertrag ohne weiteres möglich?
Unter welchen Voraussetzungen ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich? Der Rücktritt vom Kaufvertrag über ein gebrauchtes Nutzfahrzeug ist gemäß den Regelungen der §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB möglich. Voraussetzung ist zunächst, dass ein Kaufvertrag geschlossen wurde und die Gewährleistungsrechte nicht wirksam ausgeschlossen wurden. Zudem muss ein Sachmangel am Fahrzeug vorliegen, der bei Gefahrübergang bereits vorhanden war. Dabei ist die Abgrenzung zur normalen Abnutzung zu beachten.
Vorrang der Nachbesserung oder Nacherfüllung §§ 437 Nr. 1, 439 BGB
Liegt ein Sachmangel vor ist dem Verkäufer zunächst eine angemessene Frist zur Nachbesserung oder Nacherfüllung zu setzen (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB). Das bedeutet, dass dem Verkäufer die Möglichkeit gegeben werden muss, das Fahrzeug zu ersetzen oder es zu reparieren. Bei Gebrauchtfahrzeugen ist in der Regel davon auszugehen, dass der Verkäufer die Möglichkeit erhalten muss, das Fahrzeug zu reparieren (Nachbesserung). Der Verkäufer muss ausdrücklich zur Reparatur aufgefordert werden und es muss deutlich werden, welche konkrete Leistung von ihm verlangt wird. Die Dauer der Frist muss angemessen sein, was sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt. Für gewöhnliche Reparaturen von Fahrzeugen ist eine Frist von 14 Tagen als angemessen zu betrachten.
In bestimmten Fällen kann von einer solchen Fristsetzung abgesehen werden:
- Der Verkäufer verweigert die Reparatur ausdrücklich (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
- Der Verkäufer hat Sie arglistig getäuscht (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
- Die Reparatur ist nicht möglich (§ 275 Abs. 1 BGB).
- Die Reparatur ist mit unzumutbar hohen Kosten verbunden (§§ 440 S. 1, 439 Abs. 4 BGB).
- Bereits zwei Reparaturversuche sind fehlgeschlagen (BGH, Urteil vom 23.01.2019, VIII ZR 225/17).
Zu beachten ist, dass die Anzahl der zulässigen Nachbesserungsversuche grundsätzlich vom jeweiligen Einzelfall abhängt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine einmalige Nachbesserung ausreichend sein.
Sofern Sie eine solche Frist erfolglos gesetzt haben oder diese entbehrlich ist, können Sie grundsätzlich vom Vertrag zurücktreten.
Ausschluss des Rücktrittsrechts
Zu beachten ist allerdings noch, dass der Rücktritt ausgeschlossen sein kann, wenn:
- Ein unerheblicher Mangel vorliegt (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB), beispielsweise kleine Kratzer oder Dellen am Fahrzeug.
- Der Käufer den Mangel selbst verursacht hat (§ 323 Abs. 6 BGB), beispielsweise durch unsachgemäßen Gebrauch.
- Die Gewährleistung ausgeschlossen ist, insbesondere bei Geschäften unter Unternehmern oder Verbrauchern.
Wenn alle aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind und ein Rücktritt nicht ausgeschlossen wurde, kann der Rücktritt erklärt werden (§ 349 BGB).
Einhaltung der Rücktrittsfrist (§ 438 Abs.1 Nr.3 BGB)
Die Gewährleistungsfrist beträgt laut § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich zwei Jahre ab Übergabe des Fahrzeugs. In Verbraucherverträgen kann diese Frist für Gebrauchtfahrzeuge jedoch auf ein Jahr verkürzt werden (§ 476 Abs. 2 BGB). Voraussetzung dafür ist, dass der Verbraucher vor Vertragsabschluss ausdrücklich darüber informiert wurde und die Verkürzung separat vereinbart wurde.
Wichtig: Der Rücktritt muss innerhalb der Verjährungsfrist erklärt werden. Tritt ein Mangel innerhalb dieser Frist auf, kann der Rücktritt dennoch auch nach Ablauf der regulären Gewährleistungsfrist erfolgen. Denn gemäß § 475e Abs. 3 BGB verjährt der Rücktrittsanspruch frühestens vier Monate nach der ersten Feststellung des Mangels.
Beispiel: Ein gebrauchter Transporter wird am 01.02.2023 gekauft. Die Gewährleistung beträgt ein Jahr und endet regulär am 31.01.2024. Ein Mangel wird am 01.12.2023 festgestellt, und der Käufer tritt am 10.01.2024 zurück. Obwohl die Gewährleistungsfrist am 31.01.2024 endet, verlängert sich die Verjährung nach § 475e Abs. 3 BGB um vier Monate ab Feststellung des Mangels, also bis 10.05.2024.
Diese Regelung schützt Verbraucher, damit ihnen nach Entdeckung eines Mangels ausreichend Zeit bleibt, ihre Ansprüche durchzusetzen.
Auch hier ist eine genaue Dokumentation der Fahrzeugmängel, insbesondere des Zeitpunkts ihres Auftretens, von entscheidender Bedeutung.
Hat der Verkäufer den Käufer arglistig über die Mangelfreiheit des Fahrzeugs getäuscht, also Mängel bewusst verschwiegen, verlängert sich die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche unabhängig von der Vereinbarung auf drei Jahre (§ 438 Abs. 3 BGB).
