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Sie wurden in einen Unfall mit einem getunten E-Bike verwickelt oder Sie vermuten zumindest, dass Ihr Unfallgegner sein E-Bike getunt hat. Nunmehr fragen Sie sich, wer Schuld hat und welche Ansprüche Ihnen gegenüber dem Fahrer des E-Bikes oder dem „Halter“ zustehen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, worauf Sie achten sollten.
Welche Informationen und Beweise brauche ich?
Am wichtigsten für Sie ist zunächst, dass Sie Informationen und entsprechende Beweise über den Unfall sammeln und sichern. Konkret sind das:
- Ein Unfallbericht von der Polizei
- Eine selbstgefertigte Unfallnotiz
- Beweisfotos
- Ein Arztbericht
- Ein Nachweis über das Tuning
Wie bekomme ich einen Unfallbericht von der Polizei?
Falls Sie den Unfall der Polizei gemeldet haben, dann liegt Ihnen bereits ein Unfallbericht vor und die Polizeibeamten können als Zeugen geladen werden, um über den Unfallort und das Geschehen nach dem Unfall auszusagen. Insofern sollten Sie in solchen Situationen immer unmittelbar die Polizei zum Unfallort rufen.
Wie erstelle ich eine Unfallnotiz/Unfallbericht/Unfallskizze selbst?
Egal ob Sie nun den Unfall der Polizei gemeldet haben oder nicht, sollten Sie unmittelbar nach dem Unfall Ihre Wahrnehmung hierüber aufschreiben in Form einer Unfallnotiz. Diese Notiz hilft Ihnen dabei, sich später noch an möglicherweise wichtige Details zu erinnern und macht somit Ihren Vortrag vor Gericht glaubhafter.
Gehen Sie bei der Erstellung der Unfallnotiz wie folgt vor: Erstellen Sie zunächst einen Unfallbericht und anschließend noch eine Unfallskizze.
In den Unfallbericht kommt:
- Datum & Uhrzeit
- Name & Anschrift des Unfallverursachers
- Kurze Sachverhaltsdarstellung (was ist wo geschehen)
- Möglichst konkrete Daten zu dem E-Bike
- Stichpunktartige Darstellung der eigenen Schäden
Versuchen Sie sich dabei insbesondere an Abstände und Geschwindigkeiten zu erinnern und wie Sie die Informationen wahrgenommen haben (z. B. durch einen Schulterblick oder den Seitenspiegel).
Später in der Verhandlung muss der Richter sich das Geschehen anhand der Beweise und Ihrem Vortrag skizzieren und erklären. Dabei helfen Abstände, Geschwindigkeiten und Sichtfelder. Nutzen Sie für die Einschätzungen der Abstände Orientierungspunkte wie Kreuzungen, Schilder oder Einfahrten.
Für die Unfallskizze zeichnen Sie zunächst den Unfallort wie auf einer Straßenkarte bzw. Google Maps. Zeichnen Sie auch die Orientierungspunkte ein. Ergänzen Sie nun noch die Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Unfalles. Verdeutlichen Sie die Fahrtrichtung durch einen Pfeil und umkreisen Sie die Kollisionsstellen/Kontaktstellen, falls vorhanden.
Wie erstelle ich Beweisfotos und erhalte einen Arztbericht?
Fertigen Sie von Unfallgeschehen ein Foto von mehreren Positionen an. Dafür eigenen sich Ausfahrten oder die Straßenseiten in jeweiliger Fahrtrichtung mit Ausrichtung auf den Unfallort.
Halten Sie Ihre Schäden an dem Fahrzeug mit Fotos fest und lassen Sie sich gegebenenfalls einen Kostenvoranschlag von einer Werkstatt erstellen.
Wenn Sie selbst körperliche Beschwerden oder Verletzungen haben, gehen Sie zum Arzt und heben Sie den Arztbericht (ggf. explizit danach fragen) auf.
Wie kann ich das Tuning nachweisen?
Jetzt müssen Sie noch herausfinden und beweisen, ob das am Unfall beteiligte E-Bike getunt war oder nicht. Unter Tuning versteht man, dass ein Pedelec 25 oder ein Fahrrad mit einem Unterstützungsmotor, welche nach § 1 Abs. 3 StVG kein Kraftfahrzeuge sind, durch Chipsätze oder Software diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllen. In aller Regel geht es darum, ob die Unterstützung des Elektromotors beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h unterbrochen wird oder das Fahrzeug mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet ist. Denn dann gilt das getunte E-Bike als Kraftfahrzeug nach § 1 Abs. 1 StVG und braucht eine Zulassung.
Wenn Ihnen also eine überhöhte Geschwindigkeit des E-Bikes aufgefallen ist, eine Geschwindigkeit über 25 Km/h, und an dem E-Bike kein Versicherungskennzeichen befestigt war, besteht für Sie folgende Möglichkeit: Sie können bei der (Landes-)Polizei eine Strafanzeige wegen Fahrens ohne Haftpflichtversicherung nach § 6 PflVG erstatten. Danach können Sie über einen von Ihnen beauftragten Anwalt Akteneinsicht in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft nach § 406e StPO beantragen. Sodann kennen Sie das Ermittlungsergebnis und können bei einer Klage das Gericht zur Anforderung der staatsanwaltlichen Akte nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auffordern.
Welche Ansprüche habe ich gegen wen?
Wann habe ich einen Anspruch gegen den Halter und/oder den Fahrer?
Bei einem Unfall mit einem getunten E-Bike haben Sie Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Fahrer aus § 18 Abs. 1 StVG und § 823 Abs. 1 BGB und den Halter des E-Bikes nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG und § 823 Abs. 1 BGB. Dabei ist der Halter derjenige, wer das getunte E-Bike für eigene Rechnung gebraucht, die Kosten bestreitet und den Nutzen aus seiner Verwendung zieht (BGH, 22.03.1983 – VI ZR 108/81). Gegen Fahrräder oder Pedelecs steht Ihnen hingegen kein Anspruch nach dem StVG zu, denn das StVG gilt nur für Kraftfahrzeuge nach § 1 Abs. 1 StVG.
Für Sie bringt das im Vergleich zu einem reinen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB den Vorteil, dass Sie nunmehr nur noch das Tuning, den Unfall, sowie ihre Schäden nachweisen müssen. Durch die Einstufung des getunten E-Bikes als Kraftfahrzeug nach § 1 Abs. 1 StVG brauchen Sie nicht mehr nachweisen, dass der Fahrer des E-Bikes den Unfall verursacht hat. Nun greift die Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG wegen des Betriebsrisikos gegen den Halter und falls Fahrer und Halter nicht identisch sind, ein weiterer Anspruch nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG gegen den Fahrer. Wenn Sie dazu noch weitere Verkehrsverstöße Ihres Anspruchsgegners nachweisen können, erhöht sich je nach Schwere des Verkehrsverstoßes die Haftungsquote nach § 17 Abs. 1 StVG, sofern Ihnen keine Verkehrsverstöße nachgewiesen werden können.
Falls Sie den Schaden mitverursacht haben, dann wird Ihnen der Schadensersatz, je nachdem wie groß Ihr Schadensbeitrag war, nach § 9 StVG i. V. m. § 254 BGB gekürzt.
Habe ich einen Anspruch gegen die Privathaftpflichtversicherung?
Einen Direktanspruch gegen die Privathaftpflicht des Fahrers und Halters haben sie grundsätzlich nicht, da die Privathaftpflicht hierfür nicht zuständig ist und somit nicht nach § 115 VVG i. V. m. §§ 7, 18 StVG oder § 7 StVG zu zahlen braucht. Denn der Anspruch besteht nur Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 VVG.
Für Sie bedeutet das, dass Ihnen möglicherweise kein solventer Schuldner gegenübersteht, wenn weder Fahrer noch Halter ausreichende finanziellen Mittel haben. Dass Sie dieses Insolvenzrisiko tragen, ist übrigens auch der Grund dafür, weshalb das Fahren ohne Haftpflichtversicherung strafbar ist.
Wie kann ich meine Ansprüche durchsetzen?
Wie kann ich außergerichtlich meinen Schaden ersetzt verlangen?
Um Ihre Ansprüche auf Schadensersatz gegenüber dem Halter und/oder dem Fahrer durchzusetzen, können Sie erstmal außergerichtlich selbst oder durch einen Anwalt eine Zahlungsaufforderung erstellen und dem Halter und/oder Fahrer zusenden. Schreiben Sie in die Zahlungsaufforderung, wie der Unfall nach Ihrer Unfallnotiz abgelaufen ist und schreiben Sie nach jeder Tatsachenbehauptung, womit Sie dies beweisen wollen. Listen Sie danach Ihre Schäden mit den entsprechenden Beweisen auf. Fordern Sie den Halter und/oder Fahrer zur Zahlung des Gesamtbetrags auf und setzen Sie eine Zahlungsfrist.
Vor welchem Gericht kann und muss ich klagen?
Wenn eine außergerichtliche Klärung kein Erfolg hat, können Sie über die Erhebung einer Leistungsklage nachdenken. Dabei ist zu beachten, dass Sie, wenn der von Ihnen geforderte Schadensersatz unter oder genau 5.000,00 Euro beträgt, gemäß § 23 Nr. 1 GVG beim Amtsgericht klagen müssen. Bei einem Schadensersatz über 5.000,00 Euro müssen Sie beim Landgericht nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG klagen.
Bei den Landgerichten herrscht der Anwaltszwang nach § 78 ZPO, sodass Sie einen Anwalt hierfür beauftragen müssen.
Vor dem Amtsgericht können Sie selbst klagen. Dabei ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Unfall stattgefunden hat (§ 20 StVG). Das können Sie ermitteln, indem Sie zunächst die Adresse der Unfallstelle herausfinden, z. B. durch Google Maps, und dann das online verfügbare Orts- und Gerichtsverzeichnis des jeweiligen Bundeslandes nutzen.