Bei Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern können Gewährleistungsansprüche für gebrauchte Sachen, also auch für gebrauchte Nutzfahrzeuge, vollständig ausgeschlossen werden, so dass dann auch keine Verjährung eintritt.
Übersicht: Gesetzliche Verjährung des Rücktrittsrechts bei gebrauchten Nutzfahrzeugen
Gesetzliche Verjährungsfrist | Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung | |
Verbraucherkauf | 2 Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr.3 BGB) | Ja, auf mindestens ein Jahr (§ 476 Abs. 2 BGB) |
Unternehmerkauf | 2 Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr.3 BGB) | Ja |
Privater Kauf | 2 Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr.3 BGB) | Ja |
Arglistige Täuschung | 3 Jahre (§ 438 Abs. 3 BGB) | Nein |
Zusammenfassung der Rücktrittsvoraussetzungen
- Sie haben einen Kaufvertrag geschlossen
- Das gebrauchte Nutzfahrzeug weist einen erheblichen Mangel (Sachmangel) auf, der bereits bei Gefahrübergang vorlag
- Sie haben dem Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung oder Nachlieferung gesetzt (beachten Sie die Ausnahmefälle).
- Der Verkäufer hat die Nachbesserung oder Nachlieferung verweigert oder sie ist fehlgeschlagen.
- Der Rücktritt ist nicht ausgeschlossen (z.B. Selbstverschulden des Käufers).
- Die Gewährleistung wurde nicht ausgeschlossen (B2B-Geschäfte, C2C-Geschäfte).
- Die Gewährleistung ist noch nicht verfristet.
Wenn Sie vom Kaufvertrag zurücktreten, müssen Sie das Fahrzeug an den Verkäufer zurückgeben. Der Verkäufer muss Ihnen den Kaufpreis zurückerstatten (§ 346 Abs. 1 BGB).
Welche Auswirkungen hat der Rücktritt auf den Kreditvertrag?
Die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag liegen vor – nun haben Sie den Kauf aber mit einem Darlehen finanziert und fragen sich, wie sich der Rücktritt auf den Darlehensvertrag auswirkt? Zunächst ist zu unterscheiden, ob der Darlehensvertrag ein eigenständiges Rechtsverhältnis mit der Bank darstellt oder ob es sich um einen sog. verbundenen Vertrag (§ 358 Abs. 3 BGB) handelt, der allerdings nur vorliegen kann, wenn es sich um ein Verbrauchervertrag handelt. Ein solcher liegt vor, wenn der Unternehmer (z.B. der Gebrauchtwagenhändler) Ihnen das Darlehen gewährt oder es in Zusammenarbeit des Händlers mit einer Bank vermittelt wurde und das Darlehen ausschließlich zur Finanzierung des Fahrzeugs abgeschlossen wurde. Sie müssen eine wirtschaftliche Einheit bilden. Darlehensvertrag und Kaufvertrag sind dann miteinander verbunden. Liegt ein solcher verbundener Vertrag vor und treten Sie vom Kaufvertrag zurück, hat dies für Sie den Vorteil, dass Sie auch vom verbundenen Darlehen zurücktreten.
Beim Unternehmenskauf oder auch beim Kauf zwischen Verbrauchern gibt es keine gesetzliche Regelung für verbundene Verträge. Das bedeutet, dass der Darlehensvertrag nicht automatisch erlischt, wenn Sie vom Kaufvertrag zurücktreten. Es handelt sich um zwei getrennte Rechtsverhältnisse. Sie müssen also den Kredit weiterbezahlen oder sich um eine vorzeitige Ablösung kümmern. Hinweis: Manche Banken räumen in solchen Fällen auch Sonderkündigungsrechte ein.
Checkliste für den Kauf eines gebrauchten Nutzfahrzeuges:
- Vertragsprüfung – vor dem Kauf prüfen, ob die Gewährleistung ausgeschlossen ist und Klauseln wie „unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ enthalten sind.
- Prüfen, ob die Gewährleistung verkürzt wurde, bei Gebrauchtfahrzeugen ist dies auf ein Jahr möglich.
- Prüfen, ob eine Garantie besteht (gilt zusätzlich zur Gewährleistung).
- Die Angaben des Verkäufers prüfen, z.B. wenn dieser zusichert, dass das Fahrzeug unfallfrei ist oder eine bestimmte Ausstattung hat, sollte dies unbedingt schriftlich im Kaufvertrag festgehalten werden – wenn der Verkäufer mündlich Mängel oder Reparaturen erwähnt, sollten diese ebenfalls schriftlich im Kaufvertrag festgehalten werden.
- Bei der Übergabe das Fahrzeug gründlich prüfen, dokumentieren (filmen und fotografieren) und eine Probefahrt machen.
- Eine weitere Person zur Übergabe mitnehmen, die den Zustand des Fahrzeugs bezeugen kann.
- Sollten sie bei dem Kauf als Unternehmer (§ 14 BGB) auftreten und das Fahrzeug für gewerbliche Zwecke erwerben, müssen Mängel unverzüglich gerügt werden (§ 377 HGB).
- Bei später auftretenden Mängeln diese dokumentieren und detailliert schriftlich beim Verkäufer rügen, Mängelliste mit genauer Beschreibung anfertigen, ggf. Sachverständigen zur Beweissicherung hinzuziehen.
- Frist zur Nacherfüllung/Nachbesserung setzen (ca. 14 Tage).
- Scheitert diese, kann dann unter den entsprechenden Voraussetzungen der Rücktritt erklärt werden